Stiftungslandschaft Zentralschweiz

Zwischen Wohltätigkeit und Steuererleichterung

Während die Kapitalgeber oft im Hintergrund bleiben, werden transparente Arbeitsstrukturen in der Geschäftsführung gemeinnütziger Stiftungen immer wichtiger. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Gemeinnützige Stiftungen boomen. In der Zentralschweiz steigen die Gründungszahlen seit Jahren und damit stellen sich Fragen zu dieser Entwicklung. Wie viel Geld wird jährlich ausgeschüttet und welche Rolle spielt die Steuerbefreiung dabei?

Seit Jahren nimmt in der Zentralschweiz die Zahl gemeinnütziger Stiftungen zu. Alleine 2013 wurden 46 neue gegründet. Der Kanton Zug gehört mit einer Stiftungsdichte von knapp 22 Stiftungen pro 10’000 Einwohner zu den stiftungsreichsten Kantonen des Landes. Luzern bewegt sich mit einer Dichte von 13 Stiftungen im Mittelfeld. In den beiden Innerschweizer-Kantonen sind momentan über 750 gemeinnützige Stiftungen aktiv.

Die Gründe für diese Zunahme sieht Daniel Krähenbühl, Leiter der Organisation «Stiftung und Nachhaltigkeit» und Initiant des Innerschweizer Stiftungstages, einerseits in der zunehmenden Wirtschaftskraft der Zentralschweiz und andererseits auch in den demographischen Veränderungsprozessen. «Viele wohlhabende Leute verbringen ihren Lebensabend in der Innerschweiz, und solche, die keine direkten Nachkommen haben, setzen ihr Kapital gerne für philanthropische Zwecke ein.»

Die inaktiven Stiftungen

Rund ein Viertel der befragten Stiftungen hat angegeben, mehr als 2,5 Millionen Franken pro Jahr für ihre Projekte auszugeben. Bei 46 Prozent sind es dagegen weniger als 50’000 Franken pro Jahr. Dies ergab eine neue Studie der Hochschule Luzern – Wirtschaft, die zum ersten Mal überhaupt konkrete Zahlen zur Zentralschweizer Stiftungslandschaft liefert. Rund 132 Stiftungen beteiligten sich an der Befragung.

«Die Steuererleichterung hat für die Gründung einer Stiftung in der Regel nur geringe Bedeutung.»
Daniel Krähenbühl, Leiter der Organisation «Stiftung und Nachhaltigkeit»

Tätig sind die regionalen Stiftungen hauptsächlich im sozialen Bereich (35 Prozent). In der Kultur und Erholung (21 Prozent) und in der Bildung und Forschung (20 Prozent). Bekannt in Luzern ist zum Beispiel die «Albert Koechlin Stiftung», die sich als Förderin der Universität einsetzt. Oder die Stiftung «Bourbaki Panorama», der es darum geht, das historische Rundbild zu erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Stiftungen zahlen keine Steuern

Aber nicht alle Stiftungen schütten jedes Jahr aktiv Kapital für ihre Projekte aus. Rund 13 Prozent bezeichneten sich als «eher inaktiv». Im Gegensatz zu Stiftungen in den USA oder Deutschland existiert in der Schweiz keine gesetzliche Pflicht zur Ausschüttung eines bestimmten Betrags. Gemeinnützige Stiftungen profitieren hierzulande grundsätzlich von einer eher liberalen Gesetzgebung.

Sie bezahlen von Gesetzes wegen keine Steuern und im Rahmen ihrer Tätigkeit dürfen auch steuerbefreite Erträge, Kapitalerträge zum Beispiel, erwirtschaftet werden. Gerade eine inaktive Stiftung steht so schnell im Verdacht, die Steuerbefreiung über den wohltätigen Zweck zu stellen. «Die Steuererleichterung hat für die Gründung einer Stiftung in der Regel nur geringe Bedeutung. Schliesslich fliessen ja beträchtliche Summen in die Stiftung, viel mehr, als dass man Steuern sparen würde», sagt Daniel Krähenbühl.

Christoph Buerkli, Professor am Institut für Betriebs- und Regionalökonomie der Hochschule Luzern – Wirtschaft, sieht die Gründe der Inaktivität von Stiftungen eher darin, dass der rechtlich fixierte Stiftungszweck nicht mehr auf die heutigen Gegebenheiten passt und es teilweise schwierig ist, diesem Zweck entsprechende Projekte zu finden. «Weil Stiftungen zudem der Aufsicht Rechenschaft schuldig sind und grundsätzlich nicht über eine längere Frist inaktiv sein dürfen, glaube ich persönlich kaum, dass Stiftungen missbraucht werden, um Gelder steuergünstig zu parkieren.»

Problem mit der Mittelbeschaffung

Verantwortliches Aufsichtsorgan für gemeinnützige Stiftungen in den Kantonen Luzern und Zug ist die Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht (ZBSA). Ihre gesetzlichen Auflagen verlangen es, dass gemeinnützige Stiftungen jedes Jahr Rechenschaft ablegen und unter anderem den Revisions- und den Geschäftsbericht einreichen. Die ZBSA prüft basierend auf diesen Dokumenten die Geschäftsführung und Vermögensanlage der Stiftungen und verfügt wenn nötig Massnahmen zur Behebung von Mängeln. Zum Beispiel wenn eine Stiftung ihrem statuarischen Zweck nicht mehr nachkommt.

«Organisationen, die in der Öffentlichkeit Spenden sammeln, sollen auch öffentlich Rechenschaft über deren Verwendung ablegen.»
Martina Ziegerer, Geschäftsleiterin der ZEWO

Gemäss erwähnter Studie, bleibt das grösste Sorgenkind der Zentralschweizer-Stiftungen jedoch die Mittelbeschaffung. «Geld für die Erfüllung des Stiftungszwecks zu finden, ist im Allgemeinen anspruchsvoller geworden, deshalb müssen Stiftungen auch zusehends professioneller aufgestellt sein», sagt Daniel Krähenbühl. Viele beschäftigen heute deshalb bezahlte Mitarbeiter, über 43 Prozent in der Zentralschweiz, und verfügen neben dem Stiftungsrat über eine eigene Geschäftsführung. Bei gemeinnützig aktiven Stiftungen, die auf Spendengelder angewiesen sind, wirken sich professionelle Strukturen positiv auf die öffentliche Wahrnehmung aus und helfen, die nötige Transparenz zu gewährleisten.        

«Unserer Ansicht nach sollten Organisationen, die in der Öffentlichkeit Spenden sammeln, auch öffentlich Rechenschaft über deren Verwendung ablegen», sagt Martina Ziegerer, Geschäftsleiterin der Schweizerischen Zertifizierungsstelle für gemeinnützige, Spenden sammelnde Organisationen (ZEWO). Transparenz sei wichtig für die Vertrauensbildung und werde für gemeinnützige Organisationen, die in der Öffentlichkeit Spenden sammeln, auch in Zukunft einen hohen Stellenwert haben. Daran werden sich auch die zahlreichen neuen Stiftungen in der Zentralschweiz orientieren müssen.

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