Forscherinnen der Hochschule Luzern sagen dem Krach den Kampf an: Baustellen sollen künftig nicht nur grüner werden, sondern auch weniger Lärm verursachen. Die Vision: E-Baustellen.
Wo gehobelt wird, da fallen die Späne. Auf Schweizer Baustellen bedeutet dies, dass durch den Betrieb von Baumaschinen und Transportfahrzeugen grosse Mengen an Treibhausgasen sowie weitere Schadstoffe und Lärm entstehen, wie die Hochschule Luzern (HSLU) in ihrer Medienmitteilung schreibt. Elektromotoren könnten Abhilfe schaffen. Darum geht ein Forschungsprojekt der HSLU in den nächsten zwei Jahren der Frage nach, wie die Elektrifizierung auf städtischen Baustellen vorangetrieben werden kann.
«Wir sehen grosses Potenzial, diese Branche nachhaltiger zu gestalten», sagt Projektleiterin Karina von dem Berge. Wie eine Vorstudie gezeigt habe, sei das Interesse bei Baufirmen und Städten gross. «Gerade die Städte als Auftraggeberinnen von grossen Bauprojekten sind sehr daran interessiert, auch auf den Baustellen Emissionen einzusparen, um so ihrem Ziel der Klimaneutralität näherzukommen.»
Luzerner E-Baustellen mit weniger Lärm als Pilotprojekte
Um das Klimaziel bis 2050 zu erreichen, muss die Schweiz die Treibhausgasemissionen reduzieren. Der Gebäudesektor hat daran einen Anteil von 25 Prozent. Schätzungen gehen davon aus, dass Baumaschinen und Transportfahrzeuge über die Lebensdauer eines Gebäudes zwei Prozent ausmachen. «Das klingt nach wenig. In der Summe ist es aber beachtlich», ist Karina von dem Berge überzeugt.
Wie gross das Potenzial für CO₂-Einsparungen und bei der Minderung von Lärm auf den Baustellen tatsächlich ist, sollen in den kommenden zwei Jahren drei Pilot-E-Baustellen in Luzern, Basel und Zürich zeigen.
«Wir sind positiv überrascht von der Begeisterung und Offenheit, mit der viele auf die Idee der E-Baustellen zugehen», sagt von dem Berge. «Diese Haltung ist entscheidend, um die Transformation in einer so traditionell geprägten Branche voranzutreiben.»
Leise E-Baustellen erfordern neue Arbeitsabläufe
Auf den Pilotbaustellen probieren die drei Städte aus, was aktuell in der Schweiz bereits umsetzbar ist. Dort gesammelte Daten können mit konventionellen Baustellen verglichen werden, auf denen dieselbetriebene Maschinen und Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Gleichzeitig wollen die Forscher untersuchen, wie reibungslos sich E-Maschinen und -Fahrzeuge in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Denn: Um Ladezeiten zu koordinieren und eine geeignete Ladeinfrastruktur bereitzustellen, müssten Arbeitsabläufe neu organisiert werden.
Auch dafür entwickeln die Forscherinnen der HSLU eine Online-Plattform, die als Drehscheibe für die verschiedenen Interessengruppen der Baubranche dient. Dort können Baufirmen etwa E-Maschinen und E-Fahrzeuge ausleihen. «Damit erhalten auch kleinere und mittlere Baufirmen, die mit über 90 Prozent die Branchenmehrheit ausmachen, Zugang zu grossen E-Fahrzeugen», sagt Projektleiterin von dem Berge.
Eiertanz der Behörden und Baufirmen
Die Online-Plattform soll auch den Zugang zu partnerschaftlichen Finanzierungsmodellen ermöglichen, die helfen, die Mehrkosten bei der Anschaffung von elektrischen Baumaschinen und Transportfahrzeugen zu decken.
Und sie soll ein «Henne-Ei-Problem» lösen: Öffentliche Auftraggeber wie die Städte zögern, konkrete Pläne für die Elektrifizierung von Baustellen zu entwickeln, solange sie nicht wissen, wie viele Elektrofahrzeuge die Baufirmen haben. Die Baufirmen wiederum warten auf Signale der kommunalen Auftraggeber, bevor sie in die Elektrifizierung investieren. Mit der Plattform wollen die Forscher erreichen, dass Auftraggeber und Baufirmen ihre Interessen austauschen können.
- Medienmitteilung der Hochschule Luzern