Letztes «40 Minutes»-Konzert des Lucerne Festival

Zu Tode moderiert

Das Ensemble von «Divamania» stellt sein Stück vor.

(Bild: Priska Kletterer / Lucerne Festival)

Mit 40-minütigen Kurzkonzerten, die unentgeltlich besucht werden können, will das Lucerne Festival Barrieren abbauen. So auch am Donnerstag bei «Divamania». Schade nur, hat die Moderation das positive Erlebnis förmlich zerschlagen. Dabei hätte es sich gelohnt, den jungen Künstlern zuzuschauen und zuzuhören.

Mit der Konzertreihe «40 Minutes» verfügt das Lucerne Festival im Sommer, das dieses Wochenende für dieses Jahr zu Ende geht, eigentlich über ein vielversprechendes, innovatives Format. Während 40 Minuten stellen sich Künstler vor, wird ein Einblick in die Arbeit der Musiker hinter der Kulisse gewährt, ein Vorgeschmack auf die kommenden Konzerte der Auftretenden gegeben.

Die 40-minütigen Konzerte sind unentgeltlich zugänglich, einen Dresscode gibt es nicht, man tummelt sich auf bunten Sitzkissen im Luzerner Saal des KKL, die zahlreichen Kinder auf dem Boden in der ersten Reihe. Der perfekte Rahmen, um sich einmal in diesem Klassikbetrieb umzuschauen, der manch einem so fremd ist wie die Tischmanieren auf dem Mars. Eine gute Gelegenheit auch für viele, um auszukundschaften, ob sich das Geld für die Eintrittskarte in eines der traditionelleren Konzerte eventuell lohnen würde.

Gelungene Darbietung dauernd unterbrochen

Das Format hat grosses Potenzial, doch dieses wurde zumindest an diesem Donnerstagabend nicht genutzt. An den Musikern lag es jedenfalls defnitivi nicht. Die fünf jungen Instrumentalisten und zwei Tänzer sprühten vor Energie, als sie dann, nach etlichen Erklärungen zum Format, zu den Künstlern, zu den Konzerten, mal endlich auftreten durften. Kokett stolzierten sie über die Bühne, ganz nach dem Motto «Divamania», dem Titel der Produktion für Familien, in welches man hier Einblick erhalten sollte. Vor allem die fünf Instrumentalisten trauten sich hier was: Tanzen ist normalerweise nicht das Spezialgebiet dieser Künstlergruppe.

«Divamania» ist eine Produktion für ganze Familien, die Musik und Tanz integriert, die Instrumentalisten in die Bewegung einbezieht und das Gehörte auch visuell realisiert. In den Momenten, in denen dies erkennbar wurde, schien das ganz gelungen. Nur: Es war schwierig, wirklich einen Eindruck davon zu bekommen. Denn die vierzig Minuten wurden dauernd unterbrochen – ja, unterbrochen – durch eine unvorbereitet wirkende und zum Verständnis des Gezeigten herzlich wenig beitragende Moderation.

Möglichkeiten nicht genutzt

Man verstehe dies nicht falsch: Moderierte Konzerte bieten hervorragende Möglichkeiten der Vermittlung von Inhalten und der Kommunikation mit dem Publikum. Im Idealfall verhelfen sie zu einzigartigen Konzerterlebnissen sowohl für Neulinge als auch für Klassikveteranen, öffnen den Sinnen ungekannte Türen. Aber die Möglichkeiten der Moderation wollen klug genutzt sein.

Interaktion mit dem Publikum sollte sich nicht darin erschöpfen, dass man munter raten lässt, welcher junge Künstler welches Instrument spielt. Das ist weder besonders spannend noch lehrreich, noch trägt es auch nur das Geringste zum Verständnis oder Erlebnis des Dargebotenen bei. Auch nicht die trockene Erklärung, wie in einem nicht gespielten Teil der Inszenierung die filigrane Bewegung des Geigers in eine makroskopische Bewegung des gesamten Ensembles übergeht. Solche Hinweise wären wertvoller, wenn sie mit der Darbietung der entsprechenden Sequenz illustriert würden und so unmittelbar die Wahrnehmung des Gezeigten vertieften.

Moderation kann auch anders funktionieren. Sie kann sich in den ästhetischen Komplex der Kunst einfügen, das Hören, Sehen und Erleben des Publikums massiv bereichern. Es kann auf bisher Ungehörtes aufmerksam machen, feinste Differenzierungen, die auch dem geübten Hörer im Konzert selten bewusst werden, hörbar machen. Selbst wenn viel geredet wird, muss dies keine Unterbrechung sein, wenn sich das Gesprochene organisch ins Ganze einfügt. Moderation kann aber auch das Erlebnis zerschlagen, wie dies an diesem Abend zu erleben war. Eine Beleidigung für die jungen Performer, die nichtsdestotrotz professionell und engagiert auftraten.

Überlasst den Musikern das Reden!

Dass Sprechen im Konzert nicht schlecht sein muss, bewiesen die Künstler selbst. Als zum Schluss der Veranstaltung eine Publikumsfrage an sie gerichtet wurde, blühten sie auf – wie eigentlich immer, wenn ihnen ab und zu das Rampenlicht zugesprochen wurde. Wie es für sie wäre, als Tänzer mit Instrumentalisten, als Instrumentalisten mit Tänzern zusammenzuarbeiten? Da fielen nicht einfach nur Plattitüden, die jungen Leute sprachen aus Überzeugung.

Besonders beeindruckend war das Votum der Trompeterin Jean Laurenz: Das Projekt hätte sie darauf aufmerksam gemacht, wie sehr sie in ihrem eigenen Musikerleben in engen, technischen Kategorien denke. Die Bewegung zur Musik, das Unmittelbare, Direkte, habe ihr die Möglichkeit eröffnet, «outside of the box» zu denken. Diese Fähigkeit hätte man auch der Moderation gewünscht.

Nach drei Schülervorstellungen am Donnerstag ist das Stück «Divamania» am heutigen Freitag um 11.00 Uhr und um 15.00 Uhr im Luzerner Saal des KKL zu sehen. Das Konzert richtet sich an ganze Familien mit Kindern ab 9 Jahren.

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