Neue Pärke und moderne Wohnungen

Babel-Quartier: Diese Gefahren bergen die Pläne der Stadt

Das Gebiet beim Grenzhof wird sich in den nächsten Jahren stark verändern. Baudirektorin Manuela Jost weiss um die möglichen Probleme. (Bild: Stadt Luzern)

Die Stadt Luzern hat die Pläne für das Babel-Quartier konkretisiert. Die Quartierbewohner dürfen sich über zwei neue Pärke freuen – und wohl über steigende Mietkosten ärgern.

Das Gebiet rund um die Basel- und die Bernstrasse in Luzern hat einen berühmt-berüchtigten Ruf. Nicht ohne Grund trägt ein Dokumentarfilm von Aldo Gugolz über die Baselstrasse den Namen «Rue de Blamage». Der Film war 2017 in aller Munde (zentralplus berichtete).

In den nächsten Jahren rückt das Gebiet erneut in den Fokus. Die Stadt Luzern hegt nämlich grosse Pläne für das Quartier. Im Herbst 2021 hat der Luzerner Stadtrat verschiedene Varianten präsentiert, wie er das Gebiet in den nächsten Jahren entwickeln will (zentralplus berichtete). Die Pläne betreffen das Areal beim Schulhaus Grenzhof sowie das Gebiet am südlichen Brückenkopf der St.-Karli-Brücke.

Die Botschaft der verschiedenen Varianten war klar: An beiden Orten soll neuer, günstiger Wohnraum entstehen. Und an beiden Orten braucht es mehr Freiraum. Wie viele Wohnungen und wie viel Freiraum, das hingegen liess der Stadtrat im Herbst noch offen.

Freiraum statt Wohnungen

Nun sind die Pläne konkreter. Sowohl beim Schulhaus Grenzhof als auch bei der St.-Karli-Brücke hat sich der Stadtrat für eine Variante mit vergleichsweise wenig neuen Wohnungen, dafür mit neuen Pärken entschieden (zentralplus berichtete). Das fällt besonders bei der Brücke ins Gewicht. Die Gebäude der Baugenossenschaft Reussinsel werden abgerissen. Dadurch fallen zwölf gemeinnützige Wohnungen weg – sie werden lediglich durch fünfzehn Wohnungen in einem Neubau beim Dammgärtli ersetzt. Hier schafft der Stadtrat also bloss drei zusätzliche günstige Wohnungen.

Freiraum statt Wohnungen. Der Stadtrat hat sich für die Variante mit einem grossen Park entlang der Reuss entschieden. (Bild: Stadt Luzern)

Eine überraschende Strategie des Stadtrats. Dieser ist durch die Initiative «Für zahlbaren Wohnraum» dazu verpflichtet, bis 2037 jedes Jahr rund 100 neue gemeinnützige Wohnungen zu realisieren. Kann sich die Stadt diesen Luxus also überhaupt leisten, auf den Bau von neuem bezahlbarem Wohnraum zu verzichten?

Baselstrasse hat zu wenig Freiraum

Ja, findet Baudirektorin Manuela Jost. Es handle sich bei der Entscheidung um eine Abwägung zweier wichtiger Interessen: Wohnraum vs. Freiraum. Letzteres habe der Stadtrat höher gewichtet. «Günstigen Wohnraum zu ermöglichen ist nicht die einzige Aufgabe der Stadt. Unsere Aufgabe ist es ebenso, neue Freiräume zu gestalten», sagt Jost. «Gerade das Gebiet Baselstrasse hat zu wenig solche Freiräume. Darum ist es vertretbar, dort auf mehr Freiraum und weniger Wohnungen zu setzen.» Im Gebiet Grenzhof entstehen trotz der weniger dicht bebauten Variante noch immer zwischen 140 und 190 zusätzliche gemeinnützige Wohnungen.

Beim Grenzhof entstehen auf der einen Seite des Fussballplatzes neue Wohnhäuser. Auf dem Areal des ehemaligen Schulhauses Grenzhof werden ebenfalls neue Gebäude erstellt. Am Waldrand gibt es einen grossen Park. (Bild: Stadt Luzern)

Mit dem Entscheid für mehr Grünraum ist dem Stadtrat die Unterstützung der meisten Quartierbewohner gewiss. Diese durften sich im Rahmen der Mitwirkung zu den verschiedenen Varianten äussern. Sowohl beim Grenzhof als auch bei der St.-Karli-Brücke haben sich die Bewohnerinnen für die Varianten mit viel Freiraum ausgesprochen (zentralplus berichtete).

«Die Gefahr der Gentrifizierung besteht immer bei solchen Projekten.»

Manuela Jost, Baudirektorin Stadt Luzern

«Wir sind mit der Mitwirkung der Quartiere sehr zufrieden. Wir haben viele Rückmeldungen erhalten und die Informationsanlässe waren gut besucht», bilanziert Manuela Jost.

Neue Wohnungen, neue Bewohnerinnen

Bereits im kommenden Jahr wird die Stadt die Parzellen beim Grenzhof an eine interessierte Baugenossenschaft im Baurecht abgeben. Dann werden die Pläne für das Areal noch konkreter. Klar ist jetzt schon: Das Gebiet steht mit der Neugestaltung insgesamt vor einer Aufwertung. Und wo Gebiete aufgewertet werden, ist das städtische Schreckgespenst der Gentrifizierung nicht weit.

Das kann auch Manuela Jost nicht von der Hand weisen: «Die Gefahr der Gentrifizierung besteht immer bei solchen Projekten. Wo Neues entsteht, kommen auch neue Bevölkerungsgruppen.» Soll heissen: Das Babel-Quartier wird mit modernen Wohnungen und neuen Pärken auch für die Mittelschicht interessanter. An der Bernstrasse realisieren die Baugenossenschaften ABL und Matt derzeit eine neue Siedlung mit über 140 Wohnungen. Auch dieses Projekt wird die Attraktivität des Quartiers steigern. Heute leben aufgrund der alten Bausubstanz und des vielen Durchgangsverkehrs hingegen vorwiegend Menschen mit tiefem Budget im Quartier.

«Der einzigartige Charakter des Babel-Quartiers bleibt sicher erhalten.»

Manuela Jost

«Wichtig ist, dass günstiger Wohnraum nach wie vor erhalten bleibt. Dazu übernimmt die Stiftung GSW eine wichtige Rolle im Quartier», sagt Jost. Die GSW habe an der Baselstrasse ein grosses Angebot an bezahlbaren Wohnungen. Zudem bleibt sowohl an der Bern- als auch an der Baselstrasse das vielseitige Gewerbe bestehen.

So fasst Manuela Jost zusammen: «Der einzigartige Charakter des Babel-Quartiers bleibt sicher erhalten.» Luzern behält also ihre berühmt-berüchtigte «Rue de Blamage».

In einer ursprünglichen Version des Artikels hiess es im Titel, dass die Mieten teurer werden. Es handelt sich dabei aber nicht um einen Fakt, sondern lediglich um eine Annahme des Autors. Entsprechend wurde der Titel nun angepasst.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kurt
    Kurt, 06.04.2022, 16:31 Uhr

    leider weit und breit keine Läden wohne hier alles gut und Recht aber für alles und jedes muss man ins Dorf,

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