Die Luzerner Immobilien-Gruppe Stalder hat von Tausenden Kleinanlegern Geld eingesammelt. Die damit durchgeführten Bauprojekte sind nun zu Ende – doch teilweise fehlen Rückzahlungen.
Erneut steht die Firma Stalder aus Luzern in der Kritik: Ein Kleinanleger meldet sich bei zentralplus und schreibt, dass er bereits zu lange auf sein Geld warte. «In den Verträgen steht, wenn die Wohnungen verkauft sind, muss Rückzahlung stattfinden.» Das sei nicht geschehen – andere Anleger bestätigen das gegenüber zentralplus.
Die Stalder-Gruppe mit Sitz im Littauerboden baut, vermarktet und verwaltet Immobilien. 2021 sammelte das Unternehmen auf der Crowdinvesting-Plattform «Dagobert Invest» Millionen für drei Bauprojekte: die «Seeresidenz Alte Post» in Vitznau, Ferienwohnungen im Eigental und vier Mehrfamilienhäuser in Aarburg (AG).
Tausende Kleinanleger gaben Stalder Darlehen – mit der Aussicht auf über sieben Prozent Zinsen. Doch für viele wurde aus dem Versprechen nichts. Sie warten noch immer auf ihr Geld. Die Firma wies im vergangenen Mai Fehlverhalten zurück (zentralplus berichtete).
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zentralplus weiss, dass Anleger lange nach dem gescheiterten Projekt in Vitznau und dem Verkauf der Immobilie auf Rückzahlung ihrer Darlehen warteten. Und auch, dass «Dagobert Invest» eine Klage plante, sie aber zurückzog, weil der betreffende Anleger von Stalder bezahlt worden war (zentralplus berichtete).
Nun zeigt sich, dass mutmasslich auch beim Projekt im Eigental Rückzahlungen fehlen – obwohl der Geschäftsführer Daniel Stalder seinen Anlegern im August 2022 über die Plattform schrieb, dass alle 18 Ferienwohnungen verkauft seien. Auch ein Augenschein vor Ort verrät: Die Häuser wurden gebaut.
Einer der Anleger ist Marc* aus Deutschland, der lieber anonym bleiben möchte. Er sah 2021 das Angebot von Stalder. Darin stand: «Im luzernerischen Naherholungs- und Naturschutzgebiet Eigenthal entstehen in idealer und erhobener Lage die letzten bewilligten Ferienwohnungen der Gemeinde.»
Für Marc war das ein seriöses Angebot. «Ich habe recherchiert, die Firma wirkte auf mich unkritisch.» Also zahlte er 2000 Euro ein und je weitere 2000 Euro für die Projekte in Vitznau und Aarburg.
Von den 6000 Euro Investitionen hat Marc 340 Euro zurückerhalten
Heute, rund drei Jahre später, wartet Marc laut eigenen Angaben noch immer auf sein Geld. Die Stalder-Gruppe habe zwar für das Projekt Eigenthal die Zinsen für zwei Jahre gezahlt, rund 340 Euro, sein Darlehen aber habe er nicht zurückerhalten. Für die Projekte Vitznau und Aarburg sei gar kein Geld zurückgeflossen.
Und das, obwohl nicht nur die Wohnungen im Eigental verkauft sind. Auch die Immobilie in Vitznau hat Stalder abgetreten. Weiter zeigen Dokumente, die zentralplus vorliegen, dass ein «Globalkäufer» die fertigen Mehrfamilienhäuser in Aarburg gekauft haben soll. Auf der Firmenwebsite ist das Projekt ebenfalls als «verkauft» gelistet.
Stalder schickt Brief um Brief mit Erklärungen
Wie Recherchen zeigen, hat Stalder die Anleger mehrfach mit Briefen informiert, warum eine Auszahlung der Darlehen nicht möglich sei. Im Januar 2024 steht in einem Schreiben für das Projekt im Eigental, die «finanzielle Situation» der Firma sei «sehr angespannt». Später heisst es, aufgrund «internationaler Auflagen bei Finanztransaktionen» müssten noch Dokumente autorisiert werden.
Die letzte Nachricht stammt vom April 2024. Darin steht, die «Prüfung der Dokumente» durch Behörden benötige mehr Zeit, als Stalder «ursprünglich zugesichert» worden sei. Seither herrsche Funkstille, meint Marc. Für das Aarburger Projekt verschickte die Firma teils quasi identische Briefe.
Andere Personen haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Einem Anleger des Aarburger Projekts hat ein Mitarbeiter der Stalder-Gruppe kürzlich per Telefon Ende Januar 2025 als Auszahlungsdatum genannt, wie er erzählt. Davor habe er die Firma monatelang nicht erreicht. Ein anderer Kleinanleger hat komplett aufgegeben – und fragt nicht mehr nach.
Stalder weist Fehlverhalten vollumfänglich zurück
Strafanzeigen sind in Luzern nicht eingegangen – obwohl in die drei Stalder-Projekte rund 2500 Kleininvestoren insgesamt 2,8 Millionen Euro investiert haben. Für viele sei die Summe, auf die sie warten, zu tief, um einen Anwalt zu engagieren, mutmasst Marc. Er denkt über rechtliche Schritte nach, wenn er nicht bald sein Geld erhält.
Daniel Stalder, Geschäftsführer der Stalder-Gruppe, meldet sich schnell nach der Anfrage von zentralplus. Die Vorwürfe weist er von sich. «Alle Anleger, die wollten, wurden ausbezahlt. Alle, die weiter investieren wollten, können weiterhin bei sehr guten Zinsen profitieren.»
Die Darlehensverträge seien verlängert und die Regeln damit nicht gebrochen worden. «Es gibt sogar Schreiben von Anlegern, die sich für die gute Abwicklung und die gute, hohe Zinszahlung bedankt haben.» Auch mit «Dagobert Invest» pflege sein Unternehmen einen guten Austausch.
Tatsache ist: Die Darlehensverträge gehen über zwei Jahre und bieten die Möglichkeit einer sechsmonatigen Verlängerung. Diese Frist zur Rückzahlung ist bei einigen Anlegern aber verstrichen. In den Verträgen steht auch, dass Stalder Nachrangdarlehen nicht zurückzahlen muss, wenn dies zur Zahlungsunfähigkeit führt.
Stalder soll gegenüber Vermittlern Versprechen gebrochen haben
Gibt es tatsächlich einen «guten Austausch» mit der Vermittlungsplattform? Eine Anfrage bei Andreas Zederbauer, Geschäftsführer der Plattform «Dagobert Invest» aus Wien, lässt auf anderes schliessen. Er schreibt:
«Wir haben berechtigten Grund zur Annahme, dass Stalder die Rückzahlungen der Projekte in den kommenden 2 Monaten leisten kann. Uns liegen entsprechende Informationen und Unterlagen vor. Leider hat Herr Stalder bei seinem letzten Versprechen sein Wort mir gegenüber nicht gehalten. Das fand ich sehr bedauerlich.»
Im Mai 2024 schrieb der Österreicher zentralplus: «Ich teile die Entrüstung, dass es weder vertraglich gedeckt war, noch moralisch, dass das Projekt (in Vitznau) verkauft, der Erlös aber offenkundig nicht zur Abdeckung der Anlegerforderungen verwendet wurde.» Keines der drei Projekte habe Stalder «pünktlich bezahlt».
Momentan darf das Luzerner Unternehmen auf der Website «Dagobert Invest» keine neuen Projekte bewerben. Denn Zederbauer sagt: «So lange nicht alle fälligen Projekte zurückbezahlt sind, listen wir auch keine neuen Projekte.»
*Der Name ist geändert. Der Redaktion ist der echte Name bekannt.
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.