Zuger Heimatschutz findet Umgang mit Denkmälern «verheerend»
Die Zuger Kanti gehört nicht geschützt, finden die Gerichte. Eine Beschwerde des Zuger Heimatschutzes kam nicht durch. Dieser warnt nun, dass mit dieser Handhabung selbst Kirchen nicht sicher sind vor der Abrissbirne.
Der Kanton Zug kann mit den Plänen zur umfassenden Sanierung der Kantonsschule am Lüssiweg vorwärtsmachen. Das Parlament sprach sich vor einer Woche für einen Objektkredit von 6,3 Millionen Franken aus. Dieses Geld fliesst allein in die Planung der umfangreichen Sanierung, welche mit knapp 100 Millionen Franken zu Buche schlägt.
Die Kanti am Lüssiweg wurde zwischen 1971 und 1975 vom Zuger Architekturbüro Hafner und Wiederkehr gebaut und weist mittlerweile etliche Mängel auf. Der Zuger Regierungsrat stellt in seinem Bericht und Antrag fest: «Bei den älteren Gebäudetrakten müssen umfassende bauliche Massnahmen an Tragstruktur, Gebäudehülle, Haustechnik, Ausbau sowie Betriebseinrichtungen vorgenommen werden» (zentralplus berichtete).
Gleichzeitig soll die Anlage an die sich im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte veränderten schulischen Bedürfnisse angepasst werden. Damals gültige Konzepte hätten heute kaum mehr Bestand. Ausserdem ist künftig mit einer deutlich höheren Schülerinnenzahl zu rechnen, weshalb eine Erweiterung vonnöten ist.
Kanti ist nicht mehr schützenswert
Denkmalpflegerisch werden dem Unterfangen keine Grenzen auferlegt, denn vor rund zwei Jahren wurde das Areal aus dem Inventar der schützenswerten Bauten entlassen. Man erinnere sich: 2019 stimmten über 65 Prozent der Zuger Bevölkerung für das neue, deutlich laschere Denkmalschutzgesetz. Der Umgang mit der Kantonsschule passte dem Zuger Heimatschutz jedoch so gar nicht. Dieser reichte eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein, blitzte jedoch ab.
«Wir wollten uns dagegen wehren, dass diese Handhabung Schule macht, denn sie ist verheerend.»
Paul Baumgartner, Co-Präsident Zuger Heimatschutz
Die Argumentation des Verwaltungsgerichts: Ein Baudenkmal gelte nur dann als «äusserst wichtig» respektive schützenswert, wenn es keine weiteren vergleichbaren Exemplare im Kanton Zug gebe. Auf die Kantonsschule treffe das nicht zu.
Entsetzen über die neue Handhabung des Denkmalschutzgesetzes
Der Zuger Heimatschutz liess sich nicht beirren und zog das Urteil ans Bundesgericht weiter. Auf den Grund für den Weiterzug angesprochen, äussert sich Paul Baumgartner, der Co-Präsident des Zuger Heimatschutzes, wie folgt: «Es ging dabei nicht unbedingt nur um die Kantonsschule. Obwohl sie ein signifikantes Werk bekannter Zuger Architekten ist, gibt es in Zug sicher bedeutungsvollere Bauten.»
Er gibt jedoch zu bedenken: «Es handelte sich um das erste Urteil des Verwaltungsgerichts nach neuem Recht. Das Gericht hatte eine sehr strenge Auslegung davon gemacht. Wir wollten uns dagegen wehren, dass diese Handhabung Schule macht, denn sie ist verheerend.»
Doch auch beim Bundesgericht kamen die Beschwerdeführer nicht weiter, wie die Instanz im Sommer zu verstehen gab. Die Beschwerde scheiterte aus formellen Gründen. Baumgartner erklärt: «Es handle sich beim Beschwerdegegenstand um eine materielle Verletzung. Wir als Verein seien nicht legitimiert, diese Frage aufzuwerfen, befand das Bundesgericht. Wir können uns einzig an dieses wenden, wenn formelle Vorschriften wie das rechtliche Gehör verletzt wurden.»
Die eigentliche Frage wurde nicht beantwortet
Für die Vertreter des Heimatschutzes war das eine frustrierende Erkenntnis. «Es zeigte uns auf, dass Verbände beim Bundesgericht keinen Rechtsschutz geniessen.» Ausserdem bleibe die Frage offen, ob die im Falle der Kantonsschule Zug vorgenommene Auslegung des Zuger Denkmalschutzgesetzes wirklich mit dem sogenannten Granada-Abkommen vereinbar sei. Dabei handelt es sich über ein Übereinkommen, welches grundsätzlich die Unterschutzstellung von Baudenkmälern von «erhöhter Bedeutung» verlangt. Auch die Schweiz hat dieses Abkommen unterzeichnet.
Nun, nach dem Ja zum Projektkredit für die Sanierung der Kantonsschule, äusserte sich der Zuger Heimatschutz mit einer Medienmitteilung kritisch zur aktuellen Handhabung.
Es bleibe faktisch dabei, dass im Kanton Zug nur «äusserst wichtige» Bauten geschützt seien, heisst es darin. Zur zweiten Kategorie gehören die zahlreichen Bauernhäuser, Kirchen und Kapellen im Kanton Zug jedoch nicht. Von diesen Objekten gebe es nämlich noch mehrere Exemplare in Zug, schreibt der Heimatschutz.
Die Welle der Inventarentlassungen von wertvollen, aber nicht äusserst wichtigen Bauten, die nach dem Inkrafttreten des revidierten Denkmalschutzgesetzes anzurollen begonnen habe, werde nun also zumindest vorerst nicht gebremst. Das bedeutet in anderen Worten: Nicht nur die Kanti Zug, sondern auch zahlreiche andere historische Gebäude im Kanton Zug sind nicht sicher vor der Abrissbirne.
- Website des Bundes zum Granada-Übereinkommen
- Telefongespräch mit Paul Baumgartner
- Medienmitteilung Zuger Heimatschutz
- Unterlagen der Regierung zur Instandsetzung der Kantonsschule Zug