Umstrittene Pauschale

So verdienen Verwaltungen mehr Geld mit der Energiekrise

Wer mit Öl und Gas heizt, zahlt dieses Jahr massiv höhere Nebenkosten. Die Verwaltungen hingegen profitieren davon. (Bild: Adobe Stock)

Die Heiz- und Nebenkosten steigen markant. Was das Portemonnaie von Mieterinnen und Mietern belastet, ist für manche Verwaltung eine zusätzliche Einnahme. Und die Politik schaut einfach zu.

Mit dem Krieg in der Ukraine ist in ganz Europa eine Energiekrise ausgebrochen. Gas, Öl, Benzin, Strom – alles wird teurer. Davon betroffen sind insbesondere Mieter, die in einem Haus wohnen, das mit Gas oder Öl beheizt wird. In der Stadt Luzern beispielsweise trifft das auf neun von zehn Häusern zu (zentralplus berichtete).

Diesen Mieterinnen droht mit der nächsten Abrechnung der Heiz- und Nebenkosten ein Schock. Auch wenn sich die Gas- und Ölpreise in den letzten Monaten wieder etwas erholt haben – die nächste Nebenkostenabrechnung dürfte für viele ungemütlich werden (zentralplus berichtete).

Darum lohnt es sich, die Rechnung genau zu prüfen. Dabei fällt eine Rechnungsposition auf, die als «Honorar» oder «Verwaltungspauschale» bezeichnet ist. Je nach Umfang der Rechnung ist das ein Betrag von mehreren Hundert Franken. Da kommt zwangsläufig die Frage auf, was darunter zu verstehen ist.

Verwaltungen kassieren ein Honorar für ihren Aufwand

Daniel Gähwiler, Co-Geschäftsleiter beim Mieterverband Luzern, klärt auf: «Grundsätzlich darf die Vermieterschaft nur die tatsächlichen Kosten in der Abrechnung in Rechnung stellen. Trotzdem dürfen aus praktischen Gründen die Kosten für Wartung und Verwaltung der Heizungsanlage oder der Warmwasseraufbereitungsanlage nach Aufwand oder gemäss den üblichen Ansätzen abgerechnet werden.» Diese sogenannten «üblichen Ansätze» werden als Prozentsätze den tatsächlichen Kosten aufsummiert und landen schliesslich unter dem Kostenpunkt «Honorar» auf der Nebenkostenabrechnung. Es ist somit eine Aufwandsentschädigung für die Verwaltung.

Diese Verwaltung verlangt ein Honorar von rund 3 Prozent auf die gesamten Heiz- und Nebenkosten.

Der Prozentsatz ist je nach Kanton unterschiedlich, bewegt sich meistens aber zwischen drei und vier Prozent. In den Kantonen Luzern und Zug ist ein Ansatz von drei Prozent üblich.

Auf der Nebenkostenabrechnung fristete dieser Kostenpunkt bisher ein Schattendasein, da er im Vergleich zu den anderen Positionen tief ist. Vor dem Hintergrund der Energiekrise kommt dem Verwaltungshonorar aber eine neue Bedeutung zu. Denn da dieses prozentual abgerechnet wird, steigt das Honorar automatisch bei steigenden Heiz- und Nebenkosten – obwohl sich der Aufwand für die Verwaltungen nicht vergrössert.

«Sollten die Heiz- und Nebenkosten stark variieren, werden wir auch den Pauschalzuschlag in Relation mit dem Aufwand setzen.»

Stefan Ziegler, Baugenossenschaft EBG

Bei den tiefen Prozentsätzen fallen diese Mehreinnahmen pro Wohnung zwar kaum ins Gewicht. Die Mieterin spürt davon wenig. Doch bei den grossen Verwaltungen, die für mehrere Tausend Wohnungen zuständig sind, kommt so eine ordentliche Summe im sechs- oder gar siebenstelligen Bereich zusammen.

Wie gehen Genossenschaften mit dem Thema um?

Profitieren die Verwaltungen also von der Energiekrise, auf Kosten der Mieter und Mieterinnen? Oder haben die Verwaltungen reagiert und den Prozentsatz für das Honorar den gestiegenen Energiepreisen angepasst? zentralplus hat bei mehreren Verwaltungen und Wohnbaugenossenschaften aus Zug und Luzern nachgefragt und ist auf unterschiedliche Antworten gestossen.

«Der Sinn eines Mittelwertes ist es, nicht jedes Jahr nach oben oder nach unten korrigieren zu müssen. Daran halten wir uns.»

Stefan Moos, Verwaltungsrat Korporation Zug

Die Regimo Zug AG, welche im Kanton Zug rund 1600 Wohnungen verwaltet, ist sich der Thematik bewusst, hat bislang aber noch keine Massnahmen getroffen. Geschäftsführer Matthias Häfelin sagt auf Anfrage, dass die gestiegenen Energiepreise bei der letzten Abrechnung per 30. Juni 2022 noch kaum spürbar waren. Die Nebenkosten haben darum im Schnitt der letzten Jahre gelegen, weshalb der Prozentsatz für den Aufwand nicht angepasst wurde. Häfelin stellt aber in Aussicht: «In Hinblick auf die zukünftigen Abrechnungen werden wir aufgrund der höher ausfallenden Nebenkosten eine Überprüfung der Ansätze vornehmen und bei Bedarf anpassen.»

Spannend ist die Frage, wie die Baugenossenschaften mit dem Thema umgehen – schliesslich verfolgen diese mit der Kostenmiete das Ziel, kein Profit aus der Vermietung von Wohnungen zu ziehen. Die Luzerner Wohngenossenschaft EBG besitzt rund 410 Wohnungen und hat bislang keine Anpassung der Verwaltungspauschale vorgenommen. Man werde erst mit der nächsten Nebenkostenabrechnung sehen, wie stark die Kosten steigen und wie sich das auf die Verwaltungspauschale auswirkt.

Die Baugenossenschaft EBG bewirtschaftet vor allem Wohnungen im Geissenstein-Quartier. (Bild: EBG)

So sagt Geschäftsleiter Pascal Ziegler auf Anfrage: «Sollten die Heiz- und Nebenkosten stark variieren, werden wir auch den Pauschalzuschlag in Relation zum Aufwand setzen. Dies war in der Vergangenheit nie nötig, da die Kosten immer im gleichen Rahmen wie die Vorjahre waren.» Zudem dürfen sich die Mieter ohnehin auf ein kleines Geschenk der EBG freuen. Um die steigenden Nebenkosten abzufedern, wird die Baugenossenschaft die Mietzinsen um drei Prozent senken. Das dürfte für die Mieterinnen stärker spürbar sein als die gestiegene Verwaltungspauschale.

Die meisten Verwaltungen passen die Pauschale nicht an

Anders ist die Situation bei der Korporation Zug, welche in Zug rund 220 Wohnungen verwaltet. Auch sie hat es sich zum Ziel gesetzt, faire Mietzinsen anzubieten. Die Korporation passt die Pauschale von drei Prozent nicht an die gestiegenen Heizkosten an. Verwaltungsrat Stefan Moos begründet: «Beim von Mieter- und Hauseigentümervertretungen akzeptierten Prozentsatz handelt es sich um einen langjährigen Mittelwert, welcher schon von mehreren Gerichten gestützt wurde. Der Sinn eines Mittelwertes ist es, nicht jedes Jahr nach oben oder nach unten korrigieren zu müssen. Daran halten wir uns.»

Damit ist die Korporation Zug in guter Gesellschaft. Denn wie eine Umfrage der NZZ unter den grössten Verwaltungen der Schweiz zeigt, haben die wenigsten den Prozentsatz angepasst. Die Pauschale werde in Zeiten tiefer Energiepreise auch nicht nach oben korrigiert, begründen die Verwaltungen. Zudem erhielten die Verwaltungen seit der Pandemie viel mehr Anfragen von Mieterinnen, weshalb sich der administrative Aufwand erhöht hat. Es sei darum gerechtfertigt, die Mehreinnahmen durch die gestiegenen Energiepreise zu behalten.

Thema läuft unter dem politischen Radar

Erstaunlich ist, dass es das Thema bislang nicht auf die politische Bühne geschafft hat. Denn auf allen politischen Ebenen provozierte die Energiekrise eine ganze Reihe von Vorstössen und Massnahmen (zentralplus berichtete). Eine Regulierung der Verwaltungspauschale hingegen hat noch niemand gefordert.

Was bedeutet, dass Mieter sich selbst überlassen sind. Die Pauschale an sich lässt sich zwar nicht anfechten. Doch Daniel Gähwiler vom Mieterverband rät, keine Pauschale von über drei Prozent zu akzeptieren. «Fällt der tatsächliche Verwaltungsaufwand wirklich höher aus, müsste dies von der Verwaltung halt belegt und nicht pauschal verrechnet werden.» Es kann sich also lohnen, die nächste Nebenkostenabrechnung ganz genau zu studieren.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Daniel Gähwiler
  • Telefonat mit Manuela Weichelt
  • Schriftlicher Austausch mit Pascal Ziegler, Matthias Häfelin und Stefan Moos
  • Artikel der NZZ
  • Informationen des Mieterverbands
  • Preisentwicklung von Heizöl
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Marc
    Marc, 20.02.2023, 11:57 Uhr

    Es ist echt eine Sauerei, aber so läuft es schön länger, nicht nur mit der Miete.

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  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 19.02.2023, 09:15 Uhr

    „Was bedeutet, dass Mieter sich selbst überlassen sind.“ Na so was aber auch! Dabei sind ja die alle noch minderjährig oder unter Vormundschaft. Der Staat hat sofort zu den Pampers zu greifen.

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    • Profilfoto von Samuel Kneubuehler
      Samuel Kneubuehler, 19.02.2023, 13:52 Uhr

      Unnötiger Kommentar! Es geht um Leute, die dies nicht können.

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      • Profilfoto von Peter Bitterli
        Peter Bitterli, 19.02.2023, 18:03 Uhr

        Was nicht können?

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        • Profilfoto von tore
          tore, 20.02.2023, 19:12 Uhr

          Mit überlegen kommen Sie sicherlich selber drauf.

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