Firmen können Anfragen kaum bewältigen

Zug erlebt einen beispiellosen Solar-Boom

Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen steigt im Kanton Zug steil an. (Bild: Unsplash)

Die Zuger Solar-Branche erlebt aufgrund der drohenden Energiekrise derzeit einen regelrechten Boom. Das Geschäft würde noch besser laufen, wenn man keine Material-Lieferschwierigkeiten hätte. Doch das ist nicht das einzige Problem.

Aufgrund des Ukraine-Krieges liefert Russland immer weniger Erdgas in die Schweiz. Die Preise, nicht nur für Rohstoffe, sind aktuell hoch und dürften noch weiter steigen (zentralplus berichtete). Dass durch die drohende Energiekrise das Thema Solarstrom immer wichtiger wird, spüren Zuger Firmen enorm.

Die Firma Convoltas aus Baar stellt eine deutliche Zunahme der Nachfrage nach Photovoltaikanlagen fest. Medienverantwortliche Sarah Lüönd bestätigt: «Das hat unter anderem mit den steigenden Energiepreisen zu tun.»

Sowohl Private als auch Unternehmen hätten gemerkt, wie viel sie mit Solaranlagen sparen können. «Dies zwar bereits seit längerem, in den letzten Monaten seit dem Ukraine-Krieg ist das bei der Nachfrage jedoch besonders spürbar.» Für energieintensive Unternehmen könne der bis zu fünffache Preisanstieg auf die Dauer den Ruin bedeuten, ist Lüönd überzeugt.

Die Krux: Die Materialbeschaffung ist schwierig

Es läuft also bei der Solarfirma. Die Kehrseite der Medaille: «Es gibt Lieferschwierigkeiten beim Material, sei es bei den Modulen, der Unterkonstruktion oder den Wechselrichtern. Oft dauert es ein halbes Jahr, bis wir einen Auftrag umsetzen können.» Ein weiterer, erschwerender Faktor käme dazu: «Aktuell gibt es zu wenig Personal auf den Baustellen.»

Vor einem Jahr verursachten Stürme teils grosse Hagelschäden. Dies mitunter an Photovoltaikanlagen. «Von uns waren zum Glück nur ein paar Anlagen betroffen», sagt Lüönd. Das Ersetzen der Anlagen habe sich jedoch als kompliziert herausgestellt: «Die Flächengrössen der Module verändern sich immer wieder. Mittlerweile sind all unsere Anlagen repariert.»

«Wir können aktuell gar keine Anfragen mehr annehmen.»

Mitarbeiterin von Furrer Solartechnik, Cham

Ähnlich sieht es bei Furrer Solartechnik in Cham aus. «Wir spüren seit ein paar Monaten eine riesige Zunahme der Anfragen. Zwar hat das Interesse bereits seit Corona zugenommen, doch hat der Ukraine-Krieg noch zusätzlichen Schub hineingebracht», heisst es seitens der Firma. «So sehr, dass wir aktuell gar keine Anfragen mehr annehmen können.»

Einige Zuger wollen Produkt der «Extraklasse»

Nicht nur die Nachfrage nach herkömmlichen Photovoltaikanlagen steigt. Die Firma Autarq stellt Solar-Ziegel her. Inhaber Wolf Koronaios erklärt auf Anfrage: «Ich kann bestätigen, dass selbst bei unserem Sozialziegel die Nachfrage enorm gestiegen ist.» Dies, obwohl das Produkt technisch und preislich in der Premiumklasse angesiedelt sei.

Eine Nische, die immer mehr Aufmerksamkeit erhält: Solarziegel. (Bild: zvg Autarq)

Der Kanton Zug sei ein guter Boden für das Produkt, da es dort das entsprechende Klientel gibt. Dieses suche nicht nur ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern wünscht «auch Extraklasse in Technik und Design». In Zug arbeite Autarq ausserdem mit einer Architektengruppe zusammen, die sehr an Solarziegeln interessiert sei.

Einige Gemeinden spüren die Zunahme stark

Der Solarboom ist – logisch – nicht nur bei den Firmen zu spüren, sondern sorgt auch bei den Gemeinden für Arbeit. Auch wenn man diese, so wie in Cham, sehr positiv auffasst: «Die Entwicklung der Nachfrage nach Photovoltaik-Fördergeldern in Cham ist sehr erfreulich», sagt Manuela Hotz, die Bereichsleiterin Umwelt der Gemeinde.

Tatsächlich ist dort die Zunahme der Gesuche stark spürbar. Bis zum 24. Juni dieses Jahres wurden beinahe so viele Gesuche eingereicht wie im ganzen Jahr 2020. Auch die Zahl des Kilowatt-Peaks (kWp), also der grösstmöglichen Leistung der Anlagen, lässt sich sehen. Die hohen Zahlen in den Jahren 2020 und 2022 (bis dato) lassen sich gemäss Hotz mit einzelnen sehr grossen Anlagen begründen.

Wenn es nach der Bereichsleiterin Umwelt geht, darf diese Zahl ruhig noch wachsen: «In Cham möchten wir den Anteil des produzierten Solarstroms erhöhen.» Dieser liegt gemäss Energiereporter in der Gemeinde aktuell bei 6 Prozent, verglichen mit dem Schweizer Durchschnitt von 5,7 Prozent. «Dabei möchten wir Hauseigentümerschaften dazu motivieren, die Dachflächen ihrer Gebäude optimal auszunutzen und auch grössere Anlagen zu installieren», sagt Hotz.

Immer mehr KMUs sind interessiert

Nicht nur private Hauseigentümerinnen, die öffentliche Hand und grosse Immobilienfirmen rüsten ihre bestehenden Gebäude nach. Man beobachte, dass auch KMUs vermehrt Anlagen auf ihren bestehenden Gewerbegebäuden installieren würden, sagt Hotz.

Interessant: Bei der Stadt Zug spürt man aktuell keinen ausserordentlichen Anstieg der Gesuche. Man habe im vergangenen Jahr viele Solaranlagen zu bewilligen gehabt. «Dies steht sicherlich auch im Zusammenhang mit dem attraktiven Förderprogramm der Energie-Stadt Zug», sagt Birgitt Siegrist, die stellvertretende Baudepartementssekretärin.

«Wer eine Anlage bauen will, muss möglicherweise bis nächstes Jahr warten.»

David Stickelberger, Geschäftsleiter Swissolar

Swissolar, der Schweizerische Fachverband für Sonnenenergie, spricht von einer «zurzeit enorm grossen» Nachfrage. Dies in allen Marktsegmenten. Der Geschäftsleiter David Stickelberger dazu: «Wer eine Anlage bauen will, muss möglicherweise bis nächstes Jahr warten.»

Derzeit werden in der Schweiz ungefähr 6 Prozent des Stroms durch Solarenergie erzeugt. Swissolar hofft, bis 2050 rund die Hälfte des Strombedarfs damit zu decken. Wer weiss: Wenn die Rohstoffpreise weiterhin stark wachsen, könnte dieses Ziel bereits deutlich früher erreicht werden.

Verwendete Quellen
  • Energiereporter
  • Mündlicher und schriftlicher Austausch mit Solar-Anbietern
  • Schriftlicher Austausch mit den Gemeinden Zug und Cham
  • Schriftlicher Austausch mit Swissolar
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Carlos Mazenauer
    Carlos Mazenauer, 28.06.2022, 14:54 Uhr

    «Derzeit werden in der Schweiz ungefähr 6 Prozent des Stroms durch Solarenergie erzeugt.» Die übliche Milchbüchleinrechnung, die dem Volk verkauft wird. Als ob es keinen Nebel, gerade in Zug während Tagen, ja Wochen, keine Jahreszeiten, keine Regentage – und v.a. keine langen Winternächte gäbe.

    Solarstrom muss vom Sommer in den Winter bzw. von sonnenreichen Tagen in sonnenarme Tage transferiert werden können. Eine PV-Anlage ohne (teuren) Speicher ist nichts als ein schönes, hochsubventioniertes Gadget für Wohlhabende. Von der Produktion dieser Panels – 95% stammen aus China, mit Kohlestrom hergestellt – und der ungelösten Entsorgung bereits nach 20 bis max. 25 Jahren spricht auch kein Mensch.

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    • Profilfoto von Trömpeterli
      Trömpeterli, 28.06.2022, 18:05 Uhr

      Dann doch lieber eine Windkraftanlage im Garten.

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    • Profilfoto von outremont
      outremont, 29.06.2022, 08:14 Uhr

      Nebst dem Windrad im Garten würde ich ein Atommüll endlager im Keller auch noch empfehlen.

      Spass beiseite. Das solar DIE Lösung für alle Probleme ist, glaube ich nicht, aber sie ist ein nicht vernachlässigbares Energie-Puzzle-Teil.

      Ich glaube, dass die Entsorgung auf gutem Weg ist, da ich aber kein Fachmann bin, verlasse ich mich vielleicht unzuverlässige Quellen. Sicher ist, dass Atommüll auch nur vergraben wird und von Minen stammt.

      Die Stromproduktion ist weder mit der alten Strategie noch mit den aktuellen Technologien im Winter ausreichen. Denn die AKWs wurde nicht explizit benützt, um im Winter mehr Strom als im Sommer zu machen. Einzig die Wartungsarbeiten wurden, glaube ich, jeweils auf den Sommer gelegt. Man sieht in der «Fig. 10» von der «Schweizerische Elektrizitätsstatistik» des bfe sehr gut, dass im Winter meisten zu wenig Strom produziert wurde.

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