Urteil der Vorinstanz bestätigt

Fall Gundula: Luzerner Kantonsgericht verurteilt Journalistin wegen Hausfriedensbruch

Jana Avanzini vor dem Eingang des Kantonsgerichts Luzern. (Bild: ber)

Die Journalistin Jana Avanzini hat 2016 eine besetzte Villa an der Obergrundstrasse betreten, um über die Vorgänge in dem Haus zu berichten. Das Kantonsgericht verurteilt sie dafür zu einer Busse von 500 Franken – und bestätigt damit den Entscheid der Vorinstanz.

Der Zustand der historischen Villen an der Obergrundstrasse ist seit Jahren ein Politikum (zentralplus berichtete). 2016 wurde eine von ihnen von einer Gruppe besetzt, die sich selber «Gundula» nannte.

Was genau sich im Inneren des Gebäudes abspielte, war zu dem Zeitpunkt unklar. «Man sprach davon, dass Workshops stattfänden, gekocht würde, dass das Haus für die Zwischennutzung eingerichtet würde», sagte Jana Avanzini knapp vier Jahre später vor dem Kantonsgericht Luzern (zentralplus berichtete). Deshalb entschied sie sich in ihrer Funktion als Journalistin, das Haus zu betreten und sich vor Ort selbst ein Bild vom Zustand und den Vorgängen in dem Haus zu machen (zentralplus berichtete).

Die Grundeigentümerin, eine Firma im Besitz des Industriellen Jorgen Bodum, zeigte die heute 34-Jährige daraufhin wegen Hausfriedensbruchs an (zentralplus berichtete). Wie schon zuvor das Bezirksgericht verurteilt nun auch das Kantonsgericht die ehemalige zentralplus-Mitarbeiterin zu einer Busse von 500 Franken.

Fall Avanzini: Wie weit geht die Medienfreiheit, liebes Kantonsgericht?

«Ich bin vom Entscheid sehr überrascht», sagt Jana Avanzini zum Kantonsgericht-Entscheid. «Ich hatte nie vor, Hausfriedensbruch zu begehen. Und ich bin davon ausgegangen, dass ich dies auch nicht getan habe.» In der Vergangenheit sei schon mehrfach von Journalistinnen und Journalisten über Hausbesetzungen berichtet worden. «Mir ist nicht bekannt, dass auch nur einer dafür verurteilt worden wäre. Und zwar, weil man in so einem Fall ja nicht als Aktivistin in das Haus geht, sondern im öffentlichen Interesse.»

Mit dieser Einschätzung steht Avanzini nicht allein. Namhafte Vertreter aus Justiz und Medienbranche sind ebenfalls der Meinung, dass es im Sinne der Medienfreiheit erlaubt sein muss, ein besetztes Haus zu betreten (zentralplus berichtete). Warum das Kantonsgericht dies anders sieht, ist offen. Eine Begründung des Urteils liegt noch nicht vor.

«Wir warten die Begründung nun ab und entscheiden dann über das weitere Vorgehen», sagt Avanzini. Die Grundeigentümerin lässt über ihren Anwalt mitteilen, dass sie «nicht überrascht, sondern zufrieden ist, dass das Kantonsgericht den Schuldspruch bestätigt hat und die Eigentumsrechte schützt».

Die Villa an der Obergrundstrasse 99 steht immer noch leer und verlottert immer weiter. (Stand 21.3.2020, zvg)

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