«Universität» im Streit mit Medien und dem Seco

Zuger Schule betreibt Journalistin über eine Million

Nach der Berichterstattung über die «Academy» ABMS gehen die Wogen hoch. Und das nicht nur bei zentralplus.

(Bild: Montage wia)

Wir berichteten vor einigen Monaten über die «ABMS», eine selbsternannte Zuger Universität. Als Folge davon läuft eine Strafanzeige gegen unsere Autorin, ausserdem gelangte die Schule an den Schweizer Presserat. Doch nicht nur zentralplus soll von einer kritischen Berichterstattung abgehalten werden. Von einer anderen Journalistin fordert die Schule eine Million Franken Schadensersatz.

Vor vier Monaten berichtete zentralplus über fragwürdige Universitäten in Zug und darüber, weshalb der Staat nicht eingreift. Bei den als kritisch beleuchteten Anbietern fiel unter anderem der Name ABMS, eine Akademie aus Baar, die sich selbst als «The Open University of Switzerland» bezeichnet. Der «Beobachter» unterzog die Schule zuvor einem Selbstversuch. Die ABMS bietet, so ist es in ihrem Werbevideo zu hören, die Möglichkeit, alle Programme in einem Studienjahr zu beenden.

Die Reaktion auf den Artikel liess nicht lange auf sich warten. Dieser sei inhaltlich falsch, beleidigend und rufschädigend, befand der Anwalt der ABMS. Er forderte, dass der Artikel innerhalb der nächsten zwölf Stunden zu löschen sei. Konkret wurde zentralplus vorgeworfen, einen «krassen Verstoss» gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) getätigt zu haben. Ausserdem habe sich die Autorin im Artikel ehrverletzend geäussert und sich damit namentlich der üblen Nachrede und der Verleumdung schuldig gemacht.

Folgeartikel ja, aber kein Gefälligkeitsinterview

Da die Schule nicht in ausreichender Form zu den Vorwürfen Stellung nehmen konnte, einigten wir uns auf ein Interview mit dem Schulleiter als Folgeartikel. Wir waren überzeugt, unseren Lesern durch kritische, aber faire Fragen einen guten Einblick in das Geschäftsmodell des umstrittenen Unternehmens geben zu können. Die zugestellten Fragen, die Basis für das Interview sein sollten, wurden von der Schule massiv überarbeitet, kritische Passagen entschärft und zahlreiche Fragen ganz gestrichen. Dies, weil unsere Fragen nach Ansicht der Rechtsvertretung tendenziös und negativ gefärbt seien. Ausserdem zeugten sie «von einem Unwissen über die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer akademischen Ausbildung durch private Anbieter», schreibt der Anwalt der ABMS.

Eine Einigung scheiterte. Ein Gefälligkeitsinterview kommt für zentralplus nicht infrage.

Presseratsbeschwerde und Strafanzeige gegen Journalistin

Als Folge davon gelangte die ABMS mit einer Beschwerde an den Presserat. Zudem leitete das Unternehmen eine Strafanzeige bei der Luzerner Staatsanwaltschaft ein. Diese richtete sich nicht gegen zentralplus, sondern gegen die Autorin des Artikels selbst. Von dieser Tatsache erfuhr die Autorin kurz vor Weihnachten, am 23. Dezember 2016, durch einen Anruf der Luzerner Polizei.

Doch zentralplus ist nicht das einzige Medium, gegen welches die ABMS rechtlich vorgegangen ist. Auch gegen die Journalistin des «Beobachter», welche den oben genannten Text verfasst hatte, wurde Strafanzeige eingereicht. Ähnlich wie im Fall von zentralplus reichte die ABMS zudem beim Presserat Beschwerde gegen den «Beobachter» ein.

Seco reicht Strafanzeige gegen die ABMS ein

Damit jedoch nicht genug der Klagen. Die «Beobachter»-Journalistin erhielt Anfang Januar einen Zahlungsbefehl über eine Million Franken. Dies wegen «Persönlichkeitsverletzung, als Ersatz für Umsatzeinbussen, Reputationsschaden und als Schadenersatz für den Verlust von Akkreditierungen». Die betroffene Journalistin hat denn auch gleich reagiert. «Ich habe Rechtsvorschlag erhoben», erklärt sie auf Anfrage. Damit wurde die gegen sie vorliegende Betreibung gestoppt.

Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass es der Schule tatsächlich um Geld geht, zu abstrus ist eine solche Forderung gegen eine Journalistin.

Viel eher als um Geld dürfte es der ABMS um Einschüchterung gehen. Denn eine negative Reputation im Netz dürfte den einen oder anderen Interessenten abschrecken. Es reicht, die Schulen zusammen mit den Begriffen «Bewertung» oder «Scheinuniversität» zu googeln. Nur so lassen sich die hohe Auslagen und Anwaltskosten erklären, welche die Universität gegen Medien in die Hand nimmt. Was bei den verklagten Medien wiederum ebenfalls zu hohen Kosten führt.

«Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die ABMS mit ihren rechtlichen Vorstössen Erfolg haben wird.»

Paul Richli, ehemaliger Dekan und Rechtsprofessor der Universität Luzern

Dass die ABMS besagte Rechtsschritte als Mittel der Einschüchterung nutzt, hält auch Paul Richli, emeritierter Rechtsprofessor der Universität Luzern, für wahrscheinlich. «Diese Vermutung liegt nahe. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die ABMS mit ihren rechtlichen Vorstössen Erfolg haben wird.»

Mittlerweile hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) seinerseits einen Strafantrag gegen die ABMS GmbH eingereicht. Dabei gehe es, so bestätigt uns die Zuger Staatsanwaltschaft, um unlauteren Wettbewerb. Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. Sämtliche Verfahren sind derzeit noch hängig.

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