Zweckentfremdete Wohnräume in Zug

Mitte-Politiker wollen gegen Firmen in Wohnungen vorgehen

Nicht selten wird im Kanton Zug Wohnraum gewerblich gemietet. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Wohnungen, die an Firmen vermietet werden? Das sind im Kanton Zug keine Einzelfälle. Mehrere Mitte-Kantonsräte wehren sich nun gegen diesen Umstand. Sie verweisen auf die angespannte Wohnraum-Situation.

Liegt die Praxis deines Zahnarztes im Obergeschoss eines Hauses, in dem sonst nur Wohnungen zu finden sind? Dann stehen die Chancen gut, dass einige Zuger Kantonsräte diese kritisch als «zweckentfremdeten Wohnraum» bezeichnen würden.

Mit einer Interpellation zum Thema bringen sieben Mitte-Politiker dieses Thema aufs politische Tablett. «Viele Wohnungen werden seit geraumer Zeit dem Wohnungsmarkt entzogen, indem diese womöglich nicht gesetzeskonform genutzt oder vermietet werden», kritisieren die Interpellanten. Die Mitte-Politikerinnen sprechen vor allem von Büros, aber auch von Arztpraxen, Therapieräumen, Nagelstudios oder Spiellokalen. «Die gehören nicht da rein», ist sich Interpellant Jean Luc Mösch sicher.

Greifbare Lösungen gegen das Wohnproblem gibt es bis jetzt kaum

«Die Thematik des knappen Wohnraums im Kanton Zug ist unbestritten und vieldiskutiert», heisst es im Vorstoss. Mösch dazu: «Die Vorschläge, die bisher gemacht wurden – darunter auch jene, welche der Regierungsrat in seiner Wohnpolitischen Strategie kürzlich veröffentlichte – haben mich jedoch nicht vom Hocker gerissen.» Substanziell verändere sich damit kurzfristig nichts (zentralplus berichtete).

Mösch ist deshalb erstaunt, dass sogenannt zweckentfremdeter Wohnraum nicht im Blickfeld der politischen Diskussionen sei. Den Interpellanten ist diese Tatsache insbesondere deshalb ein Dorn im Auge, da explizit für Unternehmen grössere, zonenkonforme Büro- und Gewerbeflächen zur Verfügung stünden.

«Letzthin bin ich durch die Chamer Quartiere gegangen und habe mich bewusst darauf geachtet, in welchen Wohnhäusern auch Gewerberäume und insbesondere Praxen untergebracht werden. Dabei bin ich auf mindestens zehn gekommen», erzählt Mösch. Ausgenommen habe er bewusst gewerbliche Nutzungen, welche in den Erdgeschossen der Häuser untergebracht seien. Er sagt weiter: «Wenn ich das nun allein auf grössere Gemeinden wie Baar und Zug multipliziere, komme ich auf eine beachtliche Zahl.»

Der Zahnarzt in der 3-Zimmer-Wohnung

Ein konkretes Beispiel: «Es gibt einen Zahnarzt an der Baarerstrasse in Zug, der hat seine Praxis in der Wohnung, in der eine ehemalige Schulkollegin von mir früher wohnte. Dabei handelt es sich klar um zweckentfremdeten Wohnraum.»

Mösch, der auch das Präsidium des Chamer Gewerbeverbands innehat, gibt zu bedenken: «Es ist schon verständlich, dass Unternehmen gern günstige Räume mieten möchten. Damit tragen diese jedoch zusätzlich zur Problematik bei, dass die Bevölkerung, darunter auch ihre Mitarbeitenden, Mühe haben, in Zug zahlbare Wohnungen zu finden.»

Die Mitte-Politiker erhoffen sich, durch die Interpellation zu erfahren, ob es eine gesetzliche Grundlage gibt, eine solche Zweckentfremdung von Wohnungen zu verhindern. Und falls ja, wer dafür verantwortlich sei.

Mitte-Politiker fordern Massnahmen gegen Zweckentfremdung

Auch möchten die Interpellantinnen wissen, ob der Baudirektion Zahlen über gewerbliche Nutzungen von Wohnraum vorliegen und falls ja, wie viele Wohnungen dadurch dem Wohnungsmarkt entzogen wurden. Eine Erhebung müsste möglich sein, vermutet Mösch: «Die Gemeinden verfügen über Karteien, die darüber Aufschluss geben, wer wo angemeldet ist. Und wenn nicht sie, dann wissen zumindest die Vermieter von Liegenschaften, wenn sie ihre Räume an eine Firma vermieten.»

Der Chamer weiter: «Gleichzeitig müsste diesen bewusst sein, dass das, was sie machen, nicht korrekt ist. Mich jedenfalls nimmt es wunder, warum Gemeinden solche zweckentfremdeten Nutzungen überhaupt zulassen.» Die Interpellanten möchten diesen Umstand ändern. Sie fordern vom Regierungsrat, dass dieser detailliert aufzeigt, wie besagte Wohneinheiten wieder zeitnah für Privatpersonen mietbar werden könnten.

Verwendete Quellen
  • Interpellation zu zweckentfremdeten Wohnnutzungen
  • Telefonat mit Jean Luc Mösch
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