Gegner fürchten Kostenexplosion

Neues Luzerner Theater: 130 oder 374 Millionen Baukosten?

Bauökonom Roger Gort hat die Baukosten fürs neue Luzerner Theater geschätzt. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images/zvg)

Die Berechnungen der Gegner überraschen: Laut ihren Zahlen könnte das neue Luzerner Theater über 300 Millionen Franken kosten. Nun widerspricht der Bauökonom, der die offiziellen Baukosten geschätzt hat.

Scharf schiesst das Nein-Komitee derzeit gegen die Stadt Luzern, die am 9. Februar einen Projektierungskredit für das neue Luzerner Theater an die Urne bringt. Die Gegnerschaft behauptet auf ihrer Website auf Basis eigener Berechnungen, der Neubau werde realistisch 374 Millionen Franken kosten und nicht 130 Millionen (plus/minus 20 Prozent), wie es die Stadt schätzt.

Was ist an den Zahlen dran? zentralplus fragt Roger Gort, Geschäftsführer des Büros für Bauökonomie in Kriens. Er ist für die Kostenschätzung der Stadt verantwortlich und sagt: «Diese simple Rückrechnung (der Gegnerschaft) ist methodisch nicht korrekt.»

Gegner bezweifeln Berechnungen der Stadt fürs neue Luzerner Theater

Das Nein-Komitee hält das vorliegende Projekt nicht nur für zu «wuchtig» für den Standort am Reussufer. Es wirft der Stadt auch vor, einen «massiv überteuerten» Planungskredit vors Volk zu bringen – oder die Baukosten dreimal tiefer anzugeben als realistisch (zentralplus berichtete).

Die Gegner sagen: Nach den Berufsstandards der Architekten (SIA) entspreche ein Projektierungskredit 4,8 Prozent der eigentlichen Bausumme. Dazu kämen Honorare, Baunebenkosten, Mehrwertsteuer und versteckte Kosten. Ausgehend vom 13,8-Millionen-Franken-Projektierungskredit, der im Februar vors Volk kommt, werde das Theater also 374 Millionen Franken kosten.

Gort: Gegner haben mehrere Positionen doppelt berechnet

Roger Gort, der die Berechnungen nach den Regelungen der SIA durchgeführt hat, widerspricht entschieden. Erstens gebe es keine SIA-Standards für Projektierungskredite. Ausserdem sei jedes Projekt einzigartig und werde geprägt von der Komplexität, den örtlichen Gegebenheiten, der Projektorganisation und den nötigen Abklärungen und Leistungen.

Bedeutet laut ihm: «Bei komplexeren Bauaufgaben, wie bei einem Theater, sind die Bauherren- und Planungsaufwendungen im Verhältnis höher als zum Beispiel bei einem Schulhausbau.» Gort findet: «Eine solche simple Rückrechnung ist nicht der geeignete Weg für die Ermittlung der Gesamtkosten.»

Roger Gort hat sich die Berechnungen der Gegnerschaft im Detail angeschaut. (Bild: zvg)

Zweitens kritisiert der Bauökonom, dass die Gegnerschaft mehrere Positionen «doppelt eingerechnet» habe. Honorare, Baunebenkosten und die Mehrwertsteuer seien in den Schätzungen seines Büros bereits enthalten. Die Gegner hätten diese Kosten erneut addiert.

zentralplus hat rund ein halbes Dutzend unabhängige Planungsbüros um eine Einschätzung der Kosten gebeten. Nur eines davon hat geantwortet. Seine Chefin betont, dass die fürs neue Luzerner Theater verantwortlichen «Fachexperten» einen «guten Job machen» würden.

Bühnentechnik und Mobiliar sind unsichere Kostenfaktoren

Was klar ist: Der Projektierungskredit ist vergleichsweise hoch. Daher verteidigt der Stadtrat die Summe in seinem Bericht: «Es ist sinnvoll, ausreichend Mittel in die Projektierung zu investieren – das hilft mit, die spätere Realisierung auf einer möglichst sicheren Berechnungsbasis vorzunehmen.»

Ebenfalls sind Kostensteigerungen beim Bauprojekt möglich. Der Stadtrat schreibt dazu: «Das Vorhaben beinhaltet einige Risiken, namentlich beim Baugrund, beim Zustand des Bestandsbaus und natürlich bei Unwägbarkeiten auf der Zeitschiene.»

Bereits seit der ersten Prüfung des Projekts der Ilg Santer Architekten 2021 sind die Kosten um zehn Millionen Franken gestiegen, da die Planung konkreter wurde. Ausserdem ist klar, dass nach der Planungsphase die Baukosten erneut angepasst werden – dann laut den Behörden mit einer Genauigkeit von plus/minus zehn Prozent.

So sah der erste Entwurf aus – der zweite Entwurf ist kleiner und hat eine grosse Glasfassade. (Bild: zvg)

Die grösste Kostenunsicherheit besteht gemäss Stadtrat aktuell bei «nutzungsspezifischen Anlagen». Beispielsweise Bühnentechnik, Scheinwerfer, Saalkonvertierungssystem, Podesterie, Audio-/Visioanlagen und Gastronomieeinrichtung. 25 Millionen Franken sind dafür vorgesehen.

Ebenfalls Unsicherheiten gibt es bei der Ausstattung, wie dem Mobiliar. Hier sind fünf Millionen Franken veranschlagt. Schätzungen hätten er und sein Team auf Basis von «Kennwerten ähnlicher Projekte» und aktueller Marktpreise erstellt, erläutert der Bauökonom Roger Gort.

Private sollen neues Luzerner Theater mitfinanzieren

Und was kostet das die Steuerzahler? Die Stadt will den Bau des Theatergebäudes zwar zahlen – plant aber eine Partnerschaft mit Privaten. «Nach wie vor gehen der Stadtrat und die Projektpartner davon aus, dass es gelingen wird, substanzielle private Finanzmittel im bisher angenommenen Umfang für die Investition beizubringen», schreibt die Stadtregierung.

Vorausgesetzt, dass das Stimmvolk für die Weiterplanung votiert. Das Ergebnis im Februar sei für «die Motivation privater Geldgebender von grosser Bedeutung», vermerkt die Stadtregierung.

Andere Projekte sind deutlich teurer als ursprünglich gedacht

Zurzeit geht es «nur» um knapp 14 Millionen Franken für die Ausarbeitung des Projekts – eine Abstimmung wäre also laut Gesetz nicht Pflicht. Der Stadtrat will jedoch laut eigenen Aussagen ein Stimmungsbild, ob die Erweiterung des Theaters eine Chance hat, wenn das definitive Projekt nach weiteren zwei Jahren Planung vors Volk kommt. 2030 soll das Haus eröffnet werden.

Rund 190, teils prominente «Botschafter» befürworten den Entwurf. Das Stadtparlament stellte sich einstimmig hinter den Projektierungskredit. Gegen das Projekt ist bisher als einzige Partei die Juso. Zudem stellt sich nun wie erwähnt ein Nein-Komitee, in dem sich gut eine Handvoll bekannter Denkmalschützer, Architekten und Unternehmer öffentlich engagiert, dagegen.

Ihre Angst vor einer Kostenexplosion kommt nicht von ungefähr. Mit dem Sicherheitszentrum Rothenburg und dem Campus Horw gibt es im Kanton Luzern gleich zwei Grossprojekte, die voraussichtlich Hunderte Millionen Franken teurer werden als anfangs gedacht (zentralplus berichtete).

Kann das beim neuen Luzerner Theater nicht auch geschehen? Roger Gort sagt: «Die Realisierung im genannten Spielraum ist realistisch, bedingt jedoch, wie bei jedem Bauvorhaben, eine sorgfältige Weiterbearbeitung des Projekts aller Beteiligten in den kommenden Phasen.» Sprich: Alle müssen sich an die Zielkosten halten.

Verwendete Quellen
  • Website des Nein-Komitees
  • Website der Stadt Luzern zum neuen Luzerner Theater
  • Bericht und Antrag zum neuen Luzerner Theater
  • Schriftlicher Austausch mit Roger Gort, CEO des Büros für Bauökonomie in Kriens
  • zentralplus-Medienarchiv zum neuen Luzerner Theater
  • Website des Büros für Bauökonomie
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