Universität Luzern unter Druck

Judaistik-Professur nur für Katholiken: Das sind die Hintergründe

Margit Wasmaier-Sailer leitet seit August 2023 die Theologische Fakultät der Universität Luzern. (Bild: zvg)

Für eine Judaistik-Professur sucht die Universität Luzern explizit nach Katholiken. Die Dekanin der Theologischen Fakultät sagt, dafür gebe es gute Gründe. Und weist Kritik von sich.

Auf dem Fundament der jüdisch-christlichen Tradition wird an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern geforscht und gelehrt. So steht es in der Einleitung eines aktuellen Stellenbeschriebs. Gesucht wird eine Person für eine ordentliche Professur in Judaistik und Theologie mit 75 Stellenprozent. Unter anderem soll sie Judaistik unterrichten und das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung (IJCF) leiten.

An die Bewerber stellt die Universität hohe Anforderungen. Eine Habilitation und Promotion, eine Verankerung im jüdisch-christlichen Dialog und Erfahrung, Drittmittel zu besorgen. Ausserdem muss die Bewerberin katholisch sein und ein kanonisches Doktorat haben. Das Jüdisch-Christliche Institut darf nur ein Katholik leiten?

Kritik von verschiedenen Seiten

Dass der Stellenbeschrieb exklusiv für Katholiken gilt, ist auch der jüdischen Zeitung «Tachles» aufgefallen. In einem Artikel vergangene Woche schreibt sie, die Ausschreibung «in ihrer jetzigen Form» schliesse Menschen jüdischen Glaubens im Bewerbungsverfahren aus.

Gegenüber «Tachles» kritisiert diesen Ausschluss auch Martine Brunschwig, die Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR). «Die EKR ist erstaunt über diese besonders enge Anforderung an die römisch-katholische Konfession für die ausgeschriebene Stelle, zumal diese auf die jüdische Kultur ausgerichtet ist. Wir fragen uns daher, warum Personen jüdischen Glaubens in diesem Zusammenhang ausgeschlossen werden.»

Auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund bezeichnet die konfessionelle Einschränkung «auf den ersten Blick» als «fragwürdig», schreibt der «Blick». Die Leitung wolle sich aber kein abschliessendes Urteil erlauben und mit der Fakultät erst in Verbindung treten. Selbst eine vom «Blick» angefragte Fachanwältin für Arbeitsrecht hält es für «problematisch», für die Judaistik-Professur eine katholische Konfession zu verlangen.

Kirchenrechtliche Gründe

Doch es gibt verschiedene Erklärungen, warum die Universität nur nach Katholiken sucht. Sowohl kirchenrechtliche als auch fachliche Gründe seien verantwortlich, erklärt Margit Wasmaier-Sailer, die neue Dekanin der Theologischen Fakultät, gegenüber zentralplus: «Eine katholisch-theologische Fakultät bewegt sich nicht nur im Rahmen des kantonalen Rechts, sondern auch im Rahmen des kirchlichen Rechts.» Konkret gehe es um die Apostolische Konstitution «Veritatis Gaudium».

Das Regelwerk wurde 2017 von Papst Franziskus erlassen und besagt im Wortlaut: «In der Theologischen Fakultät und in der Kirchenrechtlichen Fakultät ist, wenn es sich um ein theologisches oder ein mit einem solchen verbundenes Fach handelt, ein kanonisches Doktorat notwendig; andernfalls ist in der Regel mindestens das kanonische Lizentiat erforderlich.» Da an der Universität Luzern Judaistik ein Pflichtfach im Theologiestudium sei, gelte «Veritatis Gaudium» auch für die Judaistik-Professur, erklärt Margit Wasmaier-Sailer.

«Es geht bei dieser Professur also ganz wesentlich um einen christlichen Beitrag im Dialog mit Jüdinnen und Juden.»

Margit Wasmaier-Sailer, Dekanin der Theologischen Fakultät

Ausserdem brauche man für die Berufung an einer katholisch-theologischen Fakultät das Nihil obstat aus Rom, ergänzt die Dekanin. «Beim Nihil obstat handelt es sich um eine Erklärung, dass hinsichtlich der Berufung aus katholischer Sicht keine Bedenken bestehen.» Es wird vom zuständigen Bischof eingeholt.

Ein christlicher Beitrag zum jüdisch-christlichen Dialog

Neben den kirchenrechtlichen, gäbe es aber auch fachliche Gründe, nur katholische Bewerber zu suchen, sagt Wasmaier-Sailer. Denn neben der Leitung des IJCF soll die künftige Professorin auch im Zentrum für Theologie und Philosophie der Religionen mitarbeiten. «Es geht bei dieser Professur also ganz wesentlich um einen christlichen Beitrag im Dialog mit Jüdinnen und Juden – hierzu gehört selbstverständlich auch das Engagement in entsprechenden kirchlichen Kommissionen und katholischen Delegationen.»

Die Universität Luzern gelte als «Vorreiterin im jüdisch-christlichen Dialog», betont die Dekanin. Es gebe bereits seit vielen Jahren jüdische Lehrbeauftragte an der Fakultät und regelmässige Besuche von jüdischen Gastprofessoren. Denn die Anforderung, für eine Tätigkeit an der Fakultät katholisch zu sein, gilt nur für Professoren.

«Die Ausschreibungskriterien müssen aus Gründen der Fairness und Transparenz bereits in der Rekrutierungsphase genannt werden.»

Margit Wasmaier-Sailer

Dass bei der Ausschreibung für die Professur etwas schiefgelaufen sei, weist die Dekanin von sich. Der Schwerpunkt der Stelle sei innerhalb der Universität demokratisch und über mehrere Instanzen entschieden worden.

Auch vom Vorschlag der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus ist sie nicht überzeugt. Diese hatte gegenüber «Tachles» vorgeschlagen, die Universität Luzern solle prüfen, ob in einer Rekrutierungsphase eine konfessionelle Einschränkung erwähnt werden muss. Gegenüber zentralplus entgegnet Margit Wasmaier-Sailer: «Die Ausschreibungskriterien müssen aus Gründen der Fairness und Transparenz bereits in der Rekrutierungsphase genannt werden.» Die Ausschreibung läuft noch bis zum 31. August.

Verwendete Quellen
  • Stellenbeschrieb der Universität Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Margit Wasmaier-Sailer, Dekanin der Theologischen Fakultät d. Universität Luzern
  • Artikel im «Tachles»
  • Eintrag in Kathpedia zu «Veritatis Gaudium»
  • Artikel im «Blick»
  • Beitrag im SRF
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