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Um Luzern schiessen immer neue Überbauungen in die Höhe. Nicht immer wirken sie, wie sie auf den Visualisierungen dargestellt sind. zentralplus hat fünf Orte besucht und gefragt: Haben die Architekten übertrieben?
Visualisierungen wecken Sehnsüchte nach einer Welt, in der immer Sommer ist. Einer Stadt, deren Bewohner stets gut gekleidet und glücklich sind. Und unter Bäumen wandeln, die immer blühen. Sie stehen am Anfang jedes Grossprojekts und sind die Visitenkarte der Planer. Mit Visualisierungen gewinnen Architekten Ausschreibungen und die Gunst der Stimmbürger.
Doch die Frage ist: Präsentieren uns die Kreativen eine Traumwelt? Und kann die Realität mit den Animationen eigentlich mithalten? zentralplus hat den Test gemacht und fünf Grossprojekte verglichen, die in den letzten Jahren rund um Luzern entstanden sind.
Kriens Mattenhof: Wie grün wurde es?
Das kubistische Quartier am Bahnhof Kriens Mattenhof wurde 2019 fertiggestellt und bietet Platz für Wohnungen und Gewerbe. Kritik gab es an den wenigen Grünflächen. Die Grosseigentümerin Mobimo AG erwiderte, das Quartier sei in einer ländlichen Umgebung bewusst «urban» geplant (zentralplus berichtete). Wie sieht es heute im Quartier aus?
Der Vergleich zeigt viele Übereinstimmungen. Baukörper und Bepflanzungen sind identisch. Einzig die Jahreszeit und die Menge an Passanten unterscheiden sich. Was nicht ist, kann ja noch werden. Der Sommer kommt bald und der Krienser Mattenhof wird zukünftig an Relevanz gewinnen. Also weiter in die Neustadt Luzern zur Siedlung Himmelrich.
Siedlung Himmelrich in Luzern: Konzept geglückt?
«Keine Massenware, lokal und regional, frisch und saisonal, innovativ, modern, freundlich und anziehend, keinesfalls Nullachtfünfzehn.» So lautete die Vision der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) für die Gastro- und Gewerbemeile in der Siedlung Himmelrich 3 (zentralplus berichtete). Die gesamte Überbauung in der Neustadt bietet Platz für 250 Wohnungen und 24 Lokale. Diesen Oktober feierte die ABL den Abschluss der Bauarbeiten. Ist das Konzept aufgegangen?
An einem nassgrauen Abend im Dezember fällt der eine oder andere Unterschied auf. Nicht nur wegen des Wetters, auch baulich unterscheidet sich die Visualisierung von der Realität. Da wäre zum Beispiel das Kiesbett, das neu dazugekommen sein muss. Und das Ende der Strasse verspricht einen Weitblick, der in Wahrheit nicht vorhanden ist. Grundlegend ist aber auch hier die Stossrichtung korrekt – auch wenn die Bäume noch wachsen müssen.
Mall of Switzerland: Wie belebt ist sie?
Im Jahr 2017 feierlich eröffnet, ist die Mall of Switzerland heute in der ganzen Zentralschweiz bekannt. Nicht immer sind die Schlagzeilen schmeichelhaft. «Unter der Woche herrscht tote Hose», schrieb zentralplus diesen Frühling. Denn das Einkaufszentrum, das einst 450 Millionen Franken kostete, ringt um Besucher. Auf den Visualisierungen der Architekten versprach man sich einst anderes.
An einem winterlichen Tag vor Weihnachten tummeln sich einige Menschen auf dem Ebisquare vor dem Einkaufszentrum. Sie sind auf der Eisfläche, die von einem Bretterzaun abgeschirmt wird. Trubel wie auf der Visualisierung gibt es nicht. Doch wie beim Krienser Mattenhof, gilt auch hier: Was nicht ist, kann ja noch werden.
Universität Luzern: ein Leuchtturmprojekt
Weiter gehts in die Innenstadt zu einem Luzerner Leuchtturmprojekt: dem Bau einer eigenen Universität. 2006 stimmten die Stimmbürger für den Umbau des Postbetriebsgebäudes. Noch im Folgejahr begannen die Bauarbeiten – während die Arbeit im Briefsortierzentrum weiter ging. Damals stellte man sich die zukünftige Universität und PH Luzern so vor.
Die Visualisierung der Universität zeigt auf den ersten Blick, was man von der Universität kennt. Die charakteristische Toblerone-Fassade, die Baumreihe, den Blick in Richtung Bahnhof. Doch halt, was ist denn das? Auf der Visualisierung ragt ein grosses Vordach auf den Platz, von dem heute jede Spur fehlt.
Das KKL: Vom Entwurf zur Realität
Gleich neben der Universität steht das wohl bekannteste Gebäude des Kantons. Mit dem Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) hat sich der französische Stararchitekt Jean Nouvel ein Denkmal gesetzt.
Interessant: Den Architekturwettbewerb 1989 gewann Jean Nouvel mit seinem Kollegen Emmanuel Cattani, die Stadt Luzern setzte sich aber für den Drittplatzierten Rodolphe Luscher ein. Die Stadt argumentierte, Nouvel und Cattani hätten im Entwurf zu viel Seegrund genutzt und daher die Regeln des Wettbewerbs verletzt. Ursprünglich planten die beiden Folgendes.
Ihr Entwurf «Opus» polarisierte, so viel ist klar. Trotzdem kontaktierte die Trägerschaft Jean Nouvel erneut, nachdem Rodolphe Luscher abgesprungen war. Der Franzose willigte ein, überarbeitete seinen Ursprungsentwurf. 1994 stimmten die Luzerner für den Bau, sechs Jahre später öffnete das Haus seine Pforten. Heute sieht der imposante Bau klar anders aus als einst dargestellt.
Die Geschichte der grossen Bauprojekte und wilden Visionen ist nicht zu Ende. Aktuell ermutigen die Visualisierungen für das Verwaltungsgebäude auf dem Seetalplatz und für das neue Luzerner Theater zum Träumen. Ob die Bauten dereinst so aussehen werden wie versprochen? zentralplus bleibt dran.