Hotel Schweizerhof lässt Kritik abprallen

Oligarch ehrt Journalisten in Luzern – die Juso findet’s voll daneben

Das farbige Hotel Schweizerhof.

(Bild: Elge Kenneweg)

Nächste Woche wird im Hotel Schweizerhof ein hochdotierter Journalistenpreis vergeben. Dass es sich beim Stifter um den russischen Oligarchen Gleb Fetisov handelt, stösst den Stadtluzerner Jungsozialisten sauer auf. Dabei scheint die Jury lupenrein – zumindest auf den ersten Blick.

Mit insgesamt einer halben Million Franken Preisgeld sind die Fetisov Journalism Awards der weltweit am höchsten dotierte Medienpreis. Gestiftet wird er vom namensgebenden russischen Milliardär Gleb Fetisov, dessen Stiftung ihren Sitz in Genf hat. Die Awards werden zum ersten Mal am 22. Januar im bekannten Luzerner Hotel Schweizerhof vergeben.

Die Awards in vier Kategorien sollen laut der Veranstalter-Webseite den Einsatz für Werte wie «Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Mut und Ehre» belohnen. Dazu werden Journalisten für ihren Dienst an einer «besseren Welt» mit einem Award ausgezeichnet.

Auf der Shortlist erscheinen denn auch 33 Beiträge aus der ganzen Welt – Schweizer Journalisten sind keine darunter. Grund dafür dürfte auch sein, dass alle Artikel in Englisch eingereicht werden mussten.

Zweifel an Fetisovs Ahnung von «gutem Journalismus»

Gegen guten Journalismus hat auch die Stadtluzerner Juso nichts einzuwenden. Ihr Problem ist ein anderes: Ihr passt es offenbar gar nicht, dass sich überhaupt ein russischer Oligarch anmasst, einen Journalistenpreis zu vergeben. Sie fordern die Verantwortlichen des Hotels Schweizerhof in einem offenen Brief auf, die Veranstalter kurzfristig auszuladen – und damit ein deutliches Zeichen für einen «unabhängigen Journalismus» zu setzen.

Zu bedenken gibt die Juso, dass die Gebaren des Preisstifters in seiner wirtschaftlichen Laufbahn umstritten seien. Auch seien zwei Mitglieder der Jury von zweifelhaftem Ruf. Doch was genau versetzt die Jungsozialisten derart in Rage?

Ein Schlaglicht auf den Stifter und seine Jury

Der Hintergrund: Die «Medienwoche» hatte bereits im Oktober ein Schlaglicht auf den grosszügigen Stifter Fetisov geworfen. Damals war noch nicht klar, dass die Award-Vergabe im Schweizerhof stattfinden soll.

«Eine Absage kommt für uns nicht in Frage.»

Clemens Hunziker, Direktor Hotel Schweizerhof

Fetisov spielte offenbar zwischen 1996 und 2000 eine «massgebliche Nebenrolle» bei Auseinandersetzungen um die Kontrolle der sibirischen Aluminiumindustrie, die unter dem Begriff «Aluminiumkriege» in die Wirtschafts- und Kriminalgeschichte Russlands eingingen. Auch habe Fetisov schon mal in Untersuchungshaft gesessen wegen Verdachts auf Veruntreuung – allerdings wurde er nie verurteilt.

Stiftungsgründer Gleb Fetisov. (Bild: fjawards.com/founder)

Fetisovs Wirken im Mediengeschäft ist bisher kaum von Erfolg gekrönt. Vor knapp zehn Jahren versuchte er vergeblich die französische Tageszeitung «Le Monde» zu kaufen. Auch hatte er sich mit eher bescheidenem wirtschaftlichem Erfolg als Produzent von Action- und Historienfilmen hervorgetan. Sein Geld verdient er weiterhin vor allem mit Bankgeschäften.

Eine Berlusconi-Politikerin und ein prorussischer Autor

Im weiteren Verlauf des Berichtes werden auch Fragen zur Integrität von zwei der acht Jurymitglieder gestellt. Die «Medienwoche» hatte recherchiert, dass Jury-Mitglied Deborah Bergamini im PR-Team für Silvio Berlusconi gearbeitet hat und immer noch für die rechts-konservative italienische Partei Forza-Italia politisiert. Das zweite kontroverse Mitglied der Jury ist Guy Mettan aus Genf. Der Buchautor sitzt als Parteiloser im Genfer Grossrat und gilt als klar prorussisch. Im Bericht wurde allerdings auch erwähnt, die Integrität der sechs übrigen Jury-Mitglieder stünde «ausser Frage». Unter anderem ist mit dem Franzosen Christophe Deloire der Direktor von «Reporter ohne Grenzen» vertreten.

Der Bericht schliesst mit dem Fazit, Fetisov brauche im Westen ein gutes Ansehen, um seine Geschäfte voranzutreiben. Insofern sei der Award für ihn vor allem ein Image-Vehikel. Für die Jungsozialisten ist dies offensichtlich Grund genug, den West-affinen russischen Oligarchen aus der Stadt jagen zu wollen.

Hotel Schweizerhof lässt sich nicht beirren

Das wird aber nicht passieren: Die Stellungnahme des Hotels Schweizerhof fällt kurz und deutlich aus. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass hinter dem Award die 2019 gegründete schweizerische Fetisov Charitable Foundation mit Sitz in Genf stehe, die auch die Räumlichkeiten gemietet habe. «Zu Veranstaltungen, welche wir nicht selber organisieren, nehmen wir keine Stellung. Eine Absage kommt für uns nicht in Frage», schreibt Schweizerhof-Direktor Clemens Hunziker auf Anfrage.

Und so wird am 22. Januar in Luzern das höchste Preisgeld in der Geschichte der Journalisten-Awards ausgeschüttet. Ob der «Fetisov Journalism Award» aber je den Status eines Pulitzer-Preises erreicht – das steht in einem anderen Buch.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von René Barmettler
    René Barmettler, 15.01.2020, 16:19 Uhr

    Da sind wir aber froh, dass die JUSO weiss, was guter Journalismus ist und was nicht…
    Ich denke nicht, dass der Imageschaden für ein Haus wie der Schweizerhof gross ist – der durchschnittliche Jusowähler und Gutmensch wird sich in so einem Etablissment eh nicht zu Hause fühlen. Liebe Juso, ich gebe euch einen gratis Tipp: Beschäftigt euch mit den wirklichen Problemen der Stadt und der Schweiz.

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  • Profilfoto von Patrick Butz
    Patrick Butz, 15.01.2020, 12:25 Uhr

    Klar… würde ich aus finanziellen Gründen auch nicht absagen…aber das gibt Image Schaden. Ich geh nicht mehr in den Schweizerhof.

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  • Profilfoto von CScherrer
    CScherrer, 15.01.2020, 07:54 Uhr

    Es ist tatsächlich so, dass es nach dem Studium der Webseite mehr Fragen als Antworten gibt. Die beiden im Artikel genannten Personen, welche in der Jury sitzen, sind aus Sicht der Juso natürlich nur schwer erträglich.
    Dieser Preis hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, da nach dem Studium der Webseite eine Nähe zu Russland zweifelsfrei ist. Der Russische Staat nimmt nachweisbar Einfluss auf die Medien und steuert diese. Aus diesem Grund muss man der Juso Recht geben. Auch ein Hotel Schweizerhof kann und darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Ein sorgfältiger Blick, etwas eigene Recherche und dann ist auch Herr Hunziker vom Hotel Schweizerhof in der Lage, die Angelegenheit kritisch zu beurteilen. Seine lapidare Aussage, dass eine Absage nicht in Frage komme, kann ich nachvollziehen, ist aber kommunikativ schlecht.

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