Wohnen & Bauen
Podium zu Mieten und Wohnraum in Luzern

Wohnungsnot: Das sind die Rezepte der Regierungsrat-Kandidaten

Die fünf Regierungsratskandidaten stellten sich den Fragen von zentralplus. Von links nach rechts: Claudia Huser (GLP), Ylfete Fanaj (SP), Michaela Tschuor (Mitte), Armin Hartmann (SVP), Christa Wenger (Grüne). (Bild: kok)

Der Kanton Luzern steckt tief in der Wohnungsnot. Wie will die neue Regierung sie lösen? Das fragte zentralplus fünf Regierungsrat-Kandidatinnen am wohnpolitischen Podium des Mieterverbands Luzern.

Wohnen ist für die 240'000 Mieterinnen im Kanton Luzern zur Herausforderung geworden. Nicht nur wegen des knappen Wohnraums. Auch die steigenden Mieten und Heiz- und Nebenkosten belasten. Gleichzeitig steigen die Inflation und Teuerung. Der Mieterverband Luzern sieht grossen Handlungsbedarf.

Daher hat er am Dienstagabend zu einem wohnpolitischen Podium eingeladen. Mit dabei die fünf neuen Kandidatinnen für die kommenden Regierungsratswahlen: Ylfete Fanaj (SP), Armin Hartmann (SVP), Claudia Huser (GLP), Michaela Tschuor (Mitte) und Christa Wenger (Grüne). Sie alle streben ihren erstmaligen Einzug in der Luzerner Regierung an.

Doch zuerst müssen sie sich den Fragen von zentralplus-Redaktor Elio Wildisen stellen. Das Thema: Wie lässt sich die Wohnungsnot lösen? Und wie kann den steigenden Mieten Einhalt geboten werden? Das Podium fand bei Caritas Wohnen in der Neustadt Luzern statt.

Armutsbetroffene leiden unter Wohnungsnot

Und so sitzen an diesem Abend 50 Zuhörerinnen im hinteren Teil des Ladens, auf Stühlen, an denen Preisschilder hängen. Schnell wird klar, der Ort ist Programm. Denn armutsbetroffene Menschen leiden überproportional unter der Wohnungsnot, erklärt Caritas-Geschäftsleiter Daniel Furrer zu Beginn. Bis zu 35 Prozent ihrer Mittel geben sie für Miete und Energiekosten aus. Etwa 33'000 Menschen im Kanton Luzern sind armutsbetroffen.

Ein ungewöhnlicher Ort für ein Podium: Der Caritas Markt in Luzern.
Ein ungewöhnlicher Ort für ein Podium: Caritas Wohnen in Luzern. (Bild: kok)

Der Kanton Luzern hat Wohnungsnot, erklärt der Moderator Elio Wildisen zum Anfang. Wie wollen die Kandidaten dafür sorgen, dass Wohnen nicht zum Luxus wird?

Die Problemlage

Ylfete Fanaj (SP) klagt über ein Strukturproblem. Die Mieten hätten in den letzten 15 Jahren eigentlich sinken müssen. Stattdessen habe es seit 2006 eine Umverteilung von Mieter- zu Vermieterseite von insgesamt 78 Milliarden Franken gegeben (gemäss Studie des Mieterverbands Schweiz). «Die Regierung ist total inaktiv», kritisiert Fanaj.

«Der Kanton muss verhindern, dass kantonale Liegenschaften zu Rendite-Objekten werden.»

Christa Wenger (Grüne)

Christa Wenger (Grüne) wiederum bemängelt die kantonale Immobilienstrategie. Es gehe dem Kanton hauptsächlich um den Verkauf seiner Liegenschaften. Sie wünscht sich, dass die Strategie überarbeitet wird und der Kanton seine Grundstücke selber vermietet oder aber im Baurecht abtritt – vergleichbar zu dem, was bereits für städtische Liegenschaften in Luzern gilt. «Der Kanton muss verhindern, dass kantonale Liegenschaften zu Rendite-Objekten werden.»

Die Frage der Rendite

Die Frage der Rendite ist an diesem Abend stark umstritten. Schlagen die Vermieter unverhältnismässig Rendite auf den Mietzins? Der SVP-Kandidat Armin Hartmann winkt ab. Das Gesetz kenne eine zulässige Maximalrendite, betont der Präsident des Hauseigentümerverbands Luzern. Das heisst: Höhere Mieten seien das Resultat von höheren Baukosten, und nicht der willkürlichen Mieterhöhung der Vermieter geschuldet. Ziel müsse es also sein, die Baukosten zu senken.

«Die Privaten müssen Teil der Lösung sein, der Staat kann es nicht alleine machen.»

Armin Hartmann (SVP)

Die Kandidatinnen von SP und Grünen widersprechen resolut. «Die steigenden Mieten der letzten 15 Jahre sind nicht erklärbar, wenn alle die Rendite eingehalten hätten», sagt Christa Wenger (Grüne).

Von links nach rechts: Claudia Huser (GLP), Ylfete Fanaj (SP), Michaela Tschuor (Mitte), Armin Hartmann (SVP) und Christa Wenger (Grüne) diskutierten, wie sich die Wohnungsnot lösen lässt. Die Moderation übernahm Elio Wildisen (Journalist von zentralplus).
Von links nach rechts: Claudia Huser (GLP), Ylfete Fanaj (SP), Michaela Tschuor (Mitte), Armin Hartmann (SVP) und Christa Wenger (Grüne) diskutierten, wie sich die Wohnungsnot lösen lässt. Die Moderation übernahm Elio Wildisen von zentralplus. (Bild: kok)

Privat oder Kanton?

Armin Hartmann (SVP) ist überzeugt: «Die Privaten müssen Teil der Lösung sein, der Staat kann es nicht alleine machen.» Ziel sei es, schnell mehr Wohnraum zu bauen. Dafür brauche es Verdichtung und schnellere Verfahren für Private. «Wir wollen den Kanton möglichst raushalten», so Hartmann.

«Der Kanton soll ein koordinative Rolle übernehmen.»

Claudia Huser (GLP)

Claudia Huser (GLP) sieht die Gemeinden in der Verantwortung, für geeignete politische Rahmenbedingungen zu sorgen. Wie die SVP fordert auch sie, dass vorwiegend Private die Wohnungsnot lösen. «Der Kanton soll ein koordinative Rolle übernehmen», erklärt sie.

«Wir wollen Personen, die armutsgefährdet sind, speziell unterstützen.»

Michaela Tschuor (Mitte)

Die Wikoner Gemeindepräsidentin Michaela Tschuor (Mitte) will den Kanton in die Verantwortung nehmen. Sie schlägt einen «Blumenstrauss an Massnahmen» vor. Mit dem Raumplanungsgesetz, der Förderung von Wohnbaugenossenschaften und der spezifischen Unterstützung von Personen mit tiefen Einkommen. «Wir wollen Personen, die armutsgefährdet sind, speziell unterstützen.»

Die Kandidatinnen hörten sich beim Podium des Mieterinnenverbands Luzern aufmerksam zu.
Die Kandidatinnen hörten sich beim Podium des Mieterinnenverbands Luzern aufmerksam zu. (Bild: kok)

Kantonale Formularpflicht

Im Zusammenhang mit steigenden Mietzinsen gibt es im Kanton Luzern seit rund einem Jahr eine Unterstützung für die Mieter. Wegen der Volksinitiative «Fair von Anfang an, dank transparenter Vormiete!» müssen Vermieterinnen beim Mieterwechsel den Mietzins der Vormieterin angeben. Steigt die Miete zu stark, kann sich die neue Mieterin vor der Schlichtungsbehörde beschweren (zentralplus berichtete).

«Das Verhältnis von Mieterin und Vermieterin ist nicht auf Augenhöhe. Die Formularpflicht ist eine Möglichkeit für ein wenig mehr Augenhöhe.»

Christa Wenger (Grüne)

Armin Hartmann sieht den Schritt zur Formularpflicht kritisch. Steige der Referenzzinssatz, müsse dieser direkt an die Mieterin weitergegeben werden, weil das beim Mieterwechsel nicht eingeholt werden kann. Heisst konkret: Mieten steigen künftig während eines Mietverhältnisses, prognostiziert Hartmann. Er ergänzt, dass es nur wenige «Schwarze Schafe» unter den Vermietern gebe, das zeigen die niedrigen Fallzahlen bei der Schlichtungsbehörde.

«Ich will, dass das Grundbedürfnis nach Wohnraum im Kanton wieder einen grösseren Stellenwert bekommt.»

Ylfete Fanaj (SP)

Ganz anders sieht es Christa Wenger von den Grünen: «Das Verhältnis von Mieterin und Vermieterin ist nicht auf Augenhöhe. Die Formularpflicht ist eine Möglichkeit für ein wenig mehr Augenhöhe.» Die SP-Kandidatin Ylfete Fanaj begrüsst die Formularpflicht, fordert aber mehr: «Ich will, dass das Grundbedürfnis nach Wohnraum im Kanton wieder einen grösseren Stellenwert bekommt.»

Einigkeit bei Einsprachen

Relativ einig ist sich das Podium dagegen, dass die Einsprachen aus der Bevölkerung ein Bremsklotz sind. «Die ewigen Einsprachen verhindern Innovation und drücken die Investoren vom Markt», sagt Michaela Tschuor. Sie alle wünschen sich schnell mehr Wohnraum – dieser Konsens wird deutlich.

Die Konfliktlinien aber auch: Wer ist für Wohnraum verantwortlich? Kanton oder Gemeinde? Schlagen die Vermieter ungerechtfertigte Renditen auf den Zins? Ja oder Nein? Und was soll eigentlich gefördert werden? Genossenschaften, gemeinnütziger Wohnraum oder lediglich schnellere Verfahren für Private?

Die Antworten darauf konstituieren sich am 2. April, wenn die Luzernerinnen ihre Regierung wählen.

Verwendete Quellen
  • Studie des Mieterverbands
  • Augenschein vor Ort
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