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Die Sanierung der Wohnungen an der St.-Johannes-Strasse 23 beginnt. Vorausgegangen war ein Konflikt zwischen der Eigentümerin sowie dem Mieterverband. Letzterer sieht für finanziell schwache Mieter in Zug schwarz.
Eine grosse Züglete steht an der St.-Johannes-Strasse 23 in Zug an. Wie die Pensionskasse (PK) der Stadt Zug kürzlich informierte, wird das 15‑stöckige Mehrfamilienhaus im Herti-Quartier nun «wie ursprünglich geplant» saniert.
In einer Medienmitteilung heisst es: «Die Pensionskasse wird das Gebäude ab April umfassend sanieren und den heutigen Standards und Vorschriften bezüglich Energieeffizienz, Brandschutz und Erdbebensicherheit anpassen. Die Baubewilligung liegt vor.» Die Arbeiten sollen neun Monate in Anspruch nehmen. Eine Etappierung oder eine Sanierung in bewohntem Zustand sei nicht möglich. Alle Bewohnerinnen hätten das Haus während der Bauarbeiten verlassen müssen.
Stadtpräsident dementierte Vorwürfe
«Die geplante Sanierung hatte im Mai 2022 das Interesse der Medien geweckt, nachdem der Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Zug mit den betroffenen 30 Mietparteien in Kontakt getreten war und ihnen Beratung angeboten hatte», lässt die PK der Stadt Zug weiter verlauten.
Tatsächlich kritisierte der Mieterinnen- und Mieterverband Zug (MV Zug) das Vorgehen der städtischen Pensionskasse und das Leerkündigen stark. Er geht davon aus, dass hinter der Sanierung vor allem Renditeüberlegungen stehen (zentralplus berichtete). Der Grund: Solche Wohnungssanierungen führen regelmässig zu happigen Preisaufschlägen. Der ehemalige Stadtpräsident Karl Kobelt dementierte die Vorwürfe, wonach neu Luxuswohnungen an der St.-Johannes-Strasse entstehen würden.
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Einige Mieter können in Ersatzwohnungen untergebracht werden
Laut Martin Kümmerli von der PK der Stadt Zug sei für alle interessierten Parteien – inklusive Härtefälle – eine finanziell tragbare Lösung gefunden worden. «Mehr als die Hälfte der Mietparteien (17) will nach Abschluss der Sanierungsarbeiten wieder eine Wohnung in der St.-Johannes-Strasse 23 beziehen.» Andere hätten selbst oder mit Unterstützung der Pensionskasse und ihrer Liegenschaftsverwaltung Regimo Zug Ersatzwohnungen gefunden.
«Wo erforderlich, konnte für die neunmonatige Bauzeit in anderen Liegenschaften im Bestand der Pensionskasse oder im Portfolio der Verwaltung Regimo Zug eine finanziell tragbare Zwischenlösung gefunden werden», so die PK weiter.
Harte Kritik des Mieterverbands-Präsi
Urs Bertschi, Co-Präsident des MV Zug, bestätigt auf Anfrage, dass für soziale Härtefälle aus der bisherigen Mieterschaft finanziell verkraftbare Lösungen gefunden werden konnten. «Diejenigen Mietparteien, die nach der Sanierung zurückkehren möchten und sich dies leisten können, erhalten als Altmieter immerhin 400 Franken Rabatt auf die erhöhten Mietzinse.»
Bertschi gibt jedoch zu verstehen: «Bedenklich bleibt, dass die PK der Stadt Zug wie ein privater Investor, der bloss die Rendite vor Augen hat, zum Instrument der Leerkündigung gegriffen hat.» Und weiter: «Dass durch diese Sanierung sehr günstiger Wohnraum an guter Lage vernichtet wird, ist ein grosser Wermutstropfen. Denn die Wohnungen bleiben, obwohl sich die Mietzinsen aufgrund der Sanierung für neue Mieter und Mieterinnen nahezu verdoppeln, grundsätzlich die gleichen. Sie werden keinen Quadratmeter grösser, bringen ausser einem Waschturm in der Wohnung keinerlei Mehrkomfort.»
«Der MV Zug konnte hier in letzter Minute noch intervenieren.»
Urs Bertschi, Co-Präsident Mieterverband Zug
Bertschi sagt, der MV Zug habe hier in letzter Minute noch intervenieren können. «Ansonsten hätte das Sanierungsvorhaben einzelne Mietparteien – die im Übrigen emotional eine sehr schwere Zeit durchlaufen mussten – wohl noch viel härter getroffen.» Denn bei vielen habe es sich um ältere Personen gehandelt, die im Quartier verwurzelt und dringend auf Unterstützung angewiesen seien.
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Bertschi sieht schwarz für finanziell Schwache in Zug
Grundsätzlich sieht der Zuger Anwalt ziemlich schwarz, was die Mietpreisentwicklung wie auch das Angebot an zahlbaren Wohnungen in der Stadt und im Kanton Zug angeht. «Bei Mietparteien, die nach einer Eigenbedarfs- oder einer Sanierungskündigung eine Wohnung suchen müssen, machen sich oft grosse Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung breit.» Dies sei nicht selten verbunden mit gesundheitlichen Folgeproblemen.
Denn sie würden keine erschwinglichen Wohnungen mehr finden. «Diese fatalen Entwicklungen müssen auch von der Politik gesehen werden. Die Gemeinwesen und insbesondere auch die Stadt Zug müssen sich endlich ernsthaft um die Schaffung von zahlbarem Wohnraum kümmern», fordert er.
Fälle scheinen sich zu häufen
Das Hochhaus an der St.-Johannes-Strasse in Zug ist nur einer von mehreren Fällen, in denen langjährigen Mieterinnen von günstigem Wohnraum gekündigt wurde. Erst vor wenigen Wochen wurden zwei Fälle aus Steinhausen bekannt, bei denen insgesamt 31 Mietparteien ihr Zuhause verlieren (zentralplus berichtete). Auch in Baar ereignete sich kürzlich ein ähnlicher Fall (zentralplus berichtete).
- Telefongespräch mit Urs Bertschi
- Medienmitteilung PK der Stadt Zug