Knatsch um Kulturpolitik beigelegt

Zuger Stapi gibt Macht ab, gewinnt aber an Ansehen und Format

Gegner ausgekontert: Der Zuger Stapi Karl Kobelt (FDP) gibt eine gute Figur ab. (Bild: zvg)

Friede, Freude, Eierkuchen: In Zug wird ein Reglement zur Kulturförderung erarbeitet – so, wie es SVP und Grünliberale wollen. Aber das letzte Gefecht im eineinhalbjährigen Konflikt entscheidet der Zuger Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP) klar für sich. Als Gewinnerin geht die Kultur aus der Sache hervor.

Eine Motion der Grünliberalen und der SVP zur Schaffung eines Kulturreglements in Zug wurde am Dienstag im Grossen Gemeinderat unaufgeregt für erheblich erklärt. Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP), dessen Präsidialdepartement für die Kulturpolitik zuständig ist, versicherte, man werde einen Reglementsentwurf wenn möglich noch vor Ende 2021 vorlegen.

Vorausgegangen war ein langes Gerangel. Nachdem die städtische Kulturkommission im Sommer 2019 ein Atelierstipendium an ein eigenes Mitglied vergeben hatte (zentralplus berichtete), waren bei der städtischen Kulturstelle Mängel bei der Buchhaltung und der Corporate Governance zum Vorschein gekommen. Dies hat im vergangenen Jahr ein externer Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigt (zentralplus berichtete).

Stapi kann tun, was er will

Die SVP und GLP der Stadt Zug forderten darauf die Schaffung eines rechtsverbindlichen Kulturreglements. Bis heute kann der Stadtpräsident Kulturgelder bis 20'000 Franken vergeben, wie es ihm beliebt. Richtlinien und Leitfäden haben lediglich empfehlenden Charakter.

Stadtpräsident Karl Kobelt spielte indes auf Zeit – er wollte die Erarbeitung eines Reglements auf Jahre hinaus verschieben. Erst müsse eine neue Kulturstrategie erarbeitet werden, argumentierte er noch Ende 2020. Ausserdem stellte er in Frage, ob es überhaupt ein Reglement brauche. Das Stadtparlament liess sich diese Arbeitsverweigerung indes nicht bieten und verknurrte den Stapi dazu, innert drei Monaten einen Zwischenbericht zum Kulturreglement vorzulegen (zentralplus berichtete).

Steuer herumgerissen

Am Dienstag wurde offenbar, dass Kobelt die Zeit genützt hat, um hinter den Kulissen einen Burgfrieden zu vereinbaren. Die Opposition aus SVP und GLP gebärdete sich im Grossen Gemeinderat (GGR) ausgesprochen handzahm. Der Grünliberale Stefan W. Huber gab sich überzeugt, dass die Kulturpolitik der Stadt Zug künftig besser und gerechter sein werde, kritisierte am gefundenen Kompromiss indes einen «Schönheitsfehler». Gregor R. Bruhin, Präsident der SVP der Stadt Zug, hielt eine eigentliche Augustinerrede –  versöhnlich und sehr positiv.

Der Grund, warum SVP- und GLP-Vertreter so viel Kreide gegessen haben, liegt darin, dass der Stadtrat ihrer Forderung nach der Erarbeitung eines Kulturreglements nun bereitwillig zustimmt. Karl Kobelt, dessen Partei (die FDP) im Parlament stillhielt, sagte, man unterstütze das Anliegen der Motionäre: «Wir werden liefern.»

Zuger Kulturgipfel

Anfang Mai werde der Stadtrat alle Fraktionschefs zu einem Hearing zur Zuger Kulturpolitik einladen. «Dass für die Erarbeitung eines Kulturreglements vom Parlament die Einsetzung einer Spezialkommission gewünscht wird, haben wir ebenfalls zur Kenntnis genommen», so Kobelt. Ausserdem wird nun nicht mehr auf Zeit gespielt. Kobelt will einen Reglementsentwurf sobald wie möglich vorlegen.

Damit gibt der Zuger Stadtpräsident Kobelt ein Stück Gestaltungsspielraum ab, den seine Vorgänger – die Exekutivpolitiker Müller, Luchsinger, Romer, Kamer und Hegglin – noch ausgiebig für sich zu nutzen wussten. Der aber in einer Stadt, die stetig weiter wächst, ohnehin nicht bis in alle Ewigkeit zu halten ist.

Kobelt räumt auf

Doch Kobelt kann trotzdem sein Gesicht wahren und erscheint sogar am Ende als strahlender Held. Seinen Standpunkt, dass es vor der Erarbeitung eines rechtsverbindlichen Reglements eine neue Kulturstrategie brauche, kann er durchsetzen.

Ausserdem erscheint Kobelt, der lange die Verhältnisse und Mitarbeitenden in der Zuger Kulturstelle blindlings gegen alle Vorwürfe verteidigt hatte, nun als der Politiker, der die Missstände beseitigt hat.

Weder kann arbeiten

Die Geschäftprüfungskommission der Stadt Zug äusserte sich vor wenigen Tagen höchst zufrieden, wie die Stadt die Mängel, welche die Beratungsgesellschaft BDO festgestellt hatte, bereits aus der Welt geschafft hat oder damit befasst ist. «Der GGR wird zu diesem Geschäft keine Debatte mehr führen», verspricht GPK-Präsident Philip C. Brunner (SVP) in seinem Schlussbericht.

Eigentliche Gewinnerin der Affäre sind die Zuger Kultureinrichtungen und die Zuger Kulturschaffenden. Denn die Politik lässt Iris Weder, die neue Abteilungsleiterin für Kultur, arbeiten. Sie ist dabei, in Workshops eine neue Kulturstrategie zu erarbeiten und erhält dabei von vielen Seiten Zuspruch.

Verwunderung

Das Schlusswort in der Angelegenheit gebührt der CVP. Anders als FDP, SVP und GLP, die in den vergangenen Monat wegen dem Thema ordentlich miteinander gebalgt hatten – und anders auch als SP und ALG/CSP, die sich als möglichst kulturfreundlich darstellen –, war die Mittepartei unabhängige Beobachterin, gewissermassen ein Zaungast.

«Der Zwischenbericht des Stadtrats ist für uns nicht zufriedensstellend», sagte CVP-Fraktionschef Christoph Iten. Der Auftrag der Motion an den Stadtrat sei es doch eigentlich gewesen, ein Kulturreglement zu erarbeiten, fand er. Man habe mindestens erwartet, dass nun endlich dargelegt werde, in welche Richtung es gehe. Das verhaltene Auftreten von SVP und GLP überraschte Iten. «Ich habe den Eindruck, dass hier ein Schlungg gedreht wurde». Doch man wolle «konstruktiv bleiben» – zum Wohle der Stadt Zug und des kulturellen Lebens.

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