Rohes Fleisch, Knochen und kaputte Handys

Zuger Fotograf: «Die Bilder sollen etwas erschrecken, aber nicht schocken»

Weder an politischen Werken noch an seiner eigenen Biografie interessiert: der Zuger Fotograf Evgeny Nuzhaev. (Bild: cbu)

Der in Zug lebende Fotograf Evgeny Nuzhaev kreiert in seinen Bildern Kontraste zwischen Pop und morbidem Kitsch. An der diesjährigen Ausgabe des Genuss-Film-Festivals in Zug werden seine Bilder zu sehen sein. zentralplus hat ihn zu einem Gespräch getroffen.

Seine Bilder sind schräg, bisweilen skurril und ein wenig makaber. In seiner Fotoreihe «Little Horrors» stellte der Zuger Fotograf Evgeny Nuzhaev beispielsweise die Evolution dar. Pflanzen, Knochen und Teer als Sinnbilder der Urzeit, verhüllte Gestalten als Darstellung von menschlichem Götterglauben. «Die Bilder sollen etwas erschrecken, aber nicht schocken», sagt Nuzhaev.

Der 1987 in Saratow, Russland, geborene Nuzhaev kam im Alter von 11 Jahren mit seiner Mutter in die Schweiz. Aufgewachsen ist er im Kanton Zug. Zu seiner russischen Heimat hat er heute keinen grossen Bezug, wie er zentralplus erzählt. «Ausser zum russischen Essen», sagt er und lacht. Er fügt an: «Ich fühle mich ganz als Schweizer.» Heute lebt er in Rotkreuz, wo er sein Atelier hat. Die Liebe zur Fotografie entwickelte sich vor rund 10 Jahren. Professionell betreibe er die Arbeit seit rund 7 Jahren.

Nuzhaev reizt der Kontrast von knalligen Farben mit abstrakten Sujets. (Bild: Evgeny Nuzhaev)

Anreiz durch Technik

Den Anreiz für seine Arbeiten findet der Autodidakt in der Technik selbst. «Ich will neue Techniken erforschen. Statik, Bewegung, das Spiel mit Licht und Schatten und wie sich Objekte unter diesen Einflüssen verhalten.» Jede seiner Serien folgt einer eigenen Bildsprache. Eine Herausforderung, die sich Nuzhaev gerne selbst stellt: «Neue Bildsprachen zu erkunden, macht mir Spass.» Wenn er ein Thema abgehandelt habe, beginne es ihn nämlich zu langweilen.

«Meine Bilder sollen eine blanke Projektionsfläche sein. Der Betrachter soll sie dann selbst füllen.»

Evgeny Nuzhaev

Inspiration holt er sich aus der Naturwissenschaft oder von den Werken anderer Künstler. Beeindruckt haben ihn auch die oft neongeschwängerten Filme des dänischen Regisseurs Nicolas Winding Refn, wie etwa «Only God Forgives» oder «Neon Demon». Die Einflüsse sind in einigen seiner Bilder klar erkennbar.

Der neonfarbene Blau-Rot-Kontrast ist von Refns Filmen inspiriert. (Bild: Evgeny Nuzhaev)

Wenig Inspiration bezieht der 33-Jährige hingegen aus seiner eigenen Biografie oder Herkunft. «Ich verarbeite in meinen Werken weder meine Jugend noch irgendwelche Probleme. Das interessiert mich auch nicht. Meine Bilder sollen eine blanke Projektionsfläche sein. Der Betrachter soll sie dann selbst füllen.»

Von politischen Botschaften in seiner Kunst hält Nuzhaev, der als Grafikdesigner tätig ist, ebenso wenig. «Politische Werke sind oft aktuellen Trends unterstellt – und die sind häufig sehr kurzlebig.» Seine Bilder hingegen sollen zeitlos sein.

Eines der wenigen «zeitgenössischen» Bilder: Nuzhaevs Version des Corona-Virus. (Bild: Evgeny Nuzhaev)

Studio im Alleingang finanziert

Die Ausrüstung für sein Studio hat sich Nuzhaev mit Auftragsarbeiten für Firmen selbst finanziert. Seine Bilder schiesst er auf Canon-Kameras. «Für die analogen Fotos benutze ich das letzte veröffentlichte analoge Canon-Modell und Kodak- und Ilford-Filme.» Entwickelt werden die Bilder in einem Zuger Fachgeschäft. «Ich könnte sie auch bei mir zuhause entwickeln, aber das ist zu aufwändig – und die Chemikalien stinken mir zu fest», sagt er und lacht.

Für seine analogen Bilder wählt er bewusst dokumentarische Sujets wie Städte, Strassen oder kleinere Beobachtungen aus dem Alltag, weil er da keine grosse Nachbearbeitung machen muss – und kann. Viel häufiger arbeitet er aber in seinem hauseigenen Studio und mit einer digitalen Kamera.

Keine Pläne als Berufsfotograf

Ausgestellt hat Nuzhaev bisher an der Photo18 und der Photo20 in Zürich. Auch an der diesjährigen Ausgabe des Genuss-Film-Festivals in Zug werden seine Bilder zu sehen sein. Ausserdem wurden mehrere seiner Werke in diversen Foto-Magazinen publiziert. «Das bringt zwar nicht unbedingt Geld, aber Reichweite», sagt Nuzhaev. Die findet er auch auf Social Media. «Instagram ist ein tolles Mittel, um sich mit anderen Künstlern und Magazinen auszutauschen.»

In Zukunft will er die Werke in einem eigenen Shop als Prints anbieten. Als Berufsfotograf will er dennoch nicht arbeiten. «Ich habe einige Aufträge als Freelancer erledigt, merkte aber schnell, dass mich die Arbeit nicht wirklich forderte und erfüllte.»

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