Nach Entscheid zur Grabenstrasse

Zuger Innenstadt: Bei der Tempo-Frage soll aufs Gas gedrückt werden

Ein bekanntes Bild: Stau in der Bahnhofstrasse in Zug. (Bild: bic)

Die Temporegime in der Zuger Innenstadt müssen neu gedacht werden. Nicht zuletzt deshalb, weil der Verkehr in der Innenstadt in den nächsten Jahren kaum abnehmen wird – trotz der neuen Tangente zwischen Zug und Baar.

Das Strassennetz der Zuger Innenstadt ist im Prinzip eine grosse Theaterbühne. Regelmässig werden hier kleinere und grössere politische Dramen aufgeführt – man denke dabei nur schon an das tragisch-komische Scheitern des Stadttunnels.

Auch erheiternde Kammerspiele, wie die Idee einer autofreien Innenstadt, werden hier geschrieben (zentralplus berichtete). Zuletzt aber unterhielt der monumentale Opernzyklus um das Tempo-30-Regime auf der Grabenstrasse die Bürger der Kolinstadt.

Seit Mitte März ist es nun eine Tatsache, dass auf der Grabenstrassse Tempo 30 gilt (zentralplus berichtete). Was bereits früher klar war: Herrscht auf der Grabenstrasse Tempo 30, muss auch das Temporegime auf den Abschnitten der angrenzenden Nebenstrassen, wie der Sankt-Oswalds-Gasse oder der Neugasse, überdacht werden, wo teilweise weiterhin Tempo 50 gilt.

Lösungsvorschläge bis im Sommer

Im Lichte der neuen Realität auf der Grabenstrasse wolle das Departement Soziales, Umwelt und Sicherheit «proaktiv vorwärtsmachen», sagt dessen Vorsteher Urs Raschle auf Anfrage. «Wir wollen nun mit den Kollegen vom Tiefbauamt abklären, wo welches Temporegime Sinn ergibt – sei das nun eine Tempo-30-Strecke, eine 30er-Zone oder eine Begegnungszone mit Tempo 20.» Je nach Lösung müssten unterschiedliche bauliche Massnahmen an den Strassenabschnitten ins Auge gefasst werden, so Raschle weiter.

Die notwendigen Abklärungen sollen nun zügig getroffen werden: «Wir wollen die Erkenntnisse möglichst bald in den Stadtrat tragen können», stellt Raschle in Aussicht. Das soll noch vor der Sommerpause der Fall sein – dies auch im Wissen, dass es bis zu einer Umsetzung lange dauern könnte. Da bereits Studien zu verschiedenen Temporegimes in den genannten Strassenabschnitten bestehen, sei dieser Zeithorizont realistisch.

An diesen Stellen in der Zuger Innenstadt wurden Tempo-30-Schilder montiert:

Was wurde der Bevölkerung versprochen?

Im Zusammenhang mit der Verkehrssituation in der Zuger Innenstadt gilt es auch die Tangente Zug/Baar zu erwähnen. Diese soll bekanntlich im Sommer eröffnet werden (zentralplus berichtete). Am Dienstagabend beriet der Grosse Gemeinderat der Stadt Zug einen Vorstoss zur Tangente, der bereits im September 2019 eingereicht wurde und flankierende Massnahmen zur Tangente verlangt (zentralplus berichtete). Der Vorstoss wurde letztlich als erledigt abgeschrieben.

Spannend bleibt jedoch jener Teil des Postulates, der sich mit der Zuger Innenstadt befasste. Gemäss dem Postulat wurde der Zuger Bevölkerung im Jahr 2009, vor der Abstimmung zur Tangente, versprochen, dass die Stadt Zug mit der Tangente von einer «grossen Verkehrsreduktion» profitieren werde. So sollten etwa 30 Prozent weniger Autos via Ägeristrasse durch Zug fahren.

In seiner Stellungnahme zum Postulat widerspricht der Zuger Stadtrat jedoch und schreibt: «Im Text der Abstimmungsbroschüre wurde nur eine Entlastungswirkung für ‹Baar und weite Teile von Zug Nord› genannt. Eine Entlastung des Zuger Zentrums wurde nicht explizit in Aussicht gestellt und somit der Zuger Bevölkerung nichts Konkretes versprochen.»

Alles Ansichtssache

Die genaue Aussage der Abstimmungsbroschüre scheint Ansichtssache zu sein. Den immer noch online aufgeschalteten Erläuterungen des Regierungsrates zur Abstimmungsvorlage ist jedenfalls zu entnehmen, dass man 39 Prozent weniger Fahrten auf der Ägeristrasse in Zug und eine Halbierung der Frequenzen auf der Achse Baarerstrasse–Zugerstrasse erwartet. «Die Tangente Zug/Baar bewirkt folglich massive Verkehrsabnahmen auf dem bestehenden Strassennetz, wovon nicht zuletzt der öffentliche Busverkehr profitieren wird», heisst es im Pro-Argumentarium dazu.

Die offizielle Projektwebseite zur Tangente bleibt derweil durchaus optimistisch, was eine Entlastung der Innenstadt betrifft. So fällt die Innenstadt ganz klar in jenen Perimeter des Projekts, der eine entastende Wirkung der Tangente spüren soll, wie die dort aufgeschaltete Grafik zeigt:

Tatsache ist auch, dass in den vergangenen Jahren wiederholt eine Wirkung der Tangente auf das Stadtzentrum propagiert wurde. 2017 sagte der damalige Vorsteher des städtischen Baudepartements, André Wicki, gegenüber dem SRF Regionaljournal Folgendes aus: «Wir rechnen mit 30 bis 40 Prozent weniger Verkehr am Kolinplatz im Zentrum der Stadt Zug.»

Genaue Wirkung bleibt abzuwarten

2021 sieht man es jedenfalls wieder etwas anders. In der Stellungnahme zum oben erwähnten Postulat verweist der Stadtrat auch auf eine neue Analyse des Zuger Verkehrsplanungsbüros «Team:Verkehr». Dieses geht nicht davon aus, dass sich die Tangente wesentlich auf das Verkehrsaufkommen in der Zuger Innenstadt auswirken wird.

Sicherheitsvorsteher Raschle stellt die Analyse nicht grundsätzlich in Frage, ist aber dennoch zuversichtlich, dass die Tangente einen positiven Effekt für die Innenstadt generieren kann. «Die genauen Auswirkungen der Tangente Zug/Baar auf die Verkehrsflüsse innerhalb der Stadt bleiben, bis zur Eröffnung der Tangente, nicht abschliessend vorhersehbar», so Raschle.

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