Betrunken E-Trotti gefahren

Zuger Expat muss keine Busse zahlen – weil er schon genug gestraft ist

(Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Ein angetrunkener Wertpapierhändler hat im August in Baar ein E-Trottinett ausgeliehen, um in den frühen Morgenstunden nach Hause zu fahren. Dabei stürzte er und wurde schwer verletzt. Jetzt wird die Beratungsstelle für Unfallverhütung aktiv, um so heftige Unfälle künftig zu verhindern.

Es war 5 Uhr morgens, als der Brite die Talacherstrasse in Baar hochfuhr. Er hatte in dieser Augustnacht einiges getrunken. Dann ging alles sehr schnell: Er stürzte plötzlich und blieb schwer verletzt liegen (zentralplus berichtete).

Im Spital stellten die Ärzte einen komplexen Knochenbruch um Gesicht, eine Verletzung an der Halswirbelsäule und ein Schädel-Hirn-Trauma fest. Die Zuger Staatsanwaltschaft kommt deshalb zum Schluss, dass der Mann genug gestraft ist.

Sie verzichtet deshalb darauf, dem Mann eine Geldstrafe aufzubrummen, weil er in fahrunfähigem Zustand E-Trottinett gefahren ist. Der Wertpapierhändler muss aber rund 790 Franken für die Alkoholblutanalyse und die Gebühren bezahlen.

Die Präventionsarbeit ist erschwert

Wie häufig kommt es im Kanton Zug zu Unfällen mit den E-Trottinetts, die an jeder zweiten Ecke gemietet werden können? Offizielle Zahlen dazu gibt nicht – sehr zum Leidwesen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). «Die Polizei verwendet ein Formular für die Unfallrapporte, bei dem E-Trottinetts nicht als eigene Kategorie aufgeführt sind», sagt BFU-Sprecher Marc Kipfer. «Wir kennen deshalb das Ausmass des Problems nicht. Wir wissen nicht, wie viele Unfälle passieren und was die Ursachen sind. Das macht die Prävention schwierig.»

«Unebenheiten im Strassenbelag, die man mit dem Velo locker überwindet, können mit dem E-Trottinett Probleme bereiten.»

BFU-Sprecher Marc Kipfer

Die BFU arbeitet deshalb darauf hin, dass die polizeilichen Unfallformulare angepasst werden. Immerhin einen ersten Einblick gibt eine Erhebung der Stadt Zürich. Dort wurden innerhalb eines Jahres 28 Unfälle mit Verletzten registriert. In den meisten Fällen wurden diese von den E-Trottinettfahrer selber verursacht.

«Wir gehen davon aus, dass es teilweise an den kleinen Rädern der E-Trottinetts liegt», sagt Kipfer. Bereits bei kleinen Unebenheiten auf der Strasse ist die Gefahr eines Sturzes gross. «Und das bei hoher Geschwindigkeit und schlechter Schutzausrüstung.» Denn Helme werden von den Vermietern zwar empfohlen, aber nicht direkt vor Ort zur Verfügung gestellt.

Strassenbeläge sollten ausgebessert werden

Die BFU erarbeitet derzeit eine Liste mit Vorschlägen, wie die Sicherheit von E-Trottinettfahrern verbessert werden könnte. Offiziell vorgestellt wird sie voraussichtlich im März. Kipfer verrät aber bereits einige der Empfehlungen. «Zum einen könnte mancherorts die Infrastruktur verbessert werden. Unebenheiten im Strassenbelag, die man mit dem Velo locker überwindet, können mit dem E-Trottinett Probleme bereiten.»

«Konsequentes Büssen, wenn E-Trottinetts auf den Trottoirs erwischt werden, ist wichtig.»

BFU-Sprecher Marc Kipfer

Weiter fordert Kipfer, dass die Vermieter ihre Kunden noch stärker darauf aufmerksam machen, dass sie nur auf Velowegen oder der Strasse fahren dürfen – und nicht auf den Trottoirs. «Wir wissen aus dem Ausland, dass es dort immer mal wieder zu Zusammenstössen zwischen Trottinettfahrern und Fussgängern kommt», so der BFU-Sprecher.

Gezielte Kontrollen durch die Polizei

Besonders gefährlich wird es im Strassenverkehr, wenn E-Trottinettfahrer abbiegen müssen. «Eigentlich müssten sie per Handzeichen den Richtungswechsel anzeigen, wenn ein Blinker fehlt. Einhändig zu fahren ist aber schwierig und wird kaum gemacht. Deshalb wäre die Installation von Blinkern aus unserer Sicht sinnvoll», so Kipfer.

Zudem sollen die Vermieter nach einer Möglichkeit suchen, dass mit der Miete der bis zu 20 km/h schnellen E-Trottis auch gleich Helme gemietet werden können. Circ, der E-Trottinett-Anbieter in Zug, bietet Helmträgern zwar einen Rabatt, mitbringen muss man diesen aber selber (zentralplus berichtete).

In der Verantwortung sieht der BFU-Sprecher auch die Polizei. «Konsequentes Büssen, wenn E-Trottinetts auf den Trottoirs erwischt werden, ist wichtig.» Da bräuchte es vermehrt gezielte Kontrollen. «Denn mit jeder Busse, die verteilt wird, erfahren wahrscheinlich 20 bis 30 Bekannte des Gebüssten, dass sie mit den E-Trottinetts nicht aufs Trottoir dürfen.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von igarulo
    igarulo, 08.02.2020, 16:12 Uhr

    Expat müsste man sein. Aber auch als Expat muss man Trotti fahren können.

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  • Profilfoto von Mara
    Mara, 08.02.2020, 00:33 Uhr

    Nach meinem Unfall mit dem Velo auf dem Feldweg der Emme entlang musste ich 2017 Fr. 470.- Busse bezahlen. Niemand war in der Nähe, niemand wurde verletzt, ausser ich selber. Getrunken hatte ich nichts, aber ich bin kein Expat und lebe im Kanton Luzern.

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