Kriens von Baugesuchen überschwemmt

Krieg löst bei uns Boom bei erneuerbarer Energie aus

Heizsysteme, die ohne fossible Brennstoffe auskommen, wie diese Erdsonde-Wärmepumpe, erleben einen Boom, besonders in Kriens. (Bild: Pixabay)

Die Baugesuche für Luft-Wasser-Wärmepumpen sind in Kriens im letzten Jahr rasant angestiegen. Viele wollen von fossiler Energie wegkommen. Das löst einen Boom bei der Installation von Heizsystemen mit erneuerbaren Energiequellen aus.

Ungefähr einmal die Woche teilt die Gemeinde Kriens mit, welche neuen Baugesuche eingegangen sind und bis wann Einsprache erhoben werden kann. Das ist der ganz gewöhnliche Prozess. Seit dem Frühling ist ein Aspekt besonders auffällig: Ein Grossteil der eingereichten Baugesuche betrifft den Bau von Luft-Wasser-Wärmepumpen. Das sind rund drei bis vier Gesuche pro Woche.

Bei der Stadt Kriens hat man den Anstieg auch bemerkt. Die Baugesuche des ersten Halbjahrs 2022 übertreffen bereits die gesamte Anzahl Baugesuche aus dem Jahr 2021. Mit Stand vom 22. August sind es 52 Gesuche, 2021 waren es 30. «Das Thema hat in der gesamten Bevölkerung, vor allem aber auch bei Grundeigentümerinnen und -eigentümern durch aktuelle Entwicklungen an Aktualität gewonnen», bestätigt der Informationsbeauftragte der Stadt Kriens Benedikt Anderes.

Hauptsache weg von fossilen Energieträgern

In der Stadt Kriens schreibt man den Anstieg aber auch der aktiven Umweltpolitik der Stadt zu: «Kriens fördert mit verschiedenen Massnahmen die Umstellung auf Heizsysteme mit erneuerbaren Energiequellen», erklärt Anderes. Im Vordergrund steht dabei besonders die Sensibilisierung und Information der Bevölkerung.

«Wir können definitiv feststellen, dass wir viele Anfragen haben. Das gewöhnliche Sommerloch beim Thema Heizungsersatz ist dieses Jahr nicht zu spüren.»

Tobias Ammann, Umweltberater und Architekt, Umweltberatung Luzern

Eine Umstellung müsse aber nicht mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe geschehen. Neben Luft-Wasser-Wärmepumpen gebe es auch andere Heizsysteme wie die Erdsonde, Energieverbund-Systeme oder Pelletheizungen, führt Anderes aus.

Den Wunsch, auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen, bemerkt man auch beim Energiedienstleister CKW. In Beratungen sei vor allem ein grosser Wille zur Dekarbonisierung spürbar, sagt der Leiter der Unternehmenskommunikation Marcel Schmid auf Anfrage. «Unsere Kunden wollen weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Energien und einer CO₂-freien Wärmeproduktion», fügt er an.

Kombinationen sind besonders beliebt

Viele Kundinnen möchten ihren Energieverbrauch möglichst umfassend durch erneuerbare Energiequellen decken können. Bei der CKW sind deshalb besonders Kombinationen sehr beliebt, erklärt Marcel Schmid. «Viele Kunden ergänzen darum die Wärmepumpe gleich mit einer Solaranlage. So ist denn auch die Nachfrage nach Solaranlagen enorm.»

«Der Bewilligungsprozess ist tatsächlich ein grosses Thema.»

Marcel Schmid, Leiter Unternehmenskommunikation CKW

Bei der Umweltberatung von Stadt und Kanton Luzern macht man dieselben Erfahrungen: «Wir können definitiv feststellen, dass wir viele Anfragen haben. Das gewöhnliche Sommerloch beim Thema Heizungsersatz ist dieses Jahr nicht zu spüren», sagt Tobias Ammann, Umweltberater und Architekt. Die Anfragen betreffen aber auch bei der Umweltberatung nicht nur Luft-Wasser-Wärmepumpen, sondern wie bei der CKW auch das Heizsystem mit Erdsonde und die Pelletheizung.

Mit einer Kombination von einer Luft-Wasser-Wärmepumpe und einer Photovoltaikanlage könne man den Eigenbedarf unter guten Umständen selbst decken, erklärt Ammann. Da die Photovoltaikanlage einen Grossteil des Stromverbrauchs der Wärmepumpe übernehmen kann, habe man einen hohen Eigenstromverbrauch, was die Rentabilität der Anlage fördert, führt er aus. Da sich die Stromproduktion der Solarzellen je nach Jahreszeit unterscheidet, könne im Winter dennoch ein gewisser Restbedarf bleiben.

Umständliches Bewilligungsverfahren beschäftigt Politik

Die Installation einer Luft-Wasser-Wärmepumpe ist bewilligungspflichtig. Dafür braucht es auch einen Lärmschutznachweis. Zudem kommen Investitionen für den Einbau, die Geräte und die Bewilligungen hinzu. Für Umweltberater Tobias Ammann ist aber klar, dass sich die Investitionen langfristig auszahlen. «Die Investition amortisiert sich durch die tiefen Energiekosten», erklärt er.

Allerdings ist auch der persönliche Aufwand nicht zu vernachlässigen. «Der Bewilligungsprozess ist tatsächlich ein grosses Thema», sagt Marcel Schmid von der CKW. «Während Erdwärmebohrungen nur eine Bohrbewilligung benötigen, sind Luft-Wasser-Wärmepumpen baubewilligungspflichtig», führt er aus. Das verlängere zum einen den Prozess um bis zu 3 Monate und sei andererseits mit hohen Kosten von 500 bis 1'500 Franken verbunden, erklärt Schmid.

«Im Bereich der Einfamilienhäuser liegen fast alle Wärmepumpen im Bereich einer Lärmstufe von 40 bis 50 Dezibel.»

Tobias Ammann, Umweltberater und Architekt, Umweltberatung Luzern

Dieser umständliche Prozess beschäftigt auch die Politik. «Es gibt politische Bestrebungen, diesen Missstand zu beheben», erklärt Schmid. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats möchte die Lärmschutzverordnung so anpassen, dass zukünftig kein Baugesuch mehr notwendig sein wird. Im Luzerner Kantonsrat gibt es ähnliche Bestrebungen. Im Mai wurde ein Vorstoss von Mitte-Politiker Daniel Piazza für die Vereinfachung des Verfahrens als erheblich erklärt.

Für Marcel Schmid von der CKW ist es wichtig, dass die Umstellung schneller möglich ist: «Für das Klima ist es wichtig, dass wir die Dekarbonisierung vorantreiben können.»

Lärmprobleme stehen nicht im Vordergrund

Die Lärmfrage an sich sei dagegen meist ein weniger grosses Problem, heisst es von der Umweltberatung. «Im Bereich der Einfamilienhäuser liegen fast alle Wärmepumpen im Bereich einer Lärmstufe von 40 bis 50 Dezibel», erklärt Tobias Ammann. Das entspricht etwa der Lautstärke eines leisen Gesprächs. Der Lärmpegel der Anlage könne aber auch mit dem Abstand zur nächsten Anwohnerin ausgeglichen werden.

«Viele Kunden sind sich nicht bewusst, dass die Kältemittel, die es für die Kühlung der Wärmepumpen braucht, ein grosser Umweltfaktor sind.»

Tobias Ammann, Umweltberater und Architekt, Umweltberatung Luzern

Das kann auch die Stadt Kriens bestätigen. Potenzielle Lärmquellen würden bei Einsprachen immer wieder eine Rolle spielen, sagt Benedikt Anderes. Allerdings stünden Luft-Wasser-Wärmepumpen nicht besonders im Fokus. Lärm von Strassen, Aussenplätzen oder Whirlpools würden die Anwohnerinnen genauso beschäftigen, heisst es von Anderes.

Luft-Wasser-Wärmepumpen haben auch eine Schwachstelle

Doch ganz ohne Haken sind auch die Luft-Wasser-Wärmepumpen nicht. Umweltberater Tobias Ammann weist auf ein oft vernachlässigtes Detail hin: «Viele Kunden sind sich nicht bewusst, dass die Kältemittel, die es für die Kühlung der Wärmepumpen braucht, ein grosser Umweltfaktor sind», sagt er. Die Kältemittel gelangen in die Atmosphäre und bauen sich dort nur sehr schlecht ab. Das Problem ist, dass viele gebräuchliche Kältemittel einen grossen Treibhauseffekt haben.

«Wir empfehlen deshalb, ein neues Kältemittel auf Propanbasis zu verwenden. Das ist zwar nicht in allen Temperaturen gleich effizient wie herkömmliche, aber es ist ein guter Kompromiss», erklärt Tobias Ammann.

Verwendete Quellen
  • E-Mailaustausch mit Benedikt Anderes, Informationsbeauftragter der Stadt Kriens
  • Telefonat mit Tobias Ammann, Umweltberater und Architekt, Umweltberatung Luzern
  • E-Mailaustausch mit Marcel Schmid, Leiter Unternehmenskommunikation CKW
  • Motion 753, Piazza Daniel und Mit. über die vereinfachte Bewilligung für klimafreundliche Wärmepumpen in einfachen Situationen
  • Motion 22.3388 «Wechsel auf moderne Heizsysteme vereinfachen»
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 25.08.2022, 10:03 Uhr

    Das aktuelle Foto zeigt eine Erdsonden-Wärmepumpe. Entweder die Bildlegende anpassen oder ein anderes Foto wählen.

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