Umfrage zur gendergerechten Sprache

zentralplus fragt Leserinnen: Was haltet ihr von Sternchen?

Nicht nur in der Sprache, sondern auch bei Bildern werden oft Stereotypen verwendet. Hier bringt der Mann die Kinder zur Schule.

(Bild: Irene Meier, Zürich)

Mit dem Frauenstreik kommt auch die Frage der Gleichberechtigung aufs Tapet. Regelmässig stellt sich zentralplus die Frage, wie wir sprachlich mit dieser Thematik umgehen. Nun möchten wir die Meinung unserer Leserinnen abholen.

«Wer hat sein Handy nicht auf lautlos?»

Eine Frage, die im Vorlesungssaal oder in einer Sitzung durchaus aufkommen kann, wenn unerwünschte Töne erklingen. Doch hinter dem Inhalt verbirgt sich mehr. Die herkömmliche Deutsche Sprache verwendet das generische Maskulinum. Ist das Geschlecht einer Person nicht bekannt, wird oft davon ausgegangen, dass es sich um einen Mann handelt. Deshalb scheint das Pronomen «sein» und nicht «ihr» korrekt. Dies stösst nicht nur in feministischen und wissenschaftlichen Kreisen immer wieder auf Kritik.

Möglichkeiten sind schier grenzenlos

Viele sprechen in der Mehrzahl etwa von Architekten, wenn Männer und Frauen in diesem Beruf tätig sind. Einzig bei einer reinen Frauengruppe wird von den Architektinnen gesprochen. Doch diese Anwendung der deutschen Sprache, welche die Frauen aussen vor lässt, bröckelt. Ein Beispiel: Je nach Gebrauch wird von Architekten und Architektinnen, ArchitektInnen, Architekt/innen, Architekt_innen oder Architekt*innen gesprochen. Letztere beiden Schreibweisen wollen alle queeren Menschen miteinbeziehen.

«Über die Medien kommt die Sprache ins Bewusstsein.»

Sascha Demarmels, Dozentin für Kommunikation

Es gibt weiter Ausweichmöglichkeiten. Anstelle von Mitarbeitern spricht man von Angestellten. Oder man substantiviert das Partizip und schreibt von Mitarbeitenden. Dieser Fall scheint in der deutschen Sprache bereits Einzug gehalten zu haben. Aber nur inkonsequent: Von Metzgenden oder Fussgehenden spricht kaum jemand.

Die Thematik des Sprachgebrauchs beschäftigt auch zentralplus tagtäglich. Bisher verwendeten wir die herkömmliche Schreibweise nach Duden. Auf Verdoppelungen, Binnen-I, Sternchen oder Gendergap wird verzichtet. So handhaben es mit wenigen Ausnahmen alle Medien. Dafür lassen wir immer mal wieder die femininen Begriffe einfliessen, wenn Frauen in der Mehrheit sein dürften.

Nachvollziehbare und vorgeschobene Argumente

Sascha Demarmels ist Dozentin für Kommunikation im beruflichen Kontext an der Hochschule Luzern und hat am Leitfaden für eine sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter mitgearbeitet. Sie anerkennt, dass sich die Sprache in Medien nicht direkt mit einer wissenschaftlichen Sprache vergleichen lasse. «Gerade in Deutschland halten viele noch an männlichen Personenbezeichnungen auch für Frauen fest.»

Sie schreibt den Medien aber durchaus eine besondere Rolle zu. «Über die Medien kommt die Sprache ins Bewusstsein», sagt Demarmels. «Je mehr man sich an gendergerechte Sprache gewöhnt, desto selbstverständlicher wird sie.» Dass sich die gendergerechte Sprache in den Medienhäusern nicht durchsetze, habe mit den in der Gesellschaft verankerten Ängsten zu tun. 

Expertin rät zu Pragmatismus

Demarmels erhofft sich einen bewussteren Umgang mit der Sprache. «Dass Verdoppelungen mit der Zeit unleserlich werden, kann ich nachvollziehen.» Die Zeichenzahl sei hingegen ein vorgeschobenes Argument. «Grundsätzlich geht es.» Doch welche Form von gendergerechter Sprache soll es denn sein? Sie empfiehlt, neutrale Formen zu benutzen. «Verwendet man alle statt jede oder jeder, umschifft man das Problem elegant.» 

Neutrale Formen seien zudem nicht sehr auffällig, während Gendersternchen den Fokus auf die Gender-Debatte hin und womöglich vom Inhalt weg lenken können. Einen solchen Sprachgebrauch solle man vor allem wählen, wenn dies auch zum Inhalt passe. Zu einer politischen Forderung nach mehr Gleichstellung würden Sternchen durchaus passen.

Von einem Verzicht auf Wörter wie Leserbrief, Fussgängerstreifen oder Studentenwohnung rät die HSLU-Dozentin ab. «Hier sollte man Pragmatismus walten lassen.» Der Umgang mit Zitaten sei für Medienhäuser eine weitere Herausforderung. «Die Zitate sollen im O-Ton sein.» Darauf angesprochen, dass Zitate oftmals erst bei der Autorisierung mit genderneutraler Sprache versehen werden, sagt sie: «Bis die Genderneutralität im Sprachgebrauch zur Routine wird, dauert es noch länger.» Wichtig sei, das Bewusstsein zu wecken.

Gerne möchte zentralplus in diesem Zusammenhang die Meinung unserer Leserinnen abholen. Was halten Sie davon, je nach Situation die weibliche oder männliche Form zu verwenden? Oder fühlen Sie sich dadurch ausgeschlossen? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil und begründen Sie Ihre Antworten bitte:

 

Vergessen Sie nicht, Ihre Antworten in den Kommentarspalten zu begründen. 

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von rahel.estermann
    rahel.estermann, 14.06.2019, 15:44 Uhr

    Danke, zentralplus, dass ihr euch diesem Thema und der offenen Debatte darüber stellt! (Leider tun das viel zu wenige Medien.) Ich befürworte das Gender-Sternchen, weil es aufzeigt, dass es Geschlechterrollen gibt, aber dass es eben ein Kontinuum ist, und nicht binär Frau/Mann. Damit ermöglicht es, dass sich queere Menschen ebenfalls darin finden.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon