Nach Kritik von SP-Kantonsrat David Roth

Luzerner Touristen-Wohnungen: Airbnb-Vermieter kontert

Eine hippe Wohnung mit Blick auf die Jesuitenkirche. Nett, oder? Alexandros Tyropolis vermietet dieses Schmuckstück auf Airbnb. (Bild: Airbnb / Novac Solutions)

Der Luzerner SP-Politiker David Roth wirft einer Zürcher Immobilienfirma vor, die Stadt Luzern auf Airbnb zu verhökern. Nun wehrt sich die Firma und sagt: «Wir sind Teil der Lösung.»

«Zürcher verhökern Luzern.» So lautete der Titel eines bei zentralplus kürzlich erschienenen Polit-Blogs von SP-Kantonsrat David Roth. Was zuerst sehr pauschal klingt, unterlegt Roth mit Beispielen. So zählt er im Artikel mehrere Häuser auf, deren Wohnungen allesamt oder zu grossen Teilen auf Plattformen wie Airbnb ausgeschrieben sind. Dort stehen sie nicht Luzernerinnen zum Wohnen zur Verfügung, sondern Touristen oder Expats für Kurzaufenthalte.

Eines der Beispiele ist ein Haus beim Luzerner Theater am Hirschengraben 7. Sämtliche Wohnungen seien auf Airbnb ausgeschrieben, die Wohnungen zur einfacheren Orientierung für die Touristen nummeriert. Anbieter sei ein gewisser Alex aus Zürich. Und Roth hält nicht viel von Alex' Geschäftspraktiken, wie sein Blogbeitrag ziemlich deutlich zeigt.

Firma will Zwischennutzungen statt Leerstände

Nun wehrt sich Alex gegen die Kritik. Alex heisst mit vollem Namen Alexandros Tyropolis und ist Geschäftsführer der Zürcher Immobilienfirma Novac Solutions. Er betont im Gespräch mit zentralplus: «Wir sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.»

Die Wohnungen im Haus sind durchnummeriert, damit sich die Touristen besser orientieren können. (Bild: David Roth)

Um das zu verstehen, muss man wissen, was seine Firma genau macht. Es handelt sich nämlich nicht um eine herkömmliche Immobilienfirma. Sondern Novac Solutions fokussiert sich auf Leerstände. «Leerstände sollten tunlichst vermieden werden. Das ist unser oberstes Ziel. Denn Leerstände sind eine Verschwendung von Raum und Geld», sagt Tyropolis.

Rechtfertigt also der Zweck die Mittel? Sprich, ist es vertretbar, Wohnraum in Luzern an Touristen zu vermieten, wenn damit Leerstände vermieden werden können?

Das Geschäftsmodell von Novac Solutions ist komplexer als diese Darstellung. Denn um Leerstände zu vermeiden, konzentriert sich die Firma auf Zwischennutzungen aller Art. Das können Mietwohnungen sein. Möblierte Studios für Studentinnen, die nur für ein paar Monate in der Stadt bleiben. Oder eben möblierte Wohnungen für Touristen.

Lieber lokale Bewohner als Airbnb

Rund 1'200 Wohnungen in der gesamten Schweiz vermietet Novac Solutions auf diese Art. Allen Objekten ist gemein, dass die Eigentümerinnen langfristig andere Pläne für die Wohnungen haben. Sei es wegen eines Abrisses des Gebäudes oder wegen einer Totalsanierung.

«Wenn es möglich ist, wollen wir die Wohnungen immer an lokale Bewohner vermieten.»

Alexandros Tyropolis

«Manchmal kommt es vor, dass die vorherigen Mieter bereits ausgezogen sind, doch der Baustart verzögert sich», so Tyropolis. «Und damit das Gebäude bis zum Baustart nicht leer steht, bieten wir Lösungen für Zwischennutzungen an.»

Dabei gibt es klare Kriterien, für welche Art der Zwischennutzung sich ein Objekt eignet. Das oberste Kriterium? «Wenn es möglich ist, wollen wir die Wohnungen immer an lokale Bewohner vermieten», sagt Tyropolis. So sei es auch im Fall des Hauses am Hirschengraben 7 gewesen.

Darum landeten die Wohnungen dennoch auf Airbnb

Die Eigentümerin, die Pensionskasse der Credit Suisse, will das Gebäude und die Wohnungen nämlich renovieren und auf dem Dach um drei Attika-Wohnungen erweitern (zentralplus berichtete). Eigentlich hätte der Baustart gemäss Baugesuch im Frühling 2021 erfolgen sollen. Doch er verzögerte sich. Darum ist die Eigentümerin auf Alexandros Tyropolis zugegangen, um eine mögliche Zwischennutzung abzuklären.

«Wer sollte denn nun für sechs Monate in unmöblierte Wohnungen in teils schlechtem Zustand ziehen?»

Alexandros Tyropolis

«Die Zwischennutzung war zuerst auf die Dauer eines Jahres befristet», sagt Tyropolis. Sämtliche Wohnungen konnten für diese Zeit über den normalen Wohnungsmarkt vermietet werden. Nach Ablauf der befristeten Mietdauer mussten die Mieterinnen wieder ausziehen. «Doch dann hat uns die Eigentümerin erklärt, dass sich der Baustart nochmals verzögert und wir das Haus für weitere sechs Monate zwischennutzen können», so Tyropolis. «Wer sollte denn nun für sechs Monate in unmöblierte Wohnungen in teils schlechtem Zustand ziehen?»

Es sei schwierig, eine unmöblierte Wohnung für eine solch kurze Dauer an lokale Mieter zu vermieten. Also entschloss sich die Firma, die Wohnungen über Airbnb auszuschreiben. «Das war die einzig sinnvolle Lösung in Anbetracht der Ausgangslage», ist Tyropolis überzeugt. Dazu hat seine Firma die Wohnungen neu gestrichen und mit Möbeln ausgestattet, welche Novac Solution zu diesem Zweck in einer grossen Lagerhalle bereithält. Die Möbel wandern so von Zwischennutzung zu Zwischennutzung, quer durch die Schweiz.

Profit kommt kaum zu kurz

Alexandros Tyropolis fasst den Fall zusammen: «Es ist nicht fair, wenn man uns vorwirft, dass wir mit der Gentrifizierung gute Geschäfte machen wollen.» Auch wenn der Profit mit der Zwischennutzung sicher nicht zu kurz kommt. Immerhin kostet eine Übernachtung in einer 2-Zimmerwohnung in besagtem Haus 175 Franken.

Der Geschäftsführer von Novac Solution sagt dazu: «Wir haben eine gesellschaftliche Verpflichtung für einen effizienten Umgang mit der Ressource Raum. Gleichzeitig haben die Eigentümer wirtschaftliche Interessen. Und wir versuchen, beides unter einen Hut zu bringen.»

Dass dabei auch für Novac Solutions etwas rausspringt, versteht sich wohl von selbst.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Alexandros Tyropolis
  • Website Novac Solutions
  • Airbnb-Inserat vom Hirschengraben 7

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Thomas
    Thomas, 09.11.2022, 13:59 Uhr

    Dass Grossfirmen wie eine Credit Suisse mit Firmen wie Novac Solutions zusammenarbeiten ist ein Skandal mehr! Ich werde meine Privatkundenbeziehung zur CS auflösen. Man müsste mal aufdecken welche anderen Grossfirmen solche gesellschaftsschädigenden Praktiken betreiben!

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    Kommentarschreiber, 09.11.2022, 12:19 Uhr

    Ja, tönt edel und kommt süffig daher. Das Geschäftsmodell «Nocav Solution» schafft sich aber def. gar keine Anreize, «Teil der Lösung» zu sein und «Wohnungen immer an lokale Bewohner vermieten» zu wollen. Dieses Geschäftsmodell will doch (verständlicherweise) möglichst viel Umsatz/Gewinn generieren und die Betriebskosten tief halten, wie z.B. die Wanderung «von Zwischennutzung zu Zwischennutzung, quer durch die Schweiz» und die Mietkosten der «grossen Lagerhalle» möglichst minimieren. Dazu eignet sich aber nur eine möglichst lange und äusserst lukrative Airbnb-Nutzung. Alles andere ist quasi ein «Verlustgeschäft»…….

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  • Profilfoto von Bernardo
    Bernardo, 09.11.2022, 08:31 Uhr

    Ich weiss von einem Haus, in welchem Alex seit anfangs 2020 Airbnbs betreibt. Eine Baugesuch für diese Liegenschaft wurde bis zum heutigen Tag noch nicht eingereicht, d.h. ein (Um-)Bau wird frühestens 2024 erfolgen. Das sind viele Jahre, in denen wertvoller Wohnraum der lokalen Bevölkerung entzogen wird. In die Pflicht zu nehmen sind aber vor allem auch die Eigentümer der Liegenschaften, die diese Geschäftspraktiken überhaupt erst möglich machen….

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  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 09.11.2022, 05:58 Uhr

    Zuviel Geschwafel. Natürlich wird eine unmöblierte Wohnung auch von Airbnb Nutzern nicht gebucht.

    Es wäre interessant zu wissen wie hoch der Anteil an Mietwohnungen, möblierten Studios und Airbnb Objekten sind.

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