Zuger Firma berät Schweizer Unternehmen

Zugs neue Business-Connection im Iran

Bardia Zanganeh, Schweizer, Iraner und Zuger Jungunternehmer mit eigener Consultingfirma. (Bild: mbe.)

Bald könnten die internationalen Sanktionen gegen den Iran fallen. Dann geht das Rennen der Schweizer Exportfirmen um die besten Plätze los. Eine Zuger Firma hat deshalb ein Beratungsbüro in Teheran eröffnet. Jungunternehmer Bardia Zanganeh öffnet Türen zum ehemaligen «Schurkenstaat» und weiss, wie die Iraner ticken.

Der Zuger Geschäftsmann Bardia Zanganeh wartet mit Spannung auf den 17. September. An diesem Tag werden im Kapitol in Washington ziemlich sicher die Fetzen fliegen, der «Atomdeal» der Regierung Obama mit dem Iran wird diskutiert. Den Schweizer mit iranischen Wurzeln betrifft der Ausgang in mehrfacher Hinsicht. Seine Firma Zixess Gmbh in Zug vermittelt Business-Kontakte in das wenig bekannte Land. Für ihn könnten also gute Zeiten kommen.

Wenn Sanktionen fallen, öffnet sich Markt 2016

Wenn das historische Abkommen mit den USA zustande kommt, fallen 2016 alle Sanktionen auf einen Schlag. Die Schweiz schloss sich erst 2011 an. «95 Prozent der Waren sind gar nicht betroffen vom Boykott», weiss Zanganeh. Das grösste Problem für Geschäfte mit dem Iran sei, dass der Iran momentan vom internationalen Zahlungssystem ausgeschlossen ist. Das erschwert das Geschäftsleben natürlich enorm.
Wenn diese Erschwernisse wegfallen, werden die Firmen deshalb auf der Türmatte stehen. Der Geschäftsmann: «Die Schweiz muss sich beeilen, deutsche und österreichische Unternehmen stehen ebenfalls schon in den Startlöchern.»
Bardia Zanganeh ist ein gefragter Experte: Am 16. Oktober wird er als Key Speaker (Hauptredner) an einer Tagung des Maschinenindustrie-Verbands Swissmem in Zürich hiesigen Unternehmern seine zweite Heimat erklären. Denn Schweizer Firmen suchten nach neuen Absatzmärkten ausserhalb der Eurozone.

«Die Schweiz muss sich beeilen. Deutsche und österreichische Unternehmen stehen ebenfalls schon in den Startlöchern»,

sagt Bardia Zanganeh

Der Iran ist ein Markt mit rund 80 Millionen Einwohnern. Ein modernes Land mit guter Infrastruktur und Bildung (in der höheren Bildung stellten junge Frauen im Jahr 2006 etwa 60 Prozent der Studenten). Iran ist einer der grössten Automobilhersteller im Nahen Osten und eine politische Regionalmacht. Ein Land, in dem es fast alle Waren gibt. Und nicht zu vergessen: Das frühere Persien war lange vor dem Islam bereits eine Hochkultur. «Auch wenn die Religion vordergründig dominiert, sind die Iraner stolz auf ihre 2’500-jährige Jahre alte Geschichte», sagt Zanganeh.

Ein gutes Netzwerk nötig

Doch wie ticken die heutigen Iraner? Ohne Kontakte im Land gehe gar nichts, weiss der iranische Schweizer. Mails an dortige Firmen mit «info@» landeten in der Regel im Papierkorb. Die Zixess Gmbh unterhält deshalb seit 2014 ein eigenes Büro in der iranischen Hauptstadt Teheran. Im Verbindungsbüro arbeiten drei Personen, zwei davon schweizerisch-iranische Doppelbürger. Sie knüpfen Kontakte mit iranischen Firmen, entwickeln Markteintrittsstrategien, helfen bei Verträgen, sind Übersetzer und manchmal Troubleshooter. Sie sprechen zudem perfekt Deutsch, Englisch und Farsi.

KMU-Unternehmungen kennen das Land

Zanganeh unterscheidet drei Gruppen von Schweizer Unternehmen, die interessiert sind: «Grosse Konzerne wie Landis + Gyr oder Bossard kennen den Iran und haben ihre Netzwerke», sagt der Berater. Dann gebe es kleine und mittlere Unternehmen, die schon vorher, indirekt, Geschäfte mit dem Iran gemacht hätten. Wegen der Sanktionen brachen die Beziehungen ab. «Bei diesen Unternehmen geht es darum, das Vertrauen zu den iranischen Partnern wieder aufzubauen. Denn die Iraner haben Angst, dass das wieder passieren könnte und suchen Sicherheit.» Und dann gibt es die neuen Firmen, die noch wenig wissen über das grosse Land, aber offen sind für eine Zusammenarbeit. Ihnen vermitteln Bardia Zanganeh und sein Team Kenntnisse, mit wem sie es zu tun haben und wie sie ihre Geschäftstätigkeit organisieren könnten.

«Sie werden Ihnen viele Fragen stellen. Aber am Schluss des Gesprächs werden Sie keine klare Meinung hören.»

 Zanganeh über Verhandlungen mit iranischen Geschäftsleuten

Iraner sind harte und gute Verhandler

Wer Geschäfte mit dem Iran machen will, muss vor allem eines sein: Gut informiert. Sonst werde man über den Tisch gezogen. «Die Iraner verhandeln hart und gut. Und sie legen nicht alles gleich auf den Tisch», erklärt Zanganeh. «Man wird Sie höflich behandeln und sehr viele Informationen von Ihnen haben wollen. Am Schluss des Gesprächs werden Sie aber keine klare Meinung hören.» Es brauche Geduld. Das seien direkt und offen kommunizierende Schweizer Geschäftsleute oder Nordeuropäer nicht gewohnt. Zanganeh: «Sie müssen ausserdem zwischen den Zeilen lesen können und herausfinden, was der Partner wirklich meint, wenn er etwas sagt.»

Software ist schweizerisch

Bardia Zanganeh hat zwei Herzen in seiner Brust: «Meine Hardware ist iranisch, meine Software schweizerisch.» Der 32-Jährige ist in der Schweiz geboren und eingebürgert. «Ich fühle mich als Schweizer», sagt er, «mein Grossvater, mein Vater und ich haben an der ETH Zürich studiert, das ist quasi eine Familientradition.»
Die Schweiz hat ausserdem bekanntlich eine besondere Beziehung zum Iran. Ähnlich wie bei Kuba vertritt sie seit langem die Interessen der USA in dem Land, da offiziell keine Beziehungen mehr unterhalten wurden.
Doch auch mit dem Iran ist er stark verbunden.

Von 9 bis 19 Jahren im Land gelebt

Sein Vater arbeitete für die Firma Motor Columbus aus Baden, die Familie zog viel um. Mit neun Jahren fand er sich deshalb plötzlich in seiner zweiten Heimat wieder, die damals keine war für ihn. «Während den Sommerferien lernten wir innerhalb von drei Monaten Farsi», erinnert sich Bardia Zanganeh. Bis 19 Jahre lebte er im Land. Später ging es zurück in die Schweiz.

Zanganeh ist also Vermittler zwischen zwei Welten. Er entstammt einer Familie von iranischen Grossindustriellen. Diese hat viel Besitz verloren während der Revolutionszeit Ende der 70er-Jahre, als Unternehmen reihenweise verstaatlicht wurden. Sie ist aber heute wieder wirtschaftlich an Firmen beteiligt und von den herrschenden Sanktionen betroffen.

Mit Iranern fände man immer eine Lösung und einen Weg. «Im Gegensatz zu ihren arabischen Nachbarn ticken sie ein wenig anders.» Sie seien flexibel und nicht ideologisch, wenn es um ihre Interessen gehe. Der Iran braucht Geduld. Es brauche ein gewisses Interesse für das Land und seine Kultur. «Man kann nicht einfach reingehen und Geld verdienen.» Doch es lohne sich: Die «Swissness» und Schweizer Produkte seien hoch angesehen.

Und was ist mir der Theokratie?

Ein religiöser Gottesstaat mit fanatischen Sittenwächtern und bösen Mullahs: Dieses Bild zeichnet der Westen seit 35 Jahren vom Iran. Doch das sei ein einseitiges Bild. «Es ist keine Diktatur, aber es ist auch kein freies Land. Die Iraner begegnen dieser Tatsache mit viel Humor und Feingefühl», so Zanganeh. Zudem gebe es auch nicht einen Machthaber, sondern mehrere sich gegenseitig kontrollierende und überwachende Machtzentren. Zanganeh ist nicht religiös. Aber der Schiismus, sagt er, sei keine extremistische Religion.

«Die Schweiz, der Iran, der Friede gewinnen»

Bardia Zanganeh hofft, dass sich durch die wirtschaftliche Öffnung auch das Land öffnet. «Die Regierung hört heute nicht unbedingt auf die Bevölkerung. Durch die Ölvorkommen ist das Land wirtschaftlich unabhängig.» Er hoffe auf den Wandel durch die wirtschaftliche Annäherung – und die wieder aufblühenden Kontakte der Bevölkerung mit der Aussenwelt. «Damit gewinnt die Schweiz, der Iran und der Frieden auf der Welt», sagt der iranische Schweizer zum Schluss unseres Gesprächs im Café Meier in Zug.

Haben Sie Erfahrungen mit Iran oder Iranern? Waren Sie vielleicht schon mal im Land? Benützen Sie die Kommentarfunktion und teilen Sie Ihre Erlebnisse mit uns.

5 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon