Auch Banker und gut Ausgebildete betroffen

Über 50-Jährige müssen in Zug immer häufiger zur Sozialhilfe

Zunehmend ein Problem: Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer im Berufsleben.

(Bild: Jenö Gösi/AURA)

Die Zahl der 50- bis 64-jährigen Sozialhilfebezüger steigt markant an. Auch der reiche Kanton Zug bleibt von diesem Trend nicht verschont. So steigt hier die Sozialhilfequote bei über 50-Jährigen überproportional an. Und dies oftmals trotz guter Ausbildung.

Der Gang zum Sozialamt ist für viele ein schmerzhafter Abstieg, welchen gerade ältere Arbeitslose immer häufiger erleben. Verglichen mit anderen Altersgruppen steigt das Risiko, von der Sozialhilfe abhängig zu werden, bei 50- bis 64-Jährigen überproportional an.

Im Jahr 2017 bezogen in der Schweiz knapp 55’000 Personen zwischen 50 und 65 Jahren Sozialhilfe. Wie das Bundesamt für Statistik schreibt, ist die Sozialhilfequote in dieser Altersgruppe seit 2011 somit um 28 Prozent gestiegen, während im Vergleich die gesamte Quote aller Altersgruppen nur um 10 Prozent angestiegen ist.

Mehr Sozialhilfebezüger Ü50 im Kanton Zug?

In Zug liegt die allgemeine Sozialhilfequote bei 1,6 Prozent, wie uns das kantonale Sozialamt auf Anfrage bestätigte. Dennoch: «Obwohl die absolute Zahl aller Sozialhilfebezüger in den vergangenen Jahren zugenommen hat, ist die Sozialhilfequote im Kanton Zug, auch aufgrund des Bevölkerungswachstums, auf einem relativ tiefen Niveau», meint Jris Bischof, Leiterin des kantonalen Sozialamts Zug. Denn mit 3,3 Prozent sei die schweizweite Quote rund doppelt so hoch wie in Zug.

«Es sind sowohl schlecht als auch gut qualifizierte Personen betroffen.»

Leiterin Sozialamt Kanton Zug, Jris Bischof

Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, das die Zahl der 50- bis 64-Jährigen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, auch in Zug stärker zugenommen hat. Im Jahr 2017 hätten 433 Personen in dieser Altersgruppe im Kanton Zug Sozialhilfe bezogen, so Bischof. Dies sei ein Anstieg von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Verglichen mit der Zunahme aller Altersklassen von 2,2 Prozent ist die Sozialhilfequote der über 50-Jährigen somit auch hier überproportional gestiegen.

Seit 2011 ist die Sozialhilfequote der 50- bis 64-Jährigen im Kanton Zug gar um 22 Prozent gestiegen. Der Kanton Zug folgt also der nationalen Entwicklung (28 Prozent). Doch was sind die Gründe für die Zunahme?

Die Grafik zeigt, dass die Sozialhilfequote der 50- bis 64-Jährigen seit 2011 um 28 Prozent gestiegen ist.

(Bild: BFS)

Gut ausgebildet, aber Langzeitbezüger

Für über 50-Jährige stelle neben demografischen Faktoren unter anderem der Wandel der Arbeitswelt einen wichtigen Grund für das Eintreten in die Sozialhilfe dar. Die Leiterin des kantonalen Sozialamts Zug bemerkt jedoch: «Es sind sowohl schlecht als auch gut qualifizierte Personen betroffen.» Wir haben auch Erfahrungen gemacht mit höheren Bankangestellten, die aufgrund der Finanzkrise keine Anstellung mehr fanden, so Bischof. Ausserdem seien junge Arbeitnehmer häufig günstiger als ihre älteren Berufskollegen.

«Bei vielen dieser Stellenlosen liegen auch psychische Einschränkungen vor.»

Abteilungsleiter Soziales Gemeinde Baar, Clemens Eisenhut

Dies bestätigen auch die Zahlen des Bundesamts für Statistik in einer Untersuchung zur Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer im Berufsleben. Es zeigt sich sogar, dass die älteren Sozialhilfebezüger besser ausgebildet sind als der Durchschnitt der jüngeren Altersklassen. 57 Prozent der 50- bis 64-Jährigen haben eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss, während es bei den 18- bis 35-Jährigen nur 42 Prozent sind.

Den Anstieg der Sozialhilfequote bei über 50-Jährigen begründet das Bundesamt mit der markanten Zunahme der Bezugsdauer. Will heissen: Wer Sozialhilfe bezieht, der tut das heute länger als früher. Die Chancen auf eine Ablösung von der Sozialhilfe für Langzeitbezüger sei sehr gering.

Erfahrungen mit Betroffenen in den Zuger Gemeinden

Markus Jans, Leiter der Sozialen Dienste der Stadt Zug, bestätigt: «Menschen, welche die Arbeit verlieren und über 50 sind, haben grosse Schwierigkeiten, eine neue Anstellung zu finden.» Ausserdem zeige die Erfahrung, dass eine berufliche Reintegration umso schwieriger werde, je länger die Arbeitslosigkeit andauere, so Jans.

Clemens Eisenhut, Abteilungsleiter Soziales der Gemeinde Baar, meint: «Bei vielen Betroffenen liegen auch psychische Einschränkungen, Störungen in der Persönlichkeit oder Hintergründe mit belasteter Biografie vor.» Wie auch andere Zuger Gemeinden stellt man in Baar fest, dass durch ein weniger stabiles soziales Umfeld das Risiko, von der Sozialhilfe abhängig zu werden, massiv erhöht wird.

Sensibilisierung auf der einen, Beratung auf der anderen Seite

Im Kanton Zug ist man sich der Problematik bewusst und hat vor vier Jahren die Kampagne «Alter hat Potenzial» gestartet. «Ziel war es, die Öffentlichkeit und auch die Arbeitgeber zu sensibilisieren und das Potenzial der 50- bis 64-Jährigen vermehrt in den Fokus zu stellen», sagt Jris Bischof. Aus dieser Kampagne entstand auch das Projekt «Mentoring 50 plus», das vom Verein für Arbeitsmarktmassnahmen (VAM) durchgeführt wird und Stellensuchende bei ihrem Bewerbungsprozess begleitet.

Auch in den Gemeinden hat man das Problem erkannt. In der Stadt Zug zum Beispiel arbeite der Sozialdienst eng mir dem  GGZ@Work zusammen. Ein fachlich ausgebildetes Beratungsteam, das Stellensuchende bei der beruflichen Integration begleite, so Markus Jans. «Oft werden auch Praktikumseinsätze vermittelt, welche zu einer Anstellung führen können.»

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