Neubad-Talk zu den Luzerner Stadtratswahlen

Wer hat Angst vor der Salle Modulable?

Neubad-Talk zu den Stadtratswahlen: Die Kandidatinnen und Kandidaten im Gespräch. (Bild: Jakob Ineichen)

Am geplanten Musiktheater auf dem Luzerner Inseli führt im Moment keine Polit-Diskussion vorbei. Erst recht nicht das zentralplus-Podium zu den anstehenden Stadtratswahlen. Ausser den Jungpolitikern wollte sich jedoch niemand die Finger am heissen Eisen verbrennen.

Als am Dienstagabend im Neubad die Stadtratskandidaten diskutierten, zeigte sich schnell, wer der aktuelle Shootingstar am städtischen Polit-Himmel ist: die Salle Modulable. Doch nur die Jungpolitiker kamen so richtig in Fahrt.

Die erste Runde des Podiums wurde unter dem Nachwuchs ausgetragen, die Ü40-Fraktion diskutierte danach.

«Nicht weil wir gegen Kunst sind, sondern weil wir es uns nicht leisten können» wolle er das Projekt blockieren, gab BDP-Kandidat Denis Kläfiger gleich zu Beginn seine Linie zum geplanten Theaterneubau durch. Es blieb die eindeutigste Meinung des Abends. Kläfiger forderte Yannick Gauch von der JUSO auf, zu klären, ob er «grundsätzlich oder nur im Bezug auf den Standort» gegen die Salle sei. Was Gauch umgehend tat: Er sei gegen den Standort und die Kosten, nicht gegen das Projekt.

Denis Kläfiger (BDP) und Karin Stadelmann (JCVP) am Neubad-Talk. Vorne zentralplus-Moderator Jonas Wydler.

Denis Kläfiger (BDP) und Karin Stadelmann (JCVP) am Neubad-Talk. Vorne zentralplus-Moderator Jonas Wydler.

(Bild: Jakob Ineichen)

Während Gauch und Kläfiger stritten, wer zukunftsorientiertere Positionen vertrete, konnten Sina Khajjmian (Junge Grüne, «Wir sind ein kleines bisschen radikaler als die Grünen») und Karin Stadelmann (JCVP, «Wir sind mit dem Dialog unterwegs») neben den beiden im Vergleich erfahrenen Jungpolitikern selten herausstechen. Khajjamian fand, die Integration sei «völlig untergegangen», Stadelmann möchte im Stadtrat «bei Sparmassnahmen die längerfristigen Folgen besser bedenken».

Khajjamian vor Gauch: Als sich die jungen Kandidierenden selber auf der Links-Rechts-Skala einordnen sollten, wurde der Platz ganz links knapp.

Khajjamian vor Gauch: Als sich die jungen Kandidierenden selber auf der Links-Rechts-Skala einordnen sollten, wurde der Platz ganz links knapp.

(Bild: Jakob Ineichen)

Leider konzentrierte sich die Nachwuchsrunde etwas stark auf die Abgrenzung zur arrivierten Politik: Haben Junge genug Lebenserfahrung für so ein Amt? Können die Jungen zusammenarbeiten? Nervt es, immer auf die Wahlchancen angesprochen zu werden? Yannick Gauch wagte den Wink mit dem Zaunpfahl: «Jedes Mal, wenn ich von einem Journalisten wieder gefragt werde, ob ich mir dieses Amt als Jungpolitiker überhaupt zutraue, bleibt weniger Zeit für eine inhaltliche Frage.»

«Das Kollegialprinzip verbietet es mir, mich so zu positionieren. Aber es ist so.»

Adrian Borgula, Stadtrat (Grüne)

Merki sieht sich links von Roth

Zum ersten Mal überrascht war das Publikum, als sich die Kandidatinnen und Kandidaten der Hauptrunde, wie schon zuvor die Jungpolitiker, selber auf der Links-Rechts-Skala aufreihen sollten:

Von links nach rechts (auch in politischer Selbsteinschätzung): Adrian Borgula, Beat Züsli, Manuela Jost, Martin Merki, Stefan Roth, Peter With.

Von links nach rechts (auch in politischer Selbsteinschätzung): Adrian Borgula, Beat Züsli, Manuela Jost, Martin Merki, Stefan Roth, Peter With.

(Bild: Jakob Ineichen)

FDP-Sozialdirektor Martin Merki positionierte sich weiter links als CVP-Stapi Stefan Roth. Seine Erklärung: «Ich bin einfach gerade in der Mitte stehen geblieben und ich verstehe mich auch als Mitte-Politiker.» Roth wollte sein Rechtsstehen nur mit dem Gedränge in der Mitte erklärt wissen.

Adrian Borgula verkaufte sich als Links-Aussen («Das Kollegialprinzip verbietet es mir, mich so zu positionieren. Aber es ist so.»), während sich SP-Kandidat Beat Züsli alle Mühe gab, höchstens einen Hauch weiter rechts von Borgula stehen zu bleiben. Peter With blieb entgegen seinem Abstimmungsverhalten im Grossstadtrat auf halbem Weg nach rechts stehen: «Ein Sitz rechts der Mitte würde den Stadtrat nicht aus dem Gleichgewicht bringen.»

Sehen Sie hier den ersten Teil des Talks im Video:

 

In der Folge setzten sich die amtierenden Regierungsmitglieder und Anwärter beim mehrheitlich linken Publikum in Szene. Mal geschickter (Umweltdirektor Adrian Borgula will einen «Schwerpunkt setzen für unsere Gspänli in der Stadt, nämlich Tiere und Pflanzen»), mal weniger geschickt (Stapi Roth will sich für eine «herzhafte Stadt mit viel Lebensfreude» einsetzen), mal offensichtlich (Baudirektorin Jost: «Ich liebe Kultur! Das Neubad gehört in mein Portfolio.») und mal unfreiwillig komisch (Sozialdirektor Merki begleite die Menschen «von der Geburt, mit der Mütter- und Väterberatung, bis zum Tod, mit den Heimen»).

Jost will «Gundula» besuchen

Die zweite Überraschung folgte sogleich. Stefan Roth wollte gerade seinen Finanzhaushalt erläutern, als Aktivistinnen und Aktivisten des besetzten Hauses «Gundula» hinter der Bühne Transparente entrollten.

Dass Gundula-Aktivisten Transparente entrollten, sorgte für grossen Applaus im Publikum.

Dass Gundula-Aktivisten Transparente entrollten, sorgte für grossen Applaus im Publikum.

(Bild: Jakob Ineichen)

Auch wenn der Grossteil des Publikums ihr Anliegen für berechtigt hielt und dies mit tosendem Applaus auch kundtat: Die Bannerträger traten vermummt für ihre Sache ein und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Und machten es Moderator Luca Wolf damit leicht, über die Störung hinwegzusehen: «Ich danke diesen Damen oder Herren fürs Transparent.» In der Schlussrunde konnte eine Zuschauerin Baudirektorin Manuela Jost das Versprechen entlocken, in der «Gundula» vorbeizuschauen – dafür erntete auch Jost Applaus, auch wenn sie klar machte, dass sie die Besetzung nicht gutheisst.

«Wenn man aus dem KKL etwas lernen will, dann, dass die Salle Modulable offen für alle sein muss.»

Manuela Jost, Stadträtin (Grünliberale)

Alle für die Salle Modulable

Die Stadträte kamen nicht darum herum, auch zum geplanten Theaterbau auf dem Inseli Stellung zu beziehen. «Die Salle Modulable hat drei Schwierigkeiten: den Standort, die Kosten und einen Partner, von dem man nicht so recht weiss, wie er zu den demokratischen Prozessen steht», fasste Adrian Borgula erstaunlich offen zusammen. Dennoch sprachen sich weder er noch die anderen Stadträte und auch nicht Peter With oder Beat Züsli gegen das Projekt aus. Auch mit einem neuen Mitglied wird sich die Stadtregierung vorerst nicht öffentlich gegen das Projekt stellen. Manuela Jost: «Es braucht möglichst schnell eine Volksabstimmung.»

Adrian Borgula (vorne) will sich für «urbane Biodiversität» einsetzen und den Langsamverkehr konsequent fördern. Im Hintergrund Manuela Jost und Martin Merki.

Adrian Borgula (vorne) will sich für «urbane Biodiversität» einsetzen und den Langsamverkehr konsequent fördern. Im Hintergrund Manuela Jost und Martin Merki.

(Bild: Jakob Ineichen)

Luzern sei eine «Kulturstadt», betonten die Stadträte nacheinander und der Kulturkompromiss werde nicht aufgekündigt. Es wurde «Verständnis gezeigt» für Befürchtungen, dass das Geld an anderen Orten fehle, und gefordert, dass die Salle Modulable ein offener Ort werden soll: «Wenn man aus dem KKL etwas lernen will, dann, dass das Haus offen für alle sein muss», sagte etwa Manuela Jost: «Beim KKL hat man da schon grosse Fortschritte gemacht.» Und Martin Merki meinte, dass man das Projekt bei den Kosten «nun auf eine Luzerner Lösung herunterbringen» müsse, damit es keine Verlierer gebe.

«Ich will keine Stadt, in die man nur am Wochenende zum Flanieren geht. Ich will eine Stadt, in der auch gearbeitet wird.»

Peter With, Grossstadtrat und Stadtratskandidat (SVP)

Wirtschaft: Züsli und With gegen den Stapi

Fast schon in Eintracht zeigten sich Beat Züsli (SP) und Stefan Roth (CVP), die beide auch um das Stadtpräsidium konkurrieren, als es ums Geld ging: Die finanzielle Lage des Kantons «mache ihm Bedenken», sagte Roth im Hinblick auf kommende kantonale Sparpakete. Züsli teilte diese Sorge und warnte ebenfalls vor neuen Sparpaketen des Kantons. Die Stadt und insbesondere Stefan Roth als Kantonsrat habe sich aber viel zu wenig gegen die Halbierung der Unternehmenssteuern gewehrt, warf Züsli dem Stapi vor.

Peter With (SVP, am Mikrofon) forderte, dass die Stadt auch mit dem Auto gut erreichbar bleibe. Daneben Beat Züsli (SP).

Peter With (SVP, am Mikrofon) forderte, dass die Stadt auch mit dem Auto gut erreichbar bleibe. Daneben Beat Züsli (SP).

(Bild: Jakob Ineichen)

Stadtpräsident Roth zeigte sich betroffen darüber, dass die SBB 170 Arbeitsplätze aus Luzern abziehen will. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, dass­­ – Beispiel Mobility – andauernd Firmen weg- statt zuziehen würden: «Seit die Unternehmenssteuern 2012 halbiert wurden, sind 35 Firmen neu in die Stadt gezogen. Diese bringen ein Steuersubstrat von 1,5 Millionen Franken und beschäftigen 600 Angestellte.»

Um zu verhindern, dass lokale Firmen abwanderten, sei eine gute Erreichbarkeit zentral, meinte SVP-Kandidat Peter With: «Es ist schwer, zu gewissen Zeiten mit dem Auto in die Stadt zu kommen. Ich will keine Stadt, in die man nur am Wochenende zum Flanieren geht. Ich will eine Stadt, in der auch gearbeitet wird.»

Wohl keine Departements-Rochaden

Am Podium machte die Stadtregierung klar, dass die bisherigen Stadträte wohl auf ihren Posten bleiben werden. Dass SP-Kandidat Beat Züsli als Architekt und Energie-Ingenieur gerne Baudirektor würde, ist bekannt. Doch dieser Posten ist mit Manuela Jost bereits besetzt. «Ich bin dazu mit Beat Züsli bereits einen Kaffee trinken gegangen», verriet Jost.

Sehen Sie hier den zweiten Teil des Talks im Video:

Auf einen möglichen Wechsel angesprochen, sagte sie: «Wir vier Bisherigen sind der Ansicht, dass ein Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt zu viel Unruhe bringen würde.» Denn in zwei Jahren werden die Karten vermutlich neu gemischt: 2018 will die Regierung die Departemente neu organisieren.

Läuft alles nach Plan und Erwartung, wird Beat Züsli bald für Bildung, Kultur und Sport zuständig sein – und damit die Salle Modulable unter sich haben.

Die zehn Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich den eher spärlichen Fragen des Publikums.

Die zehn Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich den eher spärlichen Fragen des Publikums.

(Bild: Jakob Ineichen)


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