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Die Uni Luzern als Vorbild

Warum ich dem Bundesrat Social Credit Points empfehle

Wie wäre es mit Social Credit Points statt Social Media? (Bild: Pexels)

Wir leben in unserer Bubble und streiten auf Social Media. Wie dem durch eine Eigenheit der Uni Luzern Abhilfe geschaffen werden könnte, überlegt sich unsere Campus-Bloggerin. Ein Tagtraum.

Nera ist loyal, motiviert und höflich; ihre Hobbys sind Schwimmen und Pinkeln. Die Leserin ahnt es bereits: Nera ist ein Hund. Sie gehört der Kollegin meiner Kollegin und ist gut erzogen. Und wenn Nera etwas richtig Tolles macht oder sonst einfach schön «folgt», dann kriegt sie ein Leckerli.

Social Credits an der Uni Luzern

So weit, so gut. An der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät KSF der Uni Luzern sind wir Studierenden Nera und das Leckerli heisst «Social Credit Points». Wenn wir unsere Sozialkompetenz mit Bezug zur Uni erweitern, beispielsweise mit der Unterstützung von neuen Studierenden, erhalten wir Social Credit Points. Und erst wenn wir diese Points haben, können wir das Studium abschliessen.

Zum Sozialen genötigt?

Jetzt kann man das als erzwungene Solidarität auffassen. Als Sek-I-Lehrerin habe ich diese Erfahrung auch schon gemacht: So bald ich mit Belohnungen arbeitete, kamen einzelne Schüler mit: «Siiie, ich ha d Wandtafele putzt, chumich ich jetzt e Belohnig uber?» – «Sie, ich ha Sie doch so fründlich grüesst, chumich nid e Belohnig uber?» – «Und d Händ hani nachem Bisle ai gwäsche, isch das Ihne nid e Belohnig wärt?!»

Von der Fakultät über das Parlament zur Gesellschaft

Aber – und darauf möchte ich hinaus: obligatorische Solidarität kann auch zu Erfahrungen und Begegnungen führen, die man ohne die Verpflichtung dazu gar nicht gemacht hätte. Und ebendiese Erfahrungen und Begegnungen würde ich mir nicht nur an der Uni Luzern, sondern auch in der Gesellschaft allgemein wünschen.

Deshalb mein Vorschlag an den Bundesrat und an das Parlament: Alle Menschen, die in der Schweiz leben, müssen pro Jahr zwei Social Credit Points erwerben – das bedeutet 50 bis 60 Stunden Einsatz für das Gemeinwohl. Von dieser Pflicht kann man sich nicht befreien, vor allem nicht mit Geld. Die Einsätze könnten von Theateraufführungen im Altersheim bis hin zur Unterstützung von Bergbäuerinnen, von der Fremdkindbetreuung bis hin zur Organisation von multikulturellen Veloflickgruppen reichen.

Wie schön wäre es …

Was ich mir davon erhoffe: Mehr Begegnungen ausserhalb der eigenen Bubble, weniger Gräben zwischen Stadt und Land, Alt und Jung, Handwerkerinnen und Studenten und eine Gesellschaft als Gemeinschaft, die von allen getragen wird.

Des Weiteren wünsche ich mir mehr Wertschätzung für die Freiwilligenarbeit in Vereinen oder bei der Pflege von Angehörigen, die bereits heute stattfindet. Positiver Nebeneffekt: Wir hätten dadurch weniger Zeit, Auseinandersetzungen auf diesen verfluchten asozialen sozialen Medien auszutragen.

Und ja, ich sehe sie schon, die Vorwürfe von «ideologischem Geschwurbel», der unmöglichen Umsetzbarkeit und der potenziellen Gefahr von «Social-Credit-Point-Schmarotzern». Aber in einer Zeit, in der die Tage immer dunkler werden und der Nebel immer dichter wird, wird frau ja wohl noch träumen dürfen.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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