Corona spielt den Etablissements böse mit

Zuger Bordellbetreiber schlägt Alarm

Ein Zuger Bordellbetreiber wehrt sich dagegen, dass sein Betrieb bis Ende August zu sein muss. (Bild: zvg)

Nicht nur Restaurants und Kleinbetriebe bangen um ihre Existenz. Auch Bordelle sind stark von der Krise betroffen. Ein Zuger Etablissement-Betreiber ist derart verzweifelt, dass er eine Petition gestartet hat.

Wer sich massieren lassen will, kann das seit einigen Tagen wieder tun. Dies auch, wenn kein Notfall vorliegt, Wellness-Massagen sind wieder erlaubt. Ausgenommen von der Regelung sind jedoch explizit erotische Massagen.

Seit dem 17. März gilt in der Schweiz ein generelles Verbot für die Ausübung von Prostitution infolge des Corona-Virus. Dies bis voraussichtlich bis am 31. August 2020.

Der Geschäftsführer eines Zuger Escort-Services sagt nun auf Anfrage von zentralplus: «Die Krise hat uns sehr hart getroffen. Als wir Mitte März von der Schliessung erfahren haben, waren wir wie vom Blitz getroffen. Bis Ende August wird es zappenduster bleiben im Betrieb. Und das völlig ungerechtfertigt.»

Es geht um Massagen, nicht um Geschlechtsverkehr

Nun. Es ist wohl unbestritten, dass der Körperkontakt in einem Bordell ziemlich intensiv ist. «Ja. Doch geht es uns nicht darum, in der aktuellen Situation Geschlechts- oder Oralverkehr anzubieten. Wenn wir erotische Massagen anbieten ohne Zärtlichkeiten ist der Körperkontakt vergleichbar mit jenem beim Coiffeur, Tätowierer oder bei einer medizinischen Massage», ist Peter Steiner* überzeugt.

Es ist unschwer erkennbar, dass ihm die Situation nahe geht. «Es ist eine extreme Ungleichbehandlung und ein enormer Einschnitt in die Berufsausübungsfreiheit. Das macht mir aus verfassungsrechtlicher Sicht Bauchschmerzen.»

Der Vermieter ist unbarmherzig

Eines der Hauptprobleme: Steiner mietet in Zug drei Wohnungen für seinen Betrieb. «Der Vermieter ist knallhart und kommt mir keinen Rappen entgegen mit der Miete. Unser Überbrückungsgeld ist somit schon fast aufgebraucht.» Das sei sehr bitter, zumal die Situation ja nicht selbstverschuldet sei.

«Für die Frauen ist die Situation übrigens ein Drama. Es geht um ihre Existenz. Die legalen Betriebe dürfen nicht mehr wirtschaften.» Dies wiederum öffne den illegalen Machenschaften Tür und Tor. «Das ist äusserst bedauerlich, ist man in der Schweiz bezüglich Prostitution grundsätzlich transparent und arbeitet nach dem Gesetz», gibt Steiner zu bedenken.

Er und seine Partnerin haben Kurzarbeit beantragt. «Die Damen jedoch fallen durchs Netz der Sozialversicherung.» Gerade für langjährige Sexarbeiterinnen sei die Situation prekär. «Sie können sich nicht sofort umschulen lassen», sagt der Geschäftsführer.

Viele der Frauen bangen um ihre Existenz

Etwa 200 Frauen arbeiten insgesamt für ihn. «Im Normalfall arbeiten sie eine Woche im Escortservice und kehren dann zurück in ihre Heimat. Die meisten sind aus Ungarn», erklärt der Bordell-Betreiber.

Die Einreise sei derzeit zwar schwierig. «Es ist fast wie im Mittelalter». Doch gebe es auch in der Schweiz Frauen, die aktuell gerne für Steiner arbeiten würden. «Zwei Damen haben mich bereits kontaktiert, die unbedingt für uns arbeiten möchten, da sie das sonst illegal tun müssen.»

Steiner ist frustriert: «Wir sind nicht so gut organisiert wie die Gastronomen, haben keine Lobby. Jeder arbeitet für sich, untereinenader, gegeneinander.» Doch war es seine Frau «Flora», die am Donnerstag auf die Idee kam, sich mittels einer Petition zur Wehr zu setzen. «Damit können wir das Problem der Öffentlichkeit bewusster machen», sagt der Deutsche.

Die Petition, die sich an die Bundesregierung richtet, fordert das Ende des Berufsverbotes für Sexarbeiterinnen sowie die Zulassung von Kleinst-Bordellen. «Es ist nicht hinnehmbar, dass die circa 15'000 in der Schweiz arbeitenden Sexarbeiterinnen mit einem Berufsverbot belegt werden und sie sich deshalb ihren Lebensunterhalb nicht erwirtschaften können», liest man in der Online-Petition.

Das Schutzkonzept steht bereits

Und auch schon ziemlich detaillierte Schutzmassnahmen werden darin vorgeschlagen. So sollen bei der Arbeit Schutzmasken getragen werden, Flächen sollen vor jedem Kunden desinfiziert werden, jeder Kunde bringe seine eigene Gesichtsmaske mit.

Die Petition hat aktuell 26 Unterstützer, davon 13 aus der Schweiz. Fürs Quorum bräuchte es 18'000. «Ich glaube, das ist illusorisch. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt», sagt Steiner.

Kommentare gibt es bereits sieben. So etwa bittet eine Frau auf russisch, wieder arbeiten zu dürfen. Denn das Sexgewerbe sei ihre einzige Einkommensquelle. «Tudjak dolgozni!», schreibt eine Ungarin. «Ich kann arbeiten!»

* Auf Wunsch des Betroffenen hat die Redaktion seinen Namen geändert.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Manuel
    Manuel, 09.05.2020, 21:51 Uhr

    Ich kann die Sorgen durchaus nachvollziehen. Allerdings wenn er erst Mitte März den Schock bekam als alles geschlossen wurde, heisst das er hat sein Gewerbe bis dahin nicht geschlossen? Zu diesem Zeitpunkt waren bereits tausende in der Schweiz infiziert und er liess die Damen normal weiter arbeiten obwohl ihre Gesundheit im Spiel sind?! Wenn das der Fall ist sollten Sie sich selber an die Nase fassen. Ich verstehe wenn diese Frauen finanziell in Not sind und es schlimmer ist wenn sie illegal arbeiten. Trotzdem ist der Betreiber kein Unschuldslamm und nutzt die Notsituation der Frauen offensichtlich aus bis sie sogar ihre Gesundheit riskieren. Man sollte den Frauen mehr Perspektiven anbieten damit sie diesen Weg nicht gehen müssen aus Not. Und wenn sie diesen Beruf wirklich ausüben wollen, dann sollte ihr Arbeitgeber auch Interessen an deren Gesundheit haben.

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  • Profilfoto von rennaw LAZY
    rennaw LAZY, 09.05.2020, 18:29 Uhr

    Vielen herzlichen Dank für diesen Beitrag.
    Nur, ich hab den Link nicht gesehen, auf welchem ich die Petition unterzeichnen kann. Ich finde wirklich, diese Menschen haben es ebenso verdient, unterstützt zu werden, wie andere «Selbständigerwerbende».
    Besten Dank im Voraus fürs aufschalten des Links zur Petition.
    Oder kann mir jemand aus der Community diesen Link angeben?

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    • Profilfoto von Heiner
      Heiner, 10.05.2020, 03:35 Uhr

      das der Link
      https://www.openpetition.eu/ch/petition/online/aufhebung-des-berufsverbotes-fuer-sex-arbeiterinnen-zulassung-von-kleinst-bordellen#petition-main

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