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Music Box, ein Haus nur für Musikerinnen

Das Luzerner Bau-Experiment findet schweizweit Beachtung

Music Box kurz vor Fertigstellung 2019 (Bild: gek)

An einer Veranstaltung zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kulturschaffenden in Luzern im Frühjahr 2019 kam die Music Box, ein Haus einzig für Musikerinnen, nur am Rande zur Sprache. Auch in Architektenkreisen findet das Projekt nur wenig Beachtung. Bei näherer Betrachtung zeigt es aber viele gesellschaftliche und bauliche Qualitäten, die uns zur Nachahmung ermuntern sollten.

Kurz vor ihrer Fertigstellung fotografierte ich im Frühjahr 2019 die Music Box, ein an der St. Karlistrasse in Luzern exklusiv für Musikstudierende errichtetes Probe- und Wohngebäude, und wollte einen Blog darüber schreiben. Doch die Umsetzung des Baus überzeugte mich wenig. Zu bruchstückhaft und zufällig erschienen mir dessen Architektur und Materialwahl.

Ein Bericht in der SIA-Zeitschrift TEX21 im Sommer 2019 liess mich meine Haltung erstmals überdenken. Ein Kulturplatz-Beitrag im Herbst 2020 doppelte nach. Offenbar findet das vom Luzerner Kulturfachmann Urban Frye initiierte Vorhaben ausserhalb Luzerns in Fachkreisen mehr Anerkennung als in der eigenen Stadt, dachte ich mir.

Zukunft ungewiss

Das zukunftsgerichtete Konzept der Music Box baut auf Mitbestimmung, ökologischer Bauweise, Wiederverwertung der Baumaterialien und Nutzung einer Brache auf. Wegen einer nur befristet erteilten Baubewilligung lässt sich das Haus in Teile zerlegen und an einem anderen Ort wieder aufbauen.

Auf einem Grundstück errichtet, das für den Bau der umstrittenen Spange Nord reserviert ist, bleibt seine Zukunft am heutigen Standort ungewiss. Diese ungünstigen Faktoren wirkten sich auf Budget, Architektur und Konstruktion aus. Von einer auf Ewigkeit ausgerichteten Lösung nimmt das Projekt Abstand.

Innovatives Potenzial

Das vom Luzerner Architekten Markus Heggli begleitete Bauvorhaben basiere innen auf einem SAC-Hüttenstandard auf, ist dem Artikel von Charles von Büren in «TEC21» zu entnehmen. Die Fassadenmaterialien sind den Brandschutzanforderungen geschuldet. Wo es die Vorgaben erlauben, besteht die Fassade aus naturbelassenem Holz, wo erhöhte Ansprüche an die Sicherheit der Bewohner bestehen, wird eine Zementplatte verwendet. In diesem pragmatischen Umgang mit Gestaltungsfragen steckt das innovative Potenzial der Projektidee.

Der modulare Aufbau und die Lage im zur Reuss stark abfallenden Terrain verlangten nach einer sorgfältigen Planung. Der Grundriss gestaltet sich wie ein Baukasten, in welchem die Bauteile aneinandergefügt werden. Auf Ökonomie bedacht, ergeben sich dennoch interessante Raumkonstellationen. Doch das auf einem klaren Raster aufbauende Konzept engt den Spielraum ein.

Das bescheidene Gebäude verschweigt sein kleines Budget nicht. Doch hätte es ein Mehr an Gestaltung verdient. Und architektonische Gestaltung ist in der Schweiz quasi gratis zu haben: Zählt man die Stunden, die Architekten für den hoffentlich öffentlich durchgeführten Projektwettbewerb für das neue Luzerner Theater gratis zu leisten bereit sind, frage ich mich, ob es nicht wertvoller wäre, einen Bruchteil davon in Projekte wie jenes der Music Box zu investieren. Der gesellschaftliche Mehrwert wäre uns gewiss.

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