Luzerner Kantonsrat gibt grünes Licht

ZHB-Gemurkse beendet: 2017 geht’s los

Freuen sich über den Entscheid: Ulrich Niederer (links) und Daniel Tschirren im Freihandbereich der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern. (Bild: les)

Nach 30 Jahren politischer Zwängerei kann die ZHB nun endlich saniert werden. Der Kantonsrat hat einem Sonderkredit von 20,05 Millionen Franken zugestimmt. In diesem letzten Akt traten die Bürgerlichen dem Regierungsrat noch ordentlich ans Bein.

Jetzt könnte es ganz schnell gehen. Der Luzerner Kantonsrat hat an der Session diesen Montag die ZHB-Sanierung behandelt. Eine Mehrheit (67 zu 37 Stimmen) genehmigte einen Sonderkredit von rund 20 Millionen Franken. Nach einem langen politischen Hin und Her macht sich nun bei den Beteiligten grosse Erleichterung breit.

ZHB-Direktor Ulrich Niederer ist sehr glücklich, dass nun endlich Klarheit herrscht. «Uns fällt natürlich schon ein grosser Stein vom Herzen.» Die jahrelange Diskussion sei für die Beteiligten sehr zermürbend gewesen. Und der stellvertretende Direktor Daniel Tschirren sagt: «Endlich ist die Zeit des Däumchendrehens vorbei.» Doch ganz so glücklich wie die ZHB-Verantwortlichen waren im Kantonsrat nicht alle.

Die Fassade bröckelt: Die Zentral- und Hochschulbibliothek wartet noch immer auf die dringend notwendige Sanierung. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Fassade bröckelt: Die Zentral- und Hochschulbibliothek wartet noch immer auf die dringend notwendige Sanierung. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Schlussstrich unter lange Diskussion

Die Stadtluzerner hatten im September 2014 die «Initiative zur Rettung der ZHB Luzern» angenommen. Die Kantonsräte akzeptierten zwar diesen Volksentscheid, diverse störten sich aber an der Tatsache, dass der Kanton nun die finanziellen Auswirkungen tragen muss. Denn das Gebäude an der Sempacherstrasse gehört dem Kanton.

In der Kommission für Bau und Verkehr gab der Sanierungsaufwand, welcher in den Kosten erheblich ist, zu reden. Kommissionspräsident Rolf Bossart (SVP): «Eine lange Diskussion kann nun abgeschlossen werden.» Bossart erwähnte zudem, dass der Kantonsrat zweimal ein Bekenntnis für einen Neubau der ZHB abgegeben habe. «Mehrheitlich herrscht nun aber die Meinung, dass man einen Schlussstrich ziehen soll, in der Kommission wurde mit einer Dreiviertelsmehrheit der Botschaft der Regierung zugestimmt.»

Start schon Anfang 2017

Jetzt könnte es aber mit der Realisation schnell gehen. Baugesuch einreichen – Einsprachefristen abwarten – Einsprachen abhandeln – loslegen. Anfang 2017 könnte die Sanierung beginnen. «Wenn es sportlich läuft, können wir noch 2018 die sanierte ZHB in Betrieb nehmen», sagte der SVP-Kantonsrat im Dezember zu zentral+.

«Aber wie auch immer.»

Daniel Keller, SVP-Kantonsrat

Was Josef Wyss (CVP) zu Beginn sagte, wurde schliesslich mehrmals wiederholt. «Diese Vorlage hat eine lange und kontroverse Vorgeschichte, die Anwesenden sind darüber informiert und die Diskussion erübrige sich somit.» Es sei nun eine Tatsache, dass das Gebäude nicht abgerissen werden darf. «Das akutelle Projekt wurde vom Kantonsrat bereits bewilligt und deckt sich mit den Bedürfnissen einer zukünftigen Nutzung.»

SVP wollte die Sistierung …

SVP-Kantonsrat Daniel Keller war es dann doch noch ein Anliegen, dem Kantonsrat mitzuteilen, dass genau dieser eine Sanierung des wenig zweckmässigen Gebäudes stets ablehnte. «Aber wie auch immer», so sein resignierter Kommentar. Die SVP verlange eine Sistierung des Projekts – der Kanton solle erst mit der Stadt aushandeln, dass diese mindestens 10 Prozent der Kosten übernimmt. «Klar können die Stadtluzerner ihre Bibliothek retten, aber wenn es der Kanton später bezahlen muss, machen sie es sich ziemlich einfach.»

«Dem Kantonsrat vertraue ich nicht mehr.»

Katharina Meile, Grüne Kantonsrätin

Dringender Sanierungsbedarf

Der Sempachergarten, genannt Vögeligärtli, gehört seit 1949 der Stadt Luzern. Die ZHB war 1951 nach den Plänen des renommierten Architekten Otto Dreyer erbaut worden. Inzwischen bröckelt die Fassade des denkmalgeschützten Bauwerks.

Neu mit Cafeteria und Solaranlage

Zu den Neuerungen aus dem Sanierungskonzept von 2010 zählt eine grosszügige Freihandbibliothek mit einem breiten Spektrum an Fach-, Sach- und Unterhaltungsmedien auf den bestehenden sechs Stockwerken. Ein Treppenhaus an der Seite verbindet die Etagen miteinander. Geplant ist auch eine Cafeteria mit 53 Plätzen im Innern des Erdgeschosses. Laut den Projektverantwortlichen ist das Betriebskonzept noch nicht fertig. Ein Café im klassischen Sinne soll es aber nicht geben, das Angebot richte sich an Bibliotheksbesucher. Die Cafeteria «dient als kombinierter Aufenthaltsraum sowohl für das Personal der ZHB als auch für das Publikum», heisst es in der Botschaft.

Die Westfassade entlang der Hirschmattstrasse befindet sich in einem schlechten Zustand. Sie soll denkmalpflegerisch restauriert werden. Ebenfalls sieht das Konzept eine Aufwertung der Umgebung vor. Baumbestand und Grünflächen werden angepasst. Das Gebäude soll nach der Sanierung Minergie-Standard haben. Hierfür werden Fassade und Dachstock neu isoliert. Auf dem Dach ist eine Fotovoltaikanlage geplant.

Marcel Budmiger (SP) unterstrich in seinem Votum die hohe städtebauliche Qualität, welche die ZHB in Einklang mit dem Vögeligärtli aufweise. «Luzern konnte lange stolz sein auf seine Bibliothek, durch die jüngste Vergangenheit und das Trauerspiel im Kantonsrat habe dieser Stolz etwas gelitten.» Und er nahm die Kritik der SVP auf. «Zum Sanierungsprojekt hat die Stadt nichts zu sagen. Wir befehlen, was gebaut wird.»

… war aber chancenlos

Die Rettung der ZHB wurde ja bekanntlich von den Grünen initiiert. Katharina Meile zeigte sich sehr erfreut, dass der Kantonsrat nun endlich den Kredit absegnen könne, und sie richtete deutliche Worte an diesen. «Wir haben die ZHB zum Abbruchobjekt gemacht. Und nur deshalb kostet es nun mehr.» Sie freut sich schon jetzt auf die Eröffnung, obwohl sie der Sache noch nicht ganz traut. «Dem Kantonsrat vertraue ich nicht mehr.»

Den Einwand mit dem Abbruchobjekt nahm Marcel Omlin (SVP) als Steilpass auf: «Katharina Meile sagt es richtig. Eine Sanierung bringt nichts, es ist ein Abbruchobjekt.» Der Antrag der SVP auf Sistierung des Projekts hatte trotzdem keine Chance und wurde mit 72 zu 35 Stimmen abgelehnt.

Den Bauherren noch 650’000 Franken entzogen

Erfolgreich war hingegen ein zweiter Antrag von Fabian Peter (FDP). Er verlangte, die Reserve um die Hälfte, sprich 650’000 Franken, zu reduzieren. Finanzdirektor Marcel Schwerzmann warnte zwar vor dieser Absicht, denn bei einem Sanierungsobjekt in einem so schlechten Zustand wie der ZHB wisse man nie, was für Überraschungen lauern würden. Der Einwand wurde zwar so aufgenommen, allerdings votierte insbesondere der Antragsteller, dass das Geld – einmal gesprochen – sowieso gebraucht werden würde. «Wir können hier Druck auf die Bauherren ausüben.» Der Antrag wurde mit 64 zu 44 Stimmen angenommen.

Jetzt ist der Schlussstrich gezogen

In der Schlussabstimmung folgte der Rat dem Antrag von Kommission und Regierung. Mit 67 zu 37 Stimmen wurde der Sonderkredit für die ZHB genehmigt. Einzig die SVP und wenige FDP- und CVP-Kantonsräte konnten sich mit dem Entscheid nicht anfreunden. Damit kann die Planung der Sanierung nun mit Hochdruck vorangetrieben werden. Denn einig waren sich alle, dass die Sanierung bitternötig sei – insbesondere natürlich die ZHB-Verantwortlichen. «Steigt die Brandmeldeanlage oder die Heizung aus, hätten wir per sofort ein grosses Problem und wären zum Handeln gezwungen», so Direktor Niederer, welcher mit seinem Stellvertreter den Entscheid auf der Tribüne des Kantonsratssaals zur Kenntnis nahm.

Niederer und Tschirren im dritten Stock der ZHB vor den leeren Magazinen.

Niederer und Tschirren im dritten Stock der ZHB vor den leeren Magazinen.

(Bild: les)

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