Extremistenfamilie soll Geld aus Luzern erhalten

Sedel: Benefizkonzert für Terroristen

Im Sedel soll demnächst ein Benefizkonzert für griechische Extremisten stattfinden. (Bild: zvg)

Am Freitag findet im Luzerner Musikzentrum Sedel eine Veranstaltung für zwei der ehemals meistgesuchten griechischen Terroristen statt. Die Einnahmen sollen an die Familie der Extremisten fliessen.

Sie raubten Banken aus, liessen Autobomben vor Gerichten explodieren und verübten einen Anschlag mit einer Panzerfaust auf die US-Botschaft in Athen. Die Rede ist von der griechischen linksextremen Gruppe EA (Epanastatikos Agonas, Revolutionärer Kampf).

Jetzt soll im Luzerner Musikzentrum Sedel ein Benefizkonzert für den Gründer der EA stattfinden. Sein Name: Nikos Maziotis. Bis zu seiner Verhaftung 2014 galt er als der meistgesuchte Terrorist Griechenlands. Im Jahr 2010 wurde Maziotis schliesslich gefasst. Ein Griechisches Gericht verurteilte ihn später zu 50 Jahren Haft, wie der «Tages-Anzeiger» im Jahr 2014 berichtete.

Filmreifer Entführungsversuch

Gewidmet ist das Benefizkonzert obendrein der Partnerin von Nikos Maziotis, Pola Roupa. Auch sie führte einst die Untergrundorganisation und war damit die erste Frau an der Spitze einer griechischen Terrorgruppe.

In Griechenland sorgte Roupa im Jahr 2016 mit einer spektakulären Aktion für Aufsehen: In einem entführten Helikopter wollte sie Maziotis aus einem Höchstsicherheitsgefängnis in der Nähe von Athen befreien. Mit einer Waffe auf den Piloten zielend, forderte sie diesen auf, über das Gefängnis zu fliegen. Der Pilot weigerte sich, woraufhin Roupa zwei Schüsse abfeuerte, die den Piloten nicht getroffen haben. Dem Piloten gelang die Landung, Roupa ergriff die Flucht. Erst ein Jahr später nahmen griechische Anti-Terror-Einheiten sie fest, wie der «Blick» damals berichtete.

Über den Veranstalter ist so gut wie nichts bekannt

Auf der Webseite des Musikzentrums Sedel gibt es kaum Informationen zur anstehenden Veranstaltung. Der Eintrittspreis ist nicht bekannt, kein Vorverkauf verlinkt. Auch über den Veranstalter «Free Conscience/free society» ist wenig bekannt. Woher sie kommen und welchen Bezug diese zu den Griechen oder der Region Luzern haben, teilen die Veranstalter auf Anfrage von zentralplus nicht mit. «Wir sind eine Gruppe von Menschen, die politische Gefangene in Griechenland und gegen ihre ungerechten Haftbedingungen verteidigen», schreiben die Veranstalter knapp.

Die US-Botschaft in Athen wurde im Jahr 2007 Ziel eines Anschlages der EA. (Bild: Wikipedia Commons/ChristosV)

Gelder aus dem Sedel sollen krankes Familienmitglied finanziell entlasten

Weiter teilen die Ausrichter mit, dass die Erlöse aus dem Konzert für ein bereits lanciertes Fundraising eingesetzt würden. Das Geld soll insbesondere der «Behandlung schwerwiegender Gesundheitsprobleme» eines Familienmitglieds von Roupa und Maziotis dienen, welches das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn innehabe. 3000 Franken seien notwendig, um die «unmittelbaren finanziellen Schwierigkeiten der Familie zu überwinden».

«Die Stadt Luzern erwartet von den subventionierten Betrieben Sensibilität und Weitsicht in der Programmation und Vergabe von Veranstaltungen.»

Letizia A. Ineichen, Leiterin Kultur und Sport der Stadt Luzern

Sowohl die Europäische Union als auch die USA setzten die EA nach dem Anschlag auf die US-Botschaft im Jahr 2007 auf die Liste terroristischer Organisationen, wie die «Wochenzeitung» Jahre später berichtete.

Dass für die ehemaligen Anführer ein Anlass im Sedel stattfindet, ist gemäss Clubbetreiber Boris Rossi kein Problem. «Der Sedel ist politisch neutral und betreibt keine politische Zensur. Einzig Anlässe, die gegen unsere Grundsätze (kein Rassismus, kein Sexismus und grundsätzlich keine Diskriminierungen) verstossen, sind hier nicht erlaubt», schreibt er auf Anfrage. Der Sedel ist nicht der Veranstalter des Anlasses. Er stellt diesen lediglich die Räumlichkeiten zur Verfügung.

Stadt Luzern verurteilt extremistische Veranstaltungen

Das Gebäude der ehemalige Strafanstalt im Sedel gehört auch noch heute noch dem Kanton Luzern. Dieser vermietet das Gebäude an die Stadt Luzern. Diese wiederum unterstützt den Sedel regelmässig mit Geldern: Jährlich rund 140'000 Franken sind es. Auch andere Gemeinden unterstützen den Sedel mit insgesamt 30'000 Franken pro Jahr.

Wie beurteilt die Stadt Luzern als Mieterin die Veranstaltung? Auf Anfrage bekräftigt Letizia A. Ineichen, Leiterin Kultur und Sport der Stadt Luzern, dass das Programm grundsätzlich Sache des Veranstalters sei. Die Stadt Luzern habe keine Kenntnis von der geplanten Benefizveranstaltung gehabt. Ineichen gibt gleichwohl folgende grundsätzliche Erklärung ab: «Die Stadt Luzern verurteilt jegliche Formen von sexistischen, rassistischen und extremistischen Veranstaltungen und erwartet von den subventionierten Betrieben Sensibilität und Weitsicht in der Programmation und Vergabe von Veranstaltungen.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit der Medienstelle der Stadt Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Boris Rossi, Clubbetreiber Sedel
  • Schriftlicher Austausch mit den Veranstaltern «Free Conscience/free society»
  • Schriftlicher Austausch mit Letizia A. Ineichen, Leiterin Kultur und Sport der Stadt Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit dem Bildungs- und Kulturdepartement Kanton Luzern
  • Fundraising-Website
  • Artikel im «Blick»
  • Artikel im «Tages-Anzeiger»
  • Artikel in der «Wochezeitung»
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