Stadtrat Urs Raschle zur Kritik am Lärmreglement

«Weitere Streetfood-Märkte und gewisse Autotreffs braucht Zug nicht»

Stadtrat Urs Raschle (rechts) im Gespräch mit Fasnächtlern auf dem Bundesplatz. Er war selbst lange Dirigent der Zuger Guggemusik Los Contineros.

(Bild: mbe.)

Zuger Fasnächtler und andere Organisatoren von Grossveranstaltungen sehen ihre Freiheit durch ein neues Reglement bedroht. Stadtrat Urs Raschle verteidigt das Reglement, dieses schütze die etablierten Zuger Veranstaltungen. Deren Vertreter sollen sich zukünftig zwar online anmelden können. Doch es gäbe Events, für die in Zug künftig kein Platz sei.

Das geplante Reglement über die Benützung der öffentlichen Anlagen in der Stadt Zug soll im Frühling in den Grossen Gemeinderat kommen. Bereits jetzt sorgt es aber für heisse Diskussionen (zentralplus berichtete).

Zuständig für alle Bewilligungen in Zug ist das Departement Soziales, Umwelt, Sicherheit (SUS). Vorsteher Urs Raschle (CVP) nimmt Stellung zur Kritik.

zentralplus: Herr Raschle, der Stadtrat spricht im Bericht zum Antrag zum geplanten Reglement von einer «Rechtsunsicherheit» in Zug. Kann momentan jeder machen, was er will auf Zugs öffentlichen Plätzen?

Urs Raschle (lacht): Nein, natürlich nicht. Man muss für alle Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen bei der Stadt eine Bewilligung einholen. Für jeden Kuchenstand braucht es eine Genehmigung. Doch momentan ist nicht alles klar definiert.

zentralplus: Was darf man und was nicht?

Raschle: Grundsätzlich darf man vieles auf öffentlichen Plätzen. Wenn wir etwas verbieten wollen, braucht es eine relativ gute Argumentation. Normalerweise bewilligen wir das meiste. Es sei denn, es gehe an Grenzen, wie zum Beispiel die Anti-WEF-Demo 2016. Diese hätten wir aus Sicherheitsgründen nicht bewilligt.

zentralplus: Zug ist offenbar ein «Hort der Freiheit». Wollen Sie die Schraube anziehen mit diesem neuen Reglement?

Raschle: Wenn man die Aussagen gewisser Kritiker in Ihrem Artikel liest, kann man diesen Eindruck gewinnen. Ich bin klar der Meinung, dass es nicht darum geht. Wir wollen mit diesem Reglement mehr Ordnung und Rechtssicherheit reinbringen. Sowohl für Veranstalter wie auch für die Nachbarschaft. Es ist auch ein Schutz bestehender Veranstaltungen.

zentralplus: Wie meinen Sie das?

Raschle: Die vielen Veranstaltungen gehören zu Zug. Vor allem die etablierten. Darum habe ich mich entschieden, das Reglement zu schaffen. Es dient dem Schutz dieser Veranstaltungen, damit diese auch langfristig durchgeführt werden können und geschützt sind gegenüber aufkommenden neuen Diskussionen. Es geht dabei vor allem um die Themen Lärm und Littering.

Wenn diesbezügliche Auflagen erfüllt sind, bekommen die Veranstalter keine Schwierigkeiten. Denn wir haben immer wieder Nachbarn und Bürger, die sich beschweren. Das Reglement garantiert auch einen gewissen Schutz der Nachbarn, die im Zentrum leben und nicht jedes Wochenende Rambazamba wollen.

zentralplus: Die Zuger Chesslete findet das Reglement einseitig und kritisiert, es sei zugunsten der Anwohner und deren Ruhebedürfnissen ausgefallen. Was sagen Sie zur Kritik?

Raschle: Im Reglement ist vom «Schutz der Nachbarn vor schädlichen Einwirkungen» die Rede. Dort bin ich aufgrund der Vernehmlassung bereits entgegengekommen. Ursprünglich war nämlich von «Ruhe und Ordnung in der Nachbarschaft» die Rede. Dieser Formulierung ist hart kritisiert worden von den Veranstaltern. Die neue softere Version habe ich dann dem Stadtrat unterbreitet und durchgebracht.

«Das Reglement hat eine liberalere und eine restriktivere Haltung drin.»
Stadtrat Urs Raschle

zentralplus: Gibt es denn mehr Lärmklagen in Zug?

Raschle: Ja, diese haben schon zugenommen. Ebenso grösser geworden ist in den zwei letzten Jahren die Anzahl der Veranstaltungen. Deshalb ist das Reglement unserer Meinung nach der richtige Weg. Es hat eine liberale Haltung drin für Veranstaltungen, die etabliert sind. Aber auch eine restriktivere Haltung für Veranstaltungen, die wir nicht als passend erachten für Zug.

zentralplus: Was passt denn nicht zu Zug?

Raschle: Wenn junge Zugerinnen und Zuger eine neue Idee vorbringen, prüfen wir das natürlich. Aber Streetfood-Markets von auswärtigen Organisatoren, als Beispiel, braucht es nicht unbedingt. Wir haben ja die «Zuger Gluscht», diese Veranstaltung soll prosperieren, das genügt unserer Meinung nach. Auch bei Treffen gewisser Autogruppen sind wir zurückhaltend. Es gibt ja schon das Oldtimertreffen.

zentralplus: Kommen wir nochmals zu den Bedürfnissen der Anwohner zurück. Sind diese einfach intolerant und wollen nicht akzeptieren, dass es in einer Stadt mehr Leben und Lärm gibt?

«Streetfood-Markets von auswärtigen Organisatoren braucht es nicht unbedingt. Wir haben ja die ‹Zuger Gluscht›.»
Urs Raschle

Raschle: Nein, das nehme ich nicht so wahr. Ich besuche die Versammlungen der IG Landgemeindeplatz und spüre dort viel Toleranz. Die Mitglieder wissen, wo sie wohnen, und sind offen für Veranstaltungen. Aber ich habe auch Verständnis, dass jemand ausflippt, wenn die Stadt in der Bewilligung die Anlieferung ab 8 Uhr erlaubt und der Camion dann bereits um 6 Uhr früh ankommt. Mit dem neuen Reglement wollen wir vorbeugen, damit so etwas nicht passiert.

zentralplus: Wird der administrative Aufwand mit diesem neuen Reglement grösser oder eher kleiner für die Organisatoren von Grossveranstaltungen?

Raschle: Für Grossveranstaltungen bleibt er etwa gleich. Aber wir haben ja immer noch das Postulat von Rainer Leemann, dass wir das System für Vereine vereinfachen sollen. Da habe ich Neuigkeiten: Wir arbeiten seit zwei Jahren an einem neuen Online-Tool, das aus meiner Sicht ein Befreiungsschlag sein wird, die letzten Tests laufen. Es wird voraussichtlich Anfang Sommer bereit sein.

«Mit dem Online-Tool kann sich jeder Veranstalter zuhause einloggen. Er muss nichts mehr handschriftlich ausfüllen.»
Urs Raschle

Mit dem Online-Tool kann sich jeder Veranstalter zuhause einloggen, seine Daten eingeben, alles wird abgespeichert. Ähnlich wie bei der Software für die Steuererklärung. Er muss also nichts mehr handschriftlich ausfüllen und bekommt dann von uns direkt die Bewilligung für seine Veranstaltung. Das darauffolgende Jahr kann der Veranstalter seine Datei aufrufen und aktualisieren.

zentralplus: Fasnächtler kritisieren, dass der Begriff der Freinacht im Reglement fehlt. Warum hat man diesen nicht reingenommen?

Raschle: Freinächte zu bewilligen liegt in der Kompetenz des Stadtrats, und das möchten wir auch so belassen. Wenn die Schweiz 2016 Fussball-Europameister geworden wäre, hätten wir eine Freinacht bewilligt. Oder wenn der EVZ Meister würde. Es sollte einfach ein spezieller Anlass sein. Aber wer das wünscht, hat in Zug auch heute schon die Möglichkeit, sich 24 Stunden zu vergnügen. Viele Bars haben bis 4 Uhr morgens offen.

«Es wird eine heisse Diskussion im GGR geben.»
Urs Raschle

zentralplus: Denken Sie, dass das Reglement im Grossen Gemeinderat durchkommen wird?

Raschle: Es wird eine heisse Diskussion geben. Die einen wollen gar kein Reglement. Die anderen wollen schärfere Regeln. Es wird von beiden Seiten Kompromisse brauchen.

zentralplus: Die Linken sind tendenziell für Reglementierung, die Bürgerlichen für Freiheit und wenig Staat. Wird es eine politische Debatte im GGR nach dem Links-Rechts-Schema geben?

Raschle: Nein, in diesem Fall vermute ich das nicht. Der Graben wird, denke ich, mehr durch Aktive und nicht Aktive gehen. Also Leute, die sich in Vereinen engagieren, und andere.

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