Unfall-Hotspots

Deshalb kracht es so oft auf den gefährlichsten Strassen in Zug

Der Kreisel Bären in Cham ist ein Unfallschwerpunkt – noch, wie die Baudirektion sagt. (Bild: ewi)

Im Kanton Zug ist es ein Kreisel, der die unrühmliche Nummer 1 in der Unfall-Hitparade trägt. Doch er ist nicht der einzige Zuger Strassenabschnitt, der für häufige Zusammenstösse berüchtigt ist. zentralplus wollte wissen, warum es an fünf Schwerpunkten so häufig knallt, teilweise schon seit Jahren.

Auf Schweizer Strassen verunfallten 2021 über 17'000 Menschen. Das klingt erst einmal nach sehr viel – gleichzeitig ist diese Zahl stark rückläufig. In den vergangenen 20 Jahren hat die Zahl der im Verkehr verunfallten Menschen um rund 66 Prozent abgenommen.

Natürlich verteilen sich diese Unfälle nicht gleichmässig über das Schweizer Strassennetz. In jedem Kanton gibt es kritische Stellen, an denen sich besonders viele Unfälle ereignen. Die Kantone sind dazu verpflichtet, diese Unfallschwerpunkte jährlich zu erfassen. Dies geschieht in einem national einheitlichen Verfahren über den Betrachtungszeitraum von drei Jahren. Im Kanton Zug gibt es für den Zeitraum zwischen 2019 und 2021 zwanzig solcher Unfallschwerpunkte.

20 Zuger Unfallschwerpunkte

Doch nicht alle davon tauchen auch auf der Liste vom Jahr davor auf. Gleichzeitig gibt es Dauerbrenner, die jedes Jahr weit oben auf der Liste der Unfallschwerpunkte auftauchen. zentralplus hat sich diese besonders gefährlichen Stellen im Zuger Strassennetz angeschaut und den Kanton gefragt, warum ausgerechnet hier so viele Unfälle geschehen.

So wird gemessen

Die Bemessung der Unfallschwerpunkte verläuft schweizweit gleich. Über einen Zeitraum von drei Jahren wird die Zahl der verunfallten Personen gezählt. Schwerverletzte oder gar getötete Personen zählen doppelt, Leichtverletzte einfach. Dieser Wert wird mit einem vordefinierten Grenzwert verglichen.

Ist er höher als der Grenzwert, gilt die Stelle als Unfallschwerpunkt. Dies soll den Kantonen und Gemeinden dabei helfen, die Strassen sicherer zu machen. Eine Verpflichtung für Massnahmen zur Verkehrssicherheit entsteht daraus aber nicht.

Die ewige Nummer 1: Der Kreisel Holzhäusern

Auf den beiden neusten Unfall-Listen rangiert unangefochten an erster Stelle der Holzhäusern-Kreisel in Risch. Hier wurden durch Unfälle in den letzten drei Jahren zwei Personen schwer und fünf Personen leicht verletzt. Ums Leben kam am Kreisel niemand – wie übrigens bei allen anderen Zuger Unfallschwerpunkten der letzten vier Jahre. Bei den Unfällen handelt es sich je hälftig um Selbstunfälle sowie Kollisionen bei der Einfahrt in den Kreisel.

Zwar ist der Kreisel relativ gross und übersichtlich. Doch hier treffen vier Kantonsstrassen aufeinander. So funktioniert der Kreisel als riesige Drehscheibe zwischen Risch, Rotkreuz, Cham und Hünenberg. Autos, Lastwagen, Busse, Velos – tausende Verkehrsteilnehmer passieren den Kreisel täglich. Und wo es viel Verkehr hat, passieren zwangsläufig auch mehr Unfälle.

«Die Ursache der Unfälle ist das Unvermögen der Fahrzeuglenkenden.»

Zuger Polizei

Auf den Unfallschwerpunkt angesprochen, antwortet Baudirektor Florian Weber: «Die Baudirektion ist an der Erarbeitung eines Projekts für den Neubau des Kreisels Holzhäusern.» Mehr Details zum Projekt gibt er nicht bekannt. Einen viel befahrenen Kreisel sicherer zu machen, dürfte für die Baudirektion aber bestimmt eine harte Nuss werden. Wobei in der Region bekannt ist, dass Autofahrer vor allem von der Seite Golfplatz häufig sehr schnell in den Kreisel fahren.

Der «Neue»: Die Chamerstrasse in Zug

Ebenfalls weit oben auf der Liste rangiert die Chamerstrasse in Zug. Hier gibt es einen Unfallschwerpunkt auf der Höhe des Bahnhofs Schutzengel. An der Kreuzung zwischen Allmend- und Chamerstrasse ereignen sich regelmässig Unfälle. Zwei Personen wurden hier in den letzten drei Jahren schwer und drei leicht verletzt.

«Erfahrungsgemäss schlagen sich Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit bei Strassen erst rund vier Jahre nach deren Umsetzung in der Statistik nieder.»

Florian Weber, Baudirektor Kanton Zug

Baudirektor Florian Weber sagt: «Der Schwerpunkt beim Knoten Schutzengel erscheint 2021 erstmals in der Statistik.» Die Baudirektion gehe darum davon aus, dass der Unfallschwerpunkt bei der nächsten Erfassung wieder von der Liste verschwindet. Kleinere Massnahmen hat sie jedoch bereits getroffen: «Wir haben veranlasst, dass die Bepflanzung zurückgeschnitten wird, damit die Sichtverhältnisse am Knoten verbessert werden.»

Was Weber aber nicht sagt: Bereits in der vorletzten Statistik taucht der Unfallschwerpunkt auf, damals sogar mit noch höherer Unfallzahl. Und: Bereits in einem zentralplus-Artikel aus dem Jahr 2019 wurde die Chamerstrasse als besonders gefährliche Stelle erwähnt, weil entlang der ganzen Strasse viele Auffahrunfälle passieren.

Die Mega-Kreuzung: Baarerstrasse in Zug

Im Norden der Stadt Zug treffen auf Höhe Göbli die Baarer-, die Feld- und die Göblistrasse aufeinander. Eine riesige Kreuzung mit viel Verkehr – und entsprechend vielen Zusammenstössen. In den letzten drei Jahren ereigneten sich hier Unfälle mit insgesamt einer schwer- und sechs leichtverletzten Personen.

Die Kreuzung Baarer-/Göbli- und Feldstrasse ist ein Unfallschwerpunkt. (Bild: ewi)

Auffällig ist: Alle vier Zubringer zur Kreuzung werden mit Ampeln geregelt. Darum überrascht es, dass hier trotzdem so viele Unfälle passieren. Für die Kreuzung ist seit 2021 die Stadt Zug und nicht mehr der Kanton Zug zuständig. So antwortet die neue Sicherheitvorsteherin Barbara Gysel, dass die Stadt bisher kein «Unfallmuster» habe erkennen können. Die Ursachen seien vielfältig und reichen von Unachtsamkeit, über Missachtung der Rotlichter bis hin zu Situationen, wo die Ampel orange blinkte und der Vortritt missachtet wurde.

«Mehr können wir aktuell zum Warum nicht sagen», sagt Gysel. Auch eine Fehlfunktion der Ampel sei bisher nicht festgestellt worden.

Der Noch-Problemkreisel: Bären in Cham

Mit dem Bären-Kreisel im Chamer Zentrum schafft es ein weiterer Kreisel auf die unrühmliche Liste der Zuger Unfallschwerpunkte. Hier wurden bei Unfällen in den letzten drei Jahren fünf Personen leicht verletzt. Auf der vorjährigen Liste rangierte der Kreisel noch weiter oben. Doch die zwei Schwerverletzten aus dem Jahr 2018 fallen nicht mehr in den aktuellen Beobachtungszeitraum. Wer den Kreisel regelmässig befährt, weiss, dass Autolenker vor allem von der Seite Neudorf her zur Autobahn fahrenden Personen den Weg abschneiden.

Künftig sollen deutlich weniger Autos durch den Kreisel Bären und das Chamer Zentrum fahren. (Bild: mag)

Wenn es nach dem Zuger Baudirektor geht, wird der Kreisel bald gar nicht mehr auf der Liste auftauchen. Denn im Zusammenhang mit der Umfahrung Cham–Hünenberg wird das Chamer Zentrum künftig autoarm. Eine rigorose Regel soll den Durchfahrtsverkehr vom Dorfzentrum fernhalten. Und dank des reduzierten Verkehrs sollen auch die Unfallzahlen sinken. Federführend für das Projekt ist die Gemeinde Cham. Diese will noch in diesem Frühling erste Details zum Zentrumsprojekt «Chom Jetzt» bekanntgeben.

Die Berüchtigte: Die Laubaukurve in Neuheim

Unter Autofahrerinnen hat sie einen berüchtigten Ruf: Die Laubaukurve in Neuheim. Die Kurve steht seit Jahren auf der Liste der Zuger Unfallschwerpunkte. Trotz verschiedener Massnahmen der Zuger Baudirektion. 2016 verbreiterte sie den Radius der Kurve, doch entfernte sie gleichzeitig die Warnschilder und Leitplanken (zentralplus berichtete).

Die Laubaukurve zwischen Neuheim und Sihlbrugg ist berüchtigt. (Bild: woz)

Die Situation verbesserte sich nicht wesentlich, weshalb die Schilder drei Jahre später – also 2019 – wieder angebracht wurden. Der Effekt bleibt bisher aus: «Erfahrungsgemäss schlagen sich Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit bei Strassen erst rund vier Jahre nach deren Umsetzung in der Statistik nieder», begründet Florian Weber. «Darum beobachtet die Baudirektion die Geschehnisse rund um die Laubaukurve sehr genau.»

Klare Ansage der Zuger Polizei

Dass an der Laubaukurve oder andernorts die Infrastruktur schuld an der hohen Zahl der Unfälle ist, weist der Kanton jedoch zurück. So fasst die Zuger Polizei, welche für die Erfassung der Unfallschwerpunkte mitverantwortlich ist, zusammen: «Aktuell gibt es im Kanton Zug keine Unfallschwerpunkte, die auf die Strassenanlagen zurückzuführen sind. Die Ursache der Unfälle ist das Unvermögen der Fahrzeuglenkenden.»

Vielleicht braucht es also mehr Verkehrskundeunterricht und weniger Bauprojekte, um die Sicherheit auf den Zuger Strassen zu erhöhen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Florian Weber
  • Unfallschwerpunkte Kanton Zug 2018–2020 und 2019–2021
  • Statistik über Verkehrsunfälle
  • Schriftlicher Austausch mit der Zuger Polizei

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