Eine Schweizer Studentin mitten im Corona-Gebiet

Zugerin in Mailand: «Mir wäre es fast lieber, die Schweiz würde ihre Grenzen schliessen»

Dominique Rüedi studiert derzeit in Mailand. (Bild: zvg)

Wie ist es eigentlich, mitten im Corona-Gebiet zu leben? Die Zuger Studentin Dominique Rüedi erlebt die Situation als Studentin in Mailand am eigenen Leibe. Inklusive leeren Supermarktregalen und sehr besorgten Eltern.

Während das Corona-Virus für uns noch einigermassen fern scheint, befindet sich Norditalien im Ausnahmezustand. Gebiete werden abgesperrt, Läden sind zu, Fussballspiele sind abgesagt, Arbeitskräfte machen Homeoffice. Auch Dominique Rüedi bekommt die Auswirkungen des grassierenden Virus in ihrem Alltag zu spüren. Die Zugerin macht an der Bocconi-Universität in Milano ihren MBA-Abschluss und lebt seit vergangenem August dort.

«Bis am Freitag hatten wir normalen Unterricht. Samstagnacht wurden wir dann per Mail informiert, dass der Unterricht an der Universität ausfalle», so Rüedi.

Das sei kein Einzelfall. «Auch viele Arbeitgeber haben angeordnet, dass ihre Mitarbeiter zuhause bleiben und wenn möglich Homeoffice machen. Dies, um den öffentlichen Verkehr zu meiden.» So bleibe etwa auch Rüedis Mitbewohnerin zuhause.

Leere U-Bahnen fahren derzeit durch den Mailänder Untergrund. (Bild: zvg)

Auch die Zugerin hat weiterhin Unterricht – via Internet. «Das funktioniert ziemlich gut. Wir scheinen jedoch die einzige Klasse zu sein, die noch Lektionen hat. Die anderen sind fast neidisch», sagt sie schmunzelnd. «Dafür sind wir schliesslich aus aller Welt hergereist. Ausserdem bleibt kaum Zeit, den Stoff später nachzuholen.»

Kleinere Läden sind zu, Büchsen ausverkauft

Im Süden der Stadt seien die Auswirkungen der Epidemie zwar soweit überschaubar, sagt Rüedi. «Ich war gestern einmal draussen. Klar, die kleinen Läden sind alle geschlossen, die grossen Supermärkte jedoch haben geöffnet.» Sie habe dort alles gefunden, was sie brauche. «Ausser Büchsen. Es hat keine Büchsen mehr in den Regalen. Meine Freunde hier haben mir Fotos geschickt von Geschäften, in denen alles leergeräumt war. Apokalyptische Zustände beinah.»

In einigen Geschäften in Norditalien ist einkaufen schwierig geworden. (Bild: zvg)

Weil die Studierenden aufgrund der Lage nicht in Restaurants gehen wollen, treffe man sich nun am Abend jeweils bei jemand anderem, um gemeinsam zu kochen, erklärt Rüedi.

Problematisch sei es zudem, als Ausländerin an offizielle Informationen zu kommen. «Ich bin ständig mit der Schweiz in Kontakt und auch mit dem EDA. Der einzige italienische Kanal, den ich habe, ist die Universität. Wir ausländischen Studenten müssen also darauf vertrauen, dass wir dort umfassend informiert werden», sagt sie.

Weil man wegen des Virus nicht in den Restaurants essen will, treffen sich die Studenten vermehrt in den WGs zum Kochen. (Bild: zvg)

Die Hälfte der Studierenden sind schon weg

Viele ihrer Kommilitonen seien jedoch bereits abgereist. «Die Hälfte ist bereits weg, sie sind zu sich nach Hawaii oder Peru zurückgekehrt. Ein Kollege wurde gar von seiner Firma zurück nach Oslo zitiert», sagt die 29-Jährige. «Die Entspannteren unter uns sind nach Nizza in die Ferien gefahren», ergänzt sie und lacht.

«Doch auch meine Mutter möchte, dass ich heimreise; sie meldet sich beinahe stündlich.» So könne es also sein, dass Rüedi bereits am Dienstag im Zug sitze in Richtung Schweiz. Doch hat sie Bedenken, den öffentlichen Verkehr zu nutzen und sich am Milano Centrale in die Menschenmenge zu begeben.

Dienstagmorgen im Mailänder Geistertram. (Bild: zvg)

Sie selber sei zwar nicht allzu beunruhigt, da das Virus ältere Generationen schwerer treffe. «Doch will ich als mögliche Krankheitsträgerin in die Schweiz zurückkehren und dort meine Eltern und meine Grosseltern umarmen? Da wäre es mir fast lieber, die Schweiz würde ihre Grenzen ganz schliessen. Dann müsste ich die Diskussion über meine Rückreise nicht mehr führen», sagt sie. Ihr Studium in Mailand dauert grundsätzlich bis im Juni.

Ob baldige Abreise oder nicht: Bis 14 Uhr hat Rüedi am Dienstag noch Unterricht. «Das hat jetzt Vorrang», sagt sie am Telefon pragmatisch.

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