Kanton hat 1,7 Milliarden Franken in Bern parkiert

Zug macht Rekordgewinn aber hat Probleme: Wohin mit all dem Bargeld?

Für sie ein historischer Tag: Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (links) und Roger Wermuth, der Chef der Finanzkontrolle geben einen Rekordgewinn bekannt. (Bild: mam)

285 Millionen Franken Überschuss im Geschäftsjahr 2020 geben in der Zuger Finanzdirektion Anlass zu grosser Freude. Aber der Geldsegen schafft in Zukunft auch Probleme: Was soll man mit einem Haufen Geld tun, wenn Ende Jahr ein vorteilhafter Deal ausläuft?

«Wenn man kein Geld in der Staatskasse hat, kann man sich nichts leisten», sagte der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) am Mittwoch bei der Präsentation des Geschäftsberichts 2020 des Kantons (zentralplus berichtete). Zug jedoch habe Geld und könne daher auch die allermeisten Erwartungshaltungen seiner Bewohnerinnen und Bewohner erfüllen, so Tännler. Und darüber hinaus notleidende Branchen in der Pandemie mit einer gewissen Grosszügigkeit unterstützen.

Der Rekordgewinn soll dem Eigenkapital zugeschlagen werden. Dieses beträgt mittlerweile 1,29 Milliarden Franken. 2017 hatte der Kanton Zug noch über 756 Millionen Franken verfügt. Auch das Finanzvermögen des Kantons Zug ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen.

Auf alternative Möglichkeiten zur Gewinnverwendung will die Zuger Regierung verzichten. Bereits jetzt würden verhältnismässig hohe Abschreibungen auf Sachwerte vorgenommen. Ausserdem sei Zug der einzige Kanton, der die Spezialfinanzierungen für Strassenbau sofort gleich auf null abschreibe.

Geld beim Bund parkiert

Der riesige Geldfluss, der stetig bei der kantonalen Finanzkontrolle hereinläuft, hat Vorteile. Es ist mehr als genug Cash vorhanden, um die Investitionen von total 356 Millionen Franken im Jahr 2020 sofort zu bezahlen. Die Liquidität ist so hoch, dass der Selbstfinanzierungsgrad 2020 sagenhafte 547,1 Prozent betrug. Es gibt aber auch Probleme.

«Das Cashmanagement wird immer schwieriger.»

Heinz Tännler (SVP), Zuger Finanzdirektor

Auf die Bank legen kann man das viele Bargeld nicht – denn dann drohen Negativzinsen, die den ganzen schönen Haufen anknabbern.

Vorteilhafte Abmachung

Das Problem mit dem anspruchsvollen Cashmanagement konnte der Kanton Zug in den vergangenen Jahren dank einer Vereinbarung mit dem Bund erfolgreich lösen. Diese erlaubte es den Zugern (und einigen andern Kantonen), eingehende Verrechnungssteuern beim Bund zu parkieren, wo sie während fünf Jahren auf einem Konto der Schweizerischen Nationalbank zinsfrei ruhten.

Der Kanton verschuldete sich derweil nach Möglichkeit kurzfristig und konnte dank dem Einsatz von Fremdkapital Geld sparen, respektive von Negativzinsen profitieren. Heinz Tännler beziffert den Finanzertrag für 2019 auf 1,7 Millionen Franken, für 2020 auf 2,1 Millionen Franken. Im laufenden Jahr rechne man ebenfalls mit einem Negativzinsertrag in dieser Höhe. Ausgegeben hat man für Negativzinsen lediglich 60'000 Franken, weil sich nicht alle Transaktionen völlig kostenfrei gestalten liessen.

Zwei Milliarden Franken

Ab kommendem Jahr aber wird das Cashmanagement schwieriger. Denn die Vereinbarung mit dem Bund war befristet und beginnt auszulaufen. Ab Januar 2022 muss der Kanton Zug jene Beträge, die vor fünf Jahren periodisch einbezahlt wurden, wieder auslösen. «Heben wir sie nicht ab, verfallen sie», sagt Tännler.

Bei den deponierten Verrechnungssteuern handelt es sich um gewaltige Summen. Derzeit liegen in Bern Zuger Guthaben von 1,7 Milliarden Franken. Ende Jahr werden es laut Heinz Tännler gegen zwei Milliarden Franken sein.

Limiten verhandeln

Das ab kommendem Januar kontinuierlich abgehobene Bargeld muss wieder irgendwo verwendet oder deponiert werden – und so drohen dann eben Negativzinsen. Es sei nun das tägliche Brot von Roger Wermuth, dem Chef der kantonalen Finanzverwaltung, mit Banken über Limiten zu verhandeln, so der Finanzdirektor. Doch diese würden restriktiver. «Es wird immer schwieriger», so Tännler.

In der Finanzdirektion hat man daher einen 20-Punkte-Plan entworfen, wie man das Problem künftig angehen wolle. Die darin aufgelisteten Massnahmen würden in der Regierung diskutiert, so Tännler.

Zuger Staatsfonds

Um Negativzinsen zu vermeiden, gebe es einige banale Methoden. Zum Beispiel sämtliche Verbindlichkeiten subito zu begleichen, so fliesse Liquidität schneller ab. Eine andere Möglichkeit wäre Tausender-Nötli in einem Geldspeicher aufzubewahren (wie es Dagobert Duck macht). Dann fielen keine Negativzinsen an, aber Gebühren fürs Bunkern.

Erwogen werden aber auch Vorschläge, die schon viel zu reden gegeben haben. Der Kanton könnte wie Pensionskassen risikolose Anlagen tätigen, meinte Tännler und erwähnt die Möglichkeit eines Zuger Staatsfonds.

«Manchmal muss Geld für ein Investitionsprogramm einfach fünf oder sechs Jahre bereitliegen.»

Heinz Tännler (SVP), Zuger Finanzdirektor

«Steuergelder für Anlagen zu verwenden, ist eine Idee, welche vielen Parlamentariern natürlich brandgefährlich vorkommt», so Tännler. In der Tat wurde der Vorschlag eines Staatsfonds kürzlich im Zuger Kantonsrat diskutiert – der Baarer CVP-Abgeordnete Heini Schmid etwa verteidigte die Idee, wurde indes von SVP- und FDP-Kantonsräten verbal in Grund und Boden gestampft.

«Manchmal muss Geld für ein Investitionsprogramm einfach fünf oder sechs Jahre bereitliegen, bis dieses ausgelöst werden kann», sagt Tännler und macht die Notwendigkeit einer Eigenmittelbewirtschaftung deutlich.

Mehr ausgeben, weniger einnehmen

Doch zurück von der konkreten Handhabung des Geldes zur Bilanz und zum gewachsenen Vermögen und dem vielen Eigenkapital. Dies könnte bei Kantonsräten Begehrlichkeiten auslösen: einerseits nach höheren Investitionen, als in den laufenden Geschäften oder im Investitionsprogramm Zug+ (zentralplus berichtete) vorgesehen sind. Solche Ideen haben indes angesichts der politischen Mehrheiten im Kanton wenig Chancen und werden auch von der Regierung kaum erwogen. Schliesslich bedankte sich Tännler am Mittwoch mehrfach bei der Politik, dass sie mitgeholfen habe, die kantonalen Aufwände in den vergangenen Jahren stabil auf gleichem Niveau zu halten.

Die andere Möglichkeit wäre, die Steuern zu senken. «Dies könnten die Kantonsparlamentarier natürlich tun», so Tännler. Er macht indes klar: «Der Steuerfuss wird in den nächsten drei Jahren vorübergehend um zwei Punkte gesenkt. Daran lässt sich nicht mehr rütteln, denn dies hat das Volk so beschlossen.» Anschliessend schnellt er automatisch wieder auf 82 Prozent hoch. Die Regierung werde keinen Antrag auf Senkung stellen, sagt der kantonale Säckelmeister. «Das haben wir versprochen und wir sind zuverlässig.»

Transfer von der Nationalbank

Abgesehen vom Steuerfuss könnten die Kantonsrätinnen indes an den Vermögenssteuern schrauben oder Gebühren eliminieren. Deswegen interessiert, wie momentan die Aussichten für die kommenden Jahre aussehen.

Durch die befristete Steuerreduktion entgehen dem Kanton 2021 Erträge von 16 Millionen Franken, in den beiden Folgejahren 20 Millionen Franken. Fürs laufende Jahr ist noch ein Überschuss von 33,1 Millionen Franken budgetiert. «Aber so, wie es derzeit aussieht, werden wir diese Zahl übertreffen», sagt Heinz Tännler.

Die Steuereinnahmen hätten sich erfreulich entwickelt, ausserdem profitiere man – wie alle andern Kantone und der Bund – von einer sehr viel höheren Gewinnausschüttung, die mit der Schweizerischen Nationalbank vereinbart werden konnte. Auf der andern Seite werde die Belastung durch den Nationalen Finanzausgleich (NFA) bis 2024 stabil bleiben. «Deswegen werden wir im Kanton Zug auch in den kommenden Jahren voraussichtlich schwarze und gute Zahlen schreiben», sagt Heinz Tännler.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von F. Vernunft
    F. Vernunft, 01.04.2021, 16:50 Uhr

    Wie wäre es mit Helikoptergeld? Einmalig eine steuerfreie Auszahlung von x Franken an jede steuerpflichtige natürliche Person im Kanton Zug? Der Zustupf käme in vielen Haushalten gelegen. Im Gegensatz zur Steuersenkung würden hier zudem einkommensschwache Haushalte automatisch stärker davon profitieren.

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