Besucher, Subventionen, Gewinn

So beliebt ist das Luzerner Theater wirklich

Der vorgesehene grosse Saal des neuen Theaters: Auf Knopfdruck soll er sich dereinst auch ebenerdig nutzen lassen. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images)

Wie viel verdient das Theater, was kostet der Betrieb die Stadt, und nehmen die Besucherzahlen wirklich ab? Hier gibt es Antworten zu den brennendsten Fragen zum neuen Luzerner Theater.

In einem offenen Brief fordern über 40 junge Architekten einen niederschwelligen Kulturort – und kritisieren das geplante neue Luzerner Theater als zu gross geraten. Auch der Verein Stadtbild Luzern, verantwortlich für die blockierten Hochhausprojekte am Bundes- und Pilatusplatz, meldete sich am Freitag zu Wort: Das vorgesehene «Luxus-Theater» schade dem Stadtbild – und werde viel mehr Subventionen verschlingen als das heutige Haus.

Zudem kämpfen zwei Nein-Komitees und die Juso wortstark gegen das Projekt und den Projektkredit von 13,8 Millionen Franken, über den am 9. Februar abgestimmt wird (zentralplus berichtete). Dabei kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit den Befürwortern. Zur Erinnerung: Das Stadtparlament, der Stadtrat, die grossen Kulturbetriebe und auch der Branchenverband der freien Theaterszene unterstützen das Projekt.

zentralplus warf daher kürzlich einen Blick auf die Baukosten und die Kritik daran. Nun geht es um die Subventionen des Theaters und den Betrieb. Denn aus den Reihen der Gegnerschaft ist häufig zu hören, dass die Besucherzahlen abnehmen würden – während die staatliche Unterstützung in Zukunft explodiere. Was ist da dran?

Für die Befürworter geht es um die Zukunft von Theater in Luzern

Am 9. Februar geht es zwar «nur» um einen 13,8-Millionen-Franken-Planungskredit, der Entscheid gilt jedoch als richtungsweisend. Denn bei einem Nein wird die Stadt viele Jahre kein neues Projekt vorlegen, wie zentralplus erfahren hat (zentralplus berichtete).

Die Gegner halten den Anbau für zu gross – und den Abstand zur Jesuitenkirche für zu klein. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images)

Für die Befürworter steht daher die Zukunft vom professionellen Mehrspartentheater in Luzern auf dem Spiel. Denn das baufällige heutige Theater wird in einigen Jahren voraussichtlich nicht mehr nutzbar sein – und frühere Versuche, ein neues Theater zu bauen, Stichwort Salle Modulable, scheiterten. Eine aktuelle Frage muss daher lauten: Ist Theater in Luzern überhaupt beliebt?

So viel Besucher und Gewinn hat das Luzerner Theater

Die Antwort liefert ein Blick auf die Besucherzahlen. Dabei gibt es zwei Werte. Erstens, wie viele Besucher zu Vorstellungen ins heutige Theater kommen – das waren in der Saison 2023/24 etwa 58’800, wie der Jahresrechnung zu entnehmen ist. Und zweitens, wie viele Personen das Theater erreicht hat, also inklusive Veranstaltungen und anderen «Vermittlungsangeboten». Das waren dazumal rund 94’000.

Ein Kostümverkauf im Theater. (Bild: kap)

zentralplus hat Jahresrechnungen seit 2013 ausgewertet und festgestellt: Die Anzahl Besucherinnen erreichte ihr Hoch in den Spielzeiten 2016 bis 2018, unter dem damaligen Intendanten Benedikt von Peter, der heute in Basel wirkt. Damals erreichte das Theater über 110’000 Personen pro Spielzeit, rund 73’000 besuchten Vorstellungen.

Danach stürzten die Publikumszahlen im ersten Jahr der Pandemie ein, seither schwanken sie. Ähnlich verhält es sich mit dem Gewinn, der zwischen plus 80’000 und minus 140’000 Franken pro Jahr schwankt. Auffällig ist der Gewinn- und Zuschauereinbruch in der vorletzten Saison. Was dafür verantwortlich ist, Energiekosten oder vielleicht Pandemiefolgen, wurde öffentlich nicht thematisiert.

Die Zahlen der Saison 2023/24 zeigen jedoch, dass sich das Theater in der vergangenen Saison aus diesem Zuschauerloch befreien konnte. Mit 76 Prozent hatte das Haus eine vergleichsweise hohe Auslastung. Das heisst: Drei von vier Plätzen waren besetzt. Das Theater Basel unter der künstlerischen Leitung von Benedikt von Peter kam beispielsweise nur auf 66 Prozent.

Die Auswertung von zentralplus zeigt ebenfalls, dass die Auslastung im Theater Luzern schon lange vergleichsweise hoch ist – teils über 80 Prozent. Selbst nach der Pandemie ging sie «nur» auf 70 Prozent zurück.

So viel Geld geben Stadt und Kanton dem Theater

Klar ist: Der Betrieb des Luzerner Theaters hängt stark von öffentlichem Geld ab. Das Budget des Theaters liegt jede Saison bei rund 25 Millionen Franken. Etwas mehr als 20 Millionen Franken übernimmt der Zweckverband Grosse Kulturbetriebe, den der Kanton zu 60 und die Stadt zu 40 Prozent finanzieren. Aus diesem Topf erhalten auch das Sinfonieorchester, Verkehrshaus, Kunstmuseum und Lucerne Festival Unterstützung.

Die übrigen vier bis fünf Millionen Franken pro Saison nimmt das Theater selbst ein, vor allem durch Ticketverkauf und Drittmittel. Der grösste Teil der Ausgaben sind Personal- und Lohnkosten für die knapp 400 temporären und festen Mitarbeiterinnen pro Saison. Sie ermöglichen die rund 350 Veranstaltungen.

Das ist der Plan fürs neue Luzerner Theater

Und wie sieht die Zukunft aus – sofern der Planungskredit und in zwei bis drei Jahren auch das Bauprojekt und die notwendige Umzonung angenommen werden? Das verrät ein Betriebskonzept, das extern geprüft und für umsetzbar, aber «ambitioniert» befunden wurde (zentralplus berichtete).

So soll die Front des neuen Luzerner Theaters aussehen. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images)

Die Verantwortlichen gehen von 25 Prozent mehr Publikum aus, 100’000 Besucherinnen pro Spielzeit sowie einer Auslastung von 80 Prozent. Dazu kommt ein deutlich höheres Budget von 33,5 Millionen Franken. Der Anteil an staatlicher Unterstützung soll allerdings kaum steigen. Der Zweckverband soll sich am Budget künftig mit 22 statt heute 20 Millionen Franken beteiligen.

Dafür soll der Eigenfinanzierungsgrad des Theaters wachsen, von zuletzt 17 auf künftig 35 Prozent. Die Verantwortlichen hoffen dafür auf den Neuheitseffekt und Fundraising, Gastronomie, Vermietungen und vor allem auf mehr Touristinnen als Zuschauer. Ausserdem ist geplant, dass der grosse Saal im neuen Haus 680 Sitzplätze hat, also 200 mehr als heute.

Freie Szene unterstützt Neubau – fordert aber Zugeständnisse

Bedeutet: Neben den offiziell geschätzten Baukosten von 130 Millionen Franken (plus/minus 20 Prozent) soll die öffentliche Hand für den Betrieb des Theaters in Zukunft kaum mehr belastet werden als heute. Die jährlichen Mehrkosten soll vor allem das Theater selbst finanzieren.

Zweifel an diesen Baukosten gibt es jedoch – wie früher thematisiert. Teile der Gegnerschaft gehen von Kosten von bis zu 374 Millionen Franken für das neue Haus aus. Der für die Kostenschätzung verantwortliche Bauökonom widerspricht. Ausserdem: Neben der Stadt sollen auch Private substanzielle Anteile der Baukosten übernehmen.

Auch die freie Szene äussert Kritik: Der Verband «t.Zentralschweiz» unterstützt zwar das Projekt, fürchtet aber, dass die Betriebskosten höher ausfallen als erwartet – und daher Geld für die freie Szene verloren geht. Es brauche einen neuen «Kulturkompromiss» mit mehr Unterstützung für Freie, fordert der Verband in einer Mitteilung am Freitag.

Aktuell sucht die Stadt nach Lösungen, damit das neue Theater auch für die freie Szene nutzbar ist (zentralplus berichtete). Die Hauptfrage: Wer zahlt die Miete? Denn Freie können sich die Raummiete nicht leisten – und das Theater keine Räume gratis anbieten. Schliesslich soll das Haus künftig mehr Geld einbringen als heute.

Verwendete Quellen
  • Stellungnahme des «Hochparterre»
  • Meinungsstück von Stanislaus von Moos
  • Betriebskonzept für das neue Luzerner Theater
  • Bericht und Antrag der Stadt zum neuen Luzerner Theater
  • Jahresrechnungen des Luzerner Theaters und Berichterstattung seit 2013
  • zentralplus-Medienarchiv zum neuen Luzerner Theater
  • Medienmitteilung des Vereins Stadtbild Luzern
  • Medienmitteilung von «t.Zentralschweiz»
  • Offener Brief des Nein-Komitees
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