Sozialhilfe Luzern zahlt Tests nicht

Impfdruck: Wer an der Armutsgrenze lebt, hat (fast) keine Wahl

Die Luzerner Sozialhilfe übernimmt Testkosten nur in Ausnahmefällen (Bild: Adobe Stock)

Als die Maskenpflicht kam, zögerte die Stadt Luzern nicht. Sie stellte Sozialhilfebezügerinnen zusätzliches Geld dafür zur Verfügung. Nun ist die Situation eine andere: Für die Tests lässt die Sozialhilfe nur in absoluten Ausnahmefällen etwas springen - weil es ja die Gratis-Impfung gibt.

Heute Nachmittag entscheidet der Bundesrat, ob er weiterhin für die Corona-Tests aufkommt. Die Haltung in der Region ist klar: Sowohl der Kanton Luzern (zentralplus berichtete) als auch der Kanton Zug (zentralplus berichtete) sind gegen kostenpflichtige Tests.

Sollte der Bund jedoch an seinem Entscheid festhalten, wird dies für Ungeimpfte eine teure Angelegenheit. Gerade für Personen in finanziell engen Verhältnissen wird es schwierig, wie sich bereits bei der Einführung der Maskenpflicht zeigte. Seit mehr als einem Jahr stellt die Stadt Luzern Sozialhilfebezügern deshalb eine «Masken-Pauschale» von inzwischen acht Franken pro Monat zur Verfügung (zentralplus berichtete). Eine ähnliche Lösung wird es für Covid-Tests voraussichtlich aber nicht geben.

Nur in begründeten Ausnahmefällen

Für bestimmte Personen bleibt das Testen weiterhin kostenlos: Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, Menschen mit Symptomen, Jugendliche unter 16 Jahren und Besucher von Angehörigen in Heimen oder Spitälern erhalten weiterhin Gratistests. Und für die anderen?

Gemäss Rita Blättler, zuständig für Projekte und Kommunikation bei der Sozial- und Sicherheitsdirektion der Stadt Luzern, ist die Ausgestaltung der Kostenübernahme bei den Tests noch nicht definitiv. Die sozialen Dienste Luzern orientierten sich in ihrer Strategie jedoch grundsätzlich an den gesetzlichen Vorgaben des Bundes und an Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos).

Die Skos hält zwar fest, dass medizinische Kosten, die nicht von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt werden, situationsbedingt von der Sozialhilfe übernommen werden können. Jedoch nicht in jedem Fall: Unterstützte Personen hätten die Pflicht, «nach eigenen Kräften zur Verminderung und Behebung der Bedürftigkeit beizutragen», wie es auf der Website der Skos heisst. Sprich: Gibt es eine Möglichkeit, womit die medizinischen Kosten nicht anfallen würden – in Bezug auf die Tests wäre das die kostenlose Impfung als Alternative – muss diese genutzt werden.

«Kostenpflichtige Tests können den sozialen Ausschluss verstärken, der für Armutsbetroffene bereits vor der Coronapandemie eine Realität war.»

Jasmin Metzger, Leiterin Kommunikation der Caritas Luzern

Weiter gelte ein Fairness-Gebot: Die Leistungen werden auch nicht gewährt, wenn dies gegenüber «Haushalten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, die keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, unangemessen erscheint.» Heisst: Andere Haushalte, die knapp keine Sozialhilfe erhalten, müssten für diesen grossen finanziellen Mehraufwand selbst aufkommen. Es geht also um Fairness.

Die Kosten für ein Covid-Zertifikat werden demnach nur in «begründeten Ausnahmefällen» übernommen, hält die Skos fest. Rita Blättler von der Stadt Luzern nennt beispielsweise einen Test für ein Vorstellungsgespräch als möglichen Grund. Wie viele Sozialhilfebezüger von etwaigen auftretenden Testkosten betroffen sein werden, kann Blättler nicht einschätzen, da man keine Daten dazu erhebe.

Ausschluss aus gesellschaftlichem Leben?

Die Empfehlungen der Skos könnten kritische Auswirkungen auf Armutsbetroffene in Luzern haben. Jasmin Metzger von der Caritas mahnt folglich Politik und Behörden, die sozialen Konsequenzen von kostenpflichtigen Tests ebenfalls im Auge zu behalten: «Kostenpflichtige Tests können den sozialen Ausschluss verstärken, der für Armutsbetroffene bereits vor der Coronapandemie eine Realität war.» Armutsbetroffene Luzernerinnen könnten es sich schlicht nicht leisten, ihr knappes Budget zusätzlich mit Testkosten zu belasten. «Der Zugang zu Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten wird sich dadurch verschlechtern», führt Metzger aus. Eine konkrete Idee, wie man das Dilemma zwischen Pandemiebekämpfung und der Situation von Armutsbetroffenen lösen könnte, hat die Caritas nicht.

Rita Blättler von der Stadt Luzern räumt zwar ein, dass Personen, die sich weder impfen noch testen lassen können oder wollen, unabhängig der finanziellen Lage Einschränkungen im sozialen Leben in Kauf nehmen müssten. Sie betont jedoch: «Ausgeschlossen werden sie nicht grundsätzlich.»

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