Firmen verzichten freiwillig auf Privilegien

Zaubertrickli der Steuervermeider macht Zuger Behörden nervös

Beratungsfirmen zaubern ein Steuerschlupfloch aus dem Hut und fahren mit den Behörden Karussell.

(Bild: flickr/V)

Global tätige Konzerne überlegen sich, freiwillig auf ihre Steuerprivilegien zu verzichten. Toll, nicht wahr? Das klingt nach mehr Geld im Staatssäckel. Doch aufgepasst: Der Trick könnte den Kanton Zug teuer zu stehen kommen.

Auch im Kanton Zug überlegen sich international tätige Firmen, nach dem Nein des Schweizer Volks zur Unternehmenssteuerreform III freiwillig auf ihre Privilegien zu verzichten.

Neu wollen sie die gleich hohen kantonalen Gewinnsteuern bezahlen wie jene Unternehmen, die ihre Gewinne hauptsächlich in der Schweiz erzielen. Das tönt gut, hat aber Kalkül: Wie die «Schweiz am Sonntag» berichtet, planen global tätige Konzerne diesen Schritt aus Angst vor möglichen Repressionen durch die jeweiligen ausländischen Behörden.

Steuerbarer Gewinn kleingerechnet

Zudem zählen diese Firmen darauf, so trotzdem weiterhin in den Genuss von tieferen Steuern zu kommen. Gewisse Kantone – wie Zug – erlauben es ihnen bei einem Statuswechsel nämlich, in ihrer Steuerbilanz die stillen Reserven aufzudecken, zu versteuern und in den Folgejahren abzuschreiben. Diese Abschreibungen verkleinern den steuerbaren Gewinn dieser Firmen. Trotz höheren Steuersätzen werden ihre Steuern damit vorübergehend tief bleiben. Für den betroffenen Kanton hat dies nebst tieferen Einnahmen zur Folge, dass er unter Umständen mehr in den Nationalen Finanzausgleich (NFA) einzahlen muss. (siehe Box).

Bisher erst eine Handvoll Unternehmen

Guido Jud, Leiter der Steuerverwaltung des Kantons Zug, bestätigt auf Anfrage, dass es entsprechende Anfragen von Firmen gebe: «Es bestehen Kontakte zu einer Handvoll Unternehmen beziehungsweise zu deren Beratern, für welche sich die Frage in den kommenden Monaten einigermassen konkret stellen könnte.» Es sei im Moment schwierig abzuschätzen, ob sich diese Zahl demnächst noch stark erhöhen werde. Dies dürfte sehr darauf ankommen, ob und wann ein neuer Anlauf für eine neue Unternehmenssteuerreform auf Bundesebene eine realistische Chance habe und welche Elemente in einem neuen Paket enthalten sein werden.

Darum geht es beim Statuswechsel

Gewisse Kantone kennen die Regelung, dass Gesellschaften, die als Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften besteuert werden, freiwillig auf ihren Steuerstatus verzichten und sich der ordentlichen Besteuerung unterziehen können (Statuswechsel).

Falls eine Firma einen solchen Statuswechsel vornimmt, werden ihre stillen Reserven aufgedeckt besteuert und können in den Folgejahren abgeschrieben werden. Damit unterliegen die stillen Reserven dem Steuersatz, der bei ihrer Schaffung massgebend war.

Fazit: Auf diese Weise verringert sich der steuerbare Gewinn in den Folgejahren. Die aufgewerteten stillen Reserven erhöhen zwar das steuerbare Eigenkapital. Aus steuerlicher Sicht ist aber die erwähnte Reduzierung des Gewinns viel entscheidender.

Dies bedeutet es für den Nationalen Finanzausgleich (NFA)

Für den NFA ist das Ressourcenpotential eines Kantons entscheidend. Statusgesellschaften fliessen beim NFA mit reduziertem Gewicht in das Ressourcenpotential ein (sogenannte Beta-Faktoren). Es spielt für den NFA also eine Rolle, ob es sich bei einer bestimmten Firma um eine Statusgesellschaft (privilegiert besteuerte Firma)  oder um eine ordentlich besteuerte Firma handelt.

Fazit: Die Kantone müssen für ordentlich besteuerte Firmen höhere Beiträge an den NFA entrichten als für privilegiert besteuerte Firmen.

 Finanzielle Auswirkungen noch unklar

«Im Moment sind die meisten Unternehmen gut beraten, keine voreiligen Schritte zu unternehmen, sondern die neue Ausgangslage sorgfältig zu prüfen», meint Guido Jud. Der Bundesrat habe bekanntlich diese Woche angekündigt, bis im Sommer 2017 eine neue Vorlage ausarbeiten zu wollen. «Je nach dem weiteren Verlauf dieser Pläne könnte sich die Frage nach einem Statuswechsel für eine zunehmende Zahl von Unternehmen in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 noch einmal akzentuieren.»

«Die meisten Unternehmen sind gut beraten, keine voreiligen Schritte zu unternehmen.»

Guido Jud, Leiter Steuerverwaltung Kanton Zug

Was das Ganze in finanzieller Hinsicht – also auch in Sachen Finanzausgleich – für den Kanton Zug bedeuten wird, lässt sich nach Ansicht von Guido Jud derzeit noch nicht zuverlässig abschätzen.

Kunden fragen nach Updates

In der «Schweiz am Sonntag» kritisierte die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog jene Steuerberatungsfirmen, die ihren Kunden zu diesem vorzeitigen «Ausstieg aus den Privilegien» raten. Sie sagte, dass solche Aktionen der Rechtssicherheit abträglich seien, und verweist auf die höhere Belastung, die den betroffenen Kantonen deswegen in Sachen NFA droht.

«Wir müssen ausländische Alternativen gleichermassen objektiv darstellen.»

Andreas Staubli, Beratungsfirma PwC Schweiz

Andreas Staubli, Leiter Steuern und Recht von der Beratungsfirma PwC Schweiz, bestätigt, dass es entsprechende Anfragen von Firmen aus dem Kanton Zug gibt. Auf die Frage, ob PwC von sich aus auf Zuger Firmen zugehe, antwortet Staubli: «Wir sind im regelmässigen Kontakt mit unseren Kunden. Und dann fragen Kunden natürlich nach Updates und Handlungsalternativen.» PwC Schweiz habe zwar ein Interesse, die Unternehmen in der Schweiz zu halten: «Doch müssen wir leider auch ausländische Alternativen gleichermassen objektiv darstellen.» PwC finde diese Option nicht toll, aber nach der USR-III-Abstimmung werde dies «wohl leider wichtiger».

Chefbeamter: Kein Vorwurf an Beratungsunternehmen

Peter Uebelhart, Leiter Steuern von KPMG Schweiz, erklärt: «Viele Unternehmen sind nach dem Nein zur USR III verunsichert und bitten uns um Unterstützung – darunter sind auch Firmen aus dem Kanton Zug. Eine allfällige Statusänderung sollten Unternehmen idealerweise in Zusammenarbeit mit den Kantonen durchführen.»

«Viele Unternehmen sind nach dem Nein zur USR III verunsichert.»

Peter Uebelhart, KPMG Schweiz

Guido Jud von der Zuger Steuerverwaltung sagt zum Thema Beratungsfirmen: «Es gehört zu den klassischen Aufgaben von Beratungsfirmen, die Kundschaft umfassend über alle für sie wichtigen Rahmenbedingungen und Optionen zu informieren. Zu einer guten Beratung gehört es, alle wesentlichen Optionen auf den Tisch zu legen und deren Vor- und Nachteile zu bewerten. Da kann man den Beratungsfirmen keinen Vorwurf machen.»

«Sehr fragwürdig»

Das sieht Andreas Hürlimann, Kantonsrat der Zuger Grünen-Alternativen, entschieden anders: «Dass nun die gleichen Beratungsfirmen, welche die USR-III-Vorlage mitgezimmert haben, gleich zum nächsten Schlag in Sachen Steuervermeidung ausholen, ist schon sehr fragwürdig.» Auch wenn dieses Vorgehen wohl legal sei, bedeute dies doch einen Schlag ins Gesicht für all jene Firmen und Privatpersonen, welche seit Jahren ihren gerechten Teil zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben beitragen. Das Ganze sei sehr bedauerlich, handle es sich doch gerade um diejenigen Firmen, welche bereits jahrelang von Steuerprivilegien profitiert haben. Die Grün-Alternativen hätten bereits vor Jahren gefordert, diese privilegierte Besteuerung aufzuheben.

Es drohen höhere Zahlungen für den NFA

Andreas Hürlimann betont zudem die fehlende Rechtssicherheit bei solchen «Steuervermeidungs-Aktionen»: «Es ist noch lange nicht garantiert, dass ein solches «Trickli» dann auch von den zuständigen ausländischen Behörden anerkannt wird. Sollte die Schweiz auf eine Liste kommen, dann wären allenfalls auch solche Firmen davon betroffen.»

«Das Ganze könnte für den Standortkanton Zug zu einem grossen Minus-Geschäft werden.»

Andreas Hürlimann, grün-alternativer Kantonsrat, Steinhausen

Nach Ansicht von Andreas Hürlimann zeigt sich bei der Zuger Finanzdirektion «bereits jetzt wieder eine gewisse Nervosität.» Wenn relevante Unternehmen einen solchen Wechsel zur ordentlichen Besteuerung vornehmen, so sei davon auszugehen, dass das Ressourcenpotential erneut stark ansteigt. «Weil aber aufgrund des höheren anrechenbaren Aufwands die Steuern für eine Periode nochmals minimiert werden, könnte das Ganze für den Standortkanton Zug zu einem grossen Minus-Geschäft werden.»

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