Neues Geothermiekraftwerk: Darum will die CKW 4000 Meter tief bohren
Der Energieversorger CKW will in der Luzerner Gemeinde Inwil ein Geothermiekraftwerk errichten. Warum es wichtig ist, die Bevölkerung abzuholen, zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem Kanton Jura.
«In der Schweiz meint man, das sei etwas ganz Neues», sagt Martin Schwab bei einer Medienkonferenz am Dienstag. Doch dem sei nicht so. Die Technologie werde rund um Paris und in Süddeutschland bereits vielfach eingesetzt. Der CEO der CKW spricht von Geothermie.
Denn das Energieunternehmen plant ein Geothermiekraftwerk im Kanton Luzern. Genauer gesagt im Gebiet Perlen-Inwil entlang der Autobahn A14. Wenn es fertig ist, soll das Kraftwerk Strom für 4000 Haushalte und Wärme für 6500 Haushalte erzeugen. Die Technologie könne dazu beitragen, die Winterstromlücke der Schweiz nachhaltig zu schliessen, sagt Schwab.
So funktioniert ein Geothermiekraftwerk
Geothermiekraftwerke nutzen Thermalwasser, das tief unter der Erdoberfläche fliesst. Gemäss einer 2021 durchgeführten Machbarkeitsstudie sei das Gebiet Perlen-Inwil dafür sehr gut geeignet, erklärt die CKW.
Denn in einer Tiefe von etwa 4000 Metern befindet sich eine Muschelkalkschicht, in der mit hoher Wahrscheinlichkeit ausreichend heisses Wasser vorhanden ist, um Strom zu erzeugen. Es hat dort eine Temperatur von 140 Grad Celsius.
Das seismische Risiko
Bei den gescheiterten Tiefen-Erdwärmeprojekten in Basel und St. Gallen wurde in Bruch- und Störzonen im Erdinnern gebohrt, um an warmes Wasser zu kommen. Doch diese Zonen bergen ein hohes seismisches Risiko. Vor rund zehn Jahren bebte dann in St. Gallen die Erde.
Der Kanton Luzern gilt als Gebiet mit einem mehrheitlich tiefen seismischen Risiko, schreibt jetzt die CKW. Im Raum Inwil seien ausserdem keine potenziell gefährlichen Bruch- oder Störzonen bekannt. Auch die Bohrtechnik und die seismische Früherkennung sei heute besser.
Besagte Muschelkalkschichten werden bereits in anderen Geothermiekraftwerken mit Erfolg genutzt, erklärt die CKW. Zum Beispiel in den beiden Geothermiewerken Riehen (BS) und Schlattingen (TG). In Deutschland seien ausserdem zwölf vergleichbare Kraftwerke in Betrieb, zwölf weitere im Bau und 82 in Planung.
70 Millionen Franken Investitionen, Bund unterstützt
Die CKW geht davon aus, dass die Planung, das Bewilligungsverfahren und die Bauphase etwa sechs Jahre benötigen. Allein die Hauptbohrung wird rund neun Monate brauchen, weitere 1,5 Jahre sind für den Bau des Kraftwerks veranschlagt. Die Investitionen werden auf 70 Millionen Franken geschätzt.
Aktuell laufen bei den kantonalen Behörden die Vorabklärungen für die Bewilligung. Die CKW beantragt eine Konzession für 50 Jahre. Auch auf Unterstützung des Bundes darf sich der Energieversorger freuen. Mittels eines gestuften Förderverfahrens zahlt Bern bis zu 60 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten.
Auch der Gemeinderat von Inwil, Florian Meyerhans, ist bei der Medienkonferenz am Dienstag zugegen. Er sagt, seine Gemeinde unterstütze das Grossprojekt und wolle die Bevölkerung immer rechtzeitig über die neusten Schritte informieren. Am Montag, dem 23. Oktober, findet daher im Gemeindezentrum ein Informationsanlass statt.
Denn eines wollen die CKW und die Luzerner Gemeinde mit Sicherheit vermeiden: den Widerstand der lokalen Bevölkerung.
Im Jura hat Geothermie einen schweren Stand
Dass nicht nur Windkraftanlagen, sondern auch Geothermieprojekte hierzulande auf Gegenwind stossen können, zeigt ein Beispiel aus dem Kanton Jura.
In der Gemeinde Haute-Sorne unterstützt der Bund das am weitesten fortgeschrittene Geothermieprojekt des Landes mit 90 Millionen Franken. Doch die Gegner lassen nicht locker. Sie fürchten, dass es durch die fünf Kilometer tiefen Bohrungen zu Erdbeben kommen könnte. Der zuständige Minister David Eray erhielt Ende Juni gar eine Morddrohung. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Schrittweises Vorgehen der CKW
Damit es in Luzern weniger Probleme gibt, geht die CKW behutsam vor. Sie hat bereits erfolgreiche Gespräche mit Grundbesitzern geführt und sich Flächen sichern können, heisst es am Dienstag. «Wir hoffen, dass wir bei Geothermie nicht auf Widerstand stossen werden», so der Wunsch.
Als Nächstes geplant sei eine Probebohrung. Sollte sich wider Erwarten herausstellen, dass die Gesteinsschicht nicht genügend nutzbares Thermalwasser enthält, gibt es nach Angaben des Unternehmens «erprobte Möglichkeiten», die Wasserdurchlässigkeit im Kalkstein zu erhöhen.
Noch nicht klar, wo genau
Noch sei nicht entschieden, welcher der möglichen Standorte am Ende gewählt wird. Das entscheide sich nach der Vorprüfung des Kantons. Doch alle möglichen Standorte entlang der Autobahn A14 seien ideal gelegen, so die CKW.
Denn in unmittelbarer Nähe befindet sich die Kehrichtverbrennungsanlage der Renergia. Von hier aus verlaufen Fernwärmenetze, die bis nach Zug und Luzern reichen (zentralplus berichtete). Sie sollen künftig auch mit geothermischer Energie gespeist werden.