Herrenlose Kleinstgrundstücke

So wirst du in Zug zum Grundbesitzer – gratis und legal

Herrenlose Grundstücke, wie etwa Waldstücke, hier als Beispiel der Teufiwald bei Morgarten ZG, lassen sich, sofern freigegeben, per Schreiben ans Grundbuchamt kostenlos aneignen. (Bild: hch)

Grundstücksbesitzer von Zug zu werden, kann gratis sein – trotz Quadratmeterpreisen im vier- bis fünfstelligen Frankenbereich. Besitzerlose Kleinst- und Marginalgrundstücke kann sich eine jede oder ein jeder aneignen.

Jonas Lauwiner, der selbst ernannte König von Burgdorf, ist laut «Blick» bereits seit Anfang 2022 im Besitz von rund 65’000 Quadrametern Land, vorwiegend im Kanton Bern und rund um Burgdorf, wo er in einem Schloss residiert. Er hat sich 2019 in der Stadtberner Nydeggkirche zum König krönen lassen und hat auch eine eigene Währung für sein Reich eingeführt. Den sogenannten Empire Vellar, den er sogar prägen liess.

In den vergangenen Tagen sorgte Jonas Lauwiner auch im Fernsehen für Furore. Das Wissensmagazin «Galileo» auf dem Sender Pro Sieben widmete ihm eine zehnminütige Sendezeit und hat ihn dafür eigens mit einem Fernsehteam auf seinem Schloss im bernischen Burgdorf besucht.

Der Titel «König von Zug» steht jeder und jedem offen

Recherchen von zentralplus zeigen nun, dass die Ausgangslage für Nachahmer, also für einen König von Zug, perfekt ist. Auf Nachfrage beim Amt für Grundbuch und Geoinformation des Kantons Zug bestätigt Abteilungsleiterin Grundbuch und Grundbuchverwalterin Gabriela Gajski, dass es auch im Kanton Zug Grundstücke gibt, die niemandem gehören. Und auf die niemand im Kanton Zug Anspruch erhebe, auch nicht der Kanton Zug selbst.

Wie vom Bund vorgeschrieben, werde auch im Zuger Grundbuch jede Liegenschaft als Grundstück geführt. «Grundstücke, bei welchen die ursprünglichen Eigentümer ihr Eigentumsrecht aufgegeben haben, ohne es jemand anderem zu übertragen, werden im Grundbuch ohne Eigentümer und als herrenlos geführt», klärt sie auf. Solche Grundstücke könne es immer geben, auch im Kanton Zug, wo die Grundstückspreise bei einem Quadratmeterpreis im mittleren vierstelligen Bereich anfangen würden.

Allerdings sind solche herrenlosen Grundstücke oft ohne jeden Wert, da sie von ihren Vorbesitzern als nutzlos oder gar als belastend empfunden und deshalb aufgegeben worden sind.

Umschreibegebühren als einzige Aneignungskosten

Herrenlose Grundstücke könnten gemäss Art. 658 des Zivilgesetzbuches vorbehältlich der Regelungen nach dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) und Bewertungsgesetz (BewG) grundsätzlich von jeder Person angeeignet werden, wie die Juristin vom Fach erklärt. Es sei dafür lediglich eine schriftliche Erklärung der Person erforderlich, die sich das Grundstück aneignen möchte. «Ein Kaufpreis ist dafür nicht zu entrichten», sagt Gabriela Gajski und erklärt: «Es fallen ausschliesslich die Grundbuchgebühren für die Umschreibung des Eigentums an.»

Was das Grundbuchamt nicht preisgeben will: wo in Zug solche Grundstücke liegen. Ebenso wenig will es darüber urteilen, ob es denn Sinn ergeben würde, solche herrenlosen Grundstücke in Beschlag zu nehmen. Es könne und dürfe nicht Aufgabe des Grundbuchamtes sein, zu beurteilen, ob eine Aneignung sinnvoll sei oder nicht, heisst es.

Eine Goldgrube lässt sich daraus nicht machen

Eines sei hingegen klar: Aus mit Fahr- und Wegrechten belasteten Grundstücken lasse sich kein Kapital schlagen. So seien gerade Strassengrundstücke in der Regel mit Dienstbarkeiten wie Fuss- und Fahrwegrechten belastet. «Eine Einforderung von Abgaben ist bereits deshalb rechtlich den Berechtigten gegenüber nicht durchsetzbar.»

Sie hält fest, dass es eher selten zu Dereliktionen, also sogenannten Eigentumsaufgaben oder auch Aneignungen von Grundstücken, komme. Doch habe das Grundbuchamt auch noch jüngst solche verzeichnet. Folglich ist ein Fall des Königs von Burgdorf gemäss schweizerischem Gesetz mit Aneignen von zahlreichen Schnipselgrundstücken durchaus möglich.

Wer König werden will, muss trotzdem tief in die Tasche greifen

Wobei dann die Nachahmung daran scheitern dürfte, dass dieser König nur zu einem hohen Millionenbetrag angemessen residieren könnte. Denn für eine entsprechende Immobilie müsste er im Kanton Zug entsprechend tief in die Tasche greifen können. Unter einem zweistelligen Millionenbetrag geht im Kanton Zug für eine Residenz bekanntlich so gut wie nichts.

Und auch weitere Unkosten, in die sich der selbst ernannte König von Burgdorf gestürzt hatte, dürften sich potenzielle Nachahmer schwerlich zumuten. So hatte Lauwiner eine Panzerhaubitze erworben und liess es sich nicht nehmen, im vergangenen Jahr höchstpersönlich unter und in Militäruniform unter entsprechendem Medienecho auf dem Bundesplatz vor dem Bundeshaus in Bern vorzufahren.

Zug pflegt liberalen Umgang mit Grundstücksaneignungen

In Zug ist der Umgang mit herrenlosen Grundstücken grundsätzlich nicht gesondert geregelt. Anders als in anderen Kantonen, wo aufgegebene Grundstücke teils automatisch in den Kantonsbesitz übergehen. «Im Kanton Zug gibt es – im Gegensatz zu anderen Kantonen – keine gesetzliche Grundlage, gemäss welcher herrenlose Grundstücke automatisch ins kantonale Eigentum übergehen beziehungsweise der Kanton sich diese aneignen müsste», erläutert Gabriela Gajski die Ausgangslage. «Entsprechend stehen die herrenlosen Grundstücke der Aneignung gemäss Zivilgesetzbuch offen.»

Verwendete Quellen
  • Mehrere Artikel auf «Blick» online zu Jonas Lauwiner, dem selbst ernannten König von Burgdorf
  • Beitrag von «Galileo»
  • Schriftlicher Austausch mit Gabrial Gajski, Leiterin Abteilung Grundbuch beim Grundbuchamt des Kantons Zug

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