Luzern und Zug

Auslandateliers – für eine weltweite Vernetzung

Dominik Gehring (links) und Tobias Kaufmann an einem typischen Ort in New York. (Bild: PD)

Die Kantone Zug und Luzern bieten Kunstschaffenden die Möglichkeit, eine gewisse Zeit in einem Atelier im Ausland zu verbringen. Viele haben die Möglichkeit schon genutzt – und sind begeistert vom Angebot. 

«Ein Atelieraufenthalt ist für mich die beste Förderung, die ich mir überhaupt vorstellen kann.» Marc Unternährer weiss, wovon er spricht. Elf Jahre ist es her, seit der 37-jährige Musiker aus Luzern mit seiner Tuba nach Chicago übersiedelte, um während fünf Monaten am Ufer des Michigansees zu wirken. Seit 2001 führt der Verein «Städtepartnerschaft Luzern-Chicago» dort ein Wohnatelier für Luzerner Kunstschaffende. Marc Unternährer war einer der ersten Bewohner.

«Der Aufenthalt in Chicago prägt mein Schaffen bis heute.» Es haben sich Freundschaften ergeben und über die Jahre weiterentwickelt. Türen haben sich geöffnet. Kooperationen mit amerikanischen Musikern sind entstanden. Manche halten bis heute. Als hörbarer Beweis dafür erschien kürzlich «The Luzern – Chicago Connection: Live at Jazzfestival Willisau» (hier erhältlich. «Was in den letzten zehn Jahren durch diesen Künstleraustausch alles ausgelöst wurde, wäre eigentlich Gegenstand einer Forschungsarbeit», sagt Marc Unternährer.

Eine Fortpflanzung von Kulturräumen

Kulturschaffende, die sich dank kantonaler Starthilfe untereinander vernetzen und selber zu Vermittlern werden. Ein autopoetisches System der Kulturförderung entsteht. Eine Fortpflanzung von Kulturräumen. Natürlich profitiert davon auch die Kulturszene in Luzern. Musiker aus Chicago sind regelmässige Gäste in der Stadt. Im Februar gastieren mit Saxophonist Keefe Jackson und Cellist Fred Lonberg-Holm zwei Meister ihres Fachs zum Beispiel im Luzerner Mullbau.

Die Erfahrungen mit Chicago haben Marc Unternährer angetrieben, seine Tuba nochmals auf fremde Bühnen zu führen. Im März 2014 wohnt er für vier Monate im Berliner Aterlier der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden. «Ich lebe und arbeite gerne in Luzern, aber es ist einfach, hier in eine gewisse Bequemlichkeit abzurutschen.»

Im Spannungsfeld zwischen Etabliertem und Nischendasein wandeln, diese Vorstellung treibt Marc Unternährer nach Berlin. Noch bleibt Zeit sich Gedanken über mögliche Projekte und Szenengänge zu machen. Unter Improvisationsmusikern, wie Marc Unternährer einer ist, spricht man dieselbe Musiksprache und kennt schnell die richtigen Leute. Das Eintauchen in die unbekannte Dichte der Grossstadt fällt leichter.

Neues entdecken um sich weiterzuentwickeln

Vom Verlassen der «comfort zone» spricht auch Dominik Gehring (33). Der Zuger ist vor wenigen Tagen für vier Monate nach New York. Filme sind sein Metier und dieses sein erstes Atelierstipendium. In der Schweiz arbeitet er zusammen mit Tobias Kaufmann als freischaffender Filmer. Zusammen produzierten sie 2010 den Trailer für das Kurzfilmfestival in Winterthur. Zum Beispiel.

Da waren sie noch in der «comfort zone». Jetzt in der bekanntesten Stadt der Welt. An einem Ort wo konstante Reizüberflutungen zum Lebensstil gehören. Dem Big Apple. «Wir denken, sich mit etwas Neuem auseinanderzusetzen, ist Voraussetzung dafür, sich auf eine konstruktive Art weiterzuentwickeln», sagt Dominik Gehring.

Dementsprechend offen gehen beide an die Sache heran. Der Weg ist das Ziel. Konkrete Pläne könnten die Vorstellungskraft trüben. «Wir wollen uns einfach dem neuen Umfeld aussetzen. So viele Eindrücke wie möglich in uns aufsaugen.» Das Erfahren der neuen Fremde hat sie nach New York geführt.

Marc Unternährer ging deswegen nach Chicago und im kommenden Jahr nach Berlin. Für Franziska Gabriel und Prisca Passigatti ist das Ausbrechen aus dem bekannten Alltag der Motor hinter zahlreichen Bewerbungen für Ateliersstipendien. Die Entfaltungsmöglichkeiten der Kunstschaffenden in der Zentralschweiz sind beschränkt und zudem in vielerlei Hinsicht abnehmend. Berlin, New York oder Chicago sind Tanksäulen gegen Alltagssorgen und Gewohnheiten in der heimischen «comfort zone», ersetzen sollten sie diese jedoch nicht.

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