Von Sins aus über die Reuss, weiter über den Rainmatterwald, an Hagendorn sowie nahe am Bibersee vorbei in Richtung Unteracher: Das besagte Ennetseer Gebiet ist schön. Wer die Gegend kennt, weiss, dass es noch schöner sein könnte. Denn eine Starkstromleitung überquert hier mehrere Gemeinden.
Das soll sich nun ändern. Wie einem aktuellen Baugesuch zu entnehmen ist, soll der Strom auf besagter Strecke zwischen Sins und den Unterwerken Langacher künftig nicht mehr ober-, sondern unterirdisch fliessen. Der Grund liegt etwa am Licht, das man im Badezimmer öfters brennen lässt, beim Tesla, der regelmässig geladen werden muss und bei Unternehmen, die mehr Guetsli produzieren. Kurz: Der Energiebedarf steigt.
Bereits 2014 plante die Axpo Grid AG, das bestehende überregionale 50-Kilovolt-Verteilnetz auszubauen. Künftig soll die Spannung 110 Kilovolt (kV) betragen. Davon profitieren soll auch der Kanton Zug. Baudirektor Florian Weber sagt dazu: «Der Regierungsrat unterstützt diesen Umbau auf Zuger Boden, auch weil wesentliche Teile des regionalen Verteilnetzes der WWZ über das Netz der Axpo versorgt werden.»
Spannungen um Hochspannungsleitung
Die neu geplante, leistungsfähigere Hochspannungsleitung sorgte in den vergangenen Jahren jedoch für gewisse – nun – Spannungen. Weber dazu: «Der Ausbau der bestehenden Freileitung zwischen Sins und Langacher steht im Widerspruch zu nationalen Interessen.» Zu nennen sind etwa das Inventar der Ortsbilder von nationaler Bedeutung sowie das Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung.
Gegen die Pläne der Axpo, neue, oberirdische Starkstromleitungen zu errichten, reichte der Regierungsrat im Jahr 2014 eine Einsprache ein. Dies mit dem Ziel, die Freileitung unterirdisch zu verlegen, wie der Regierungsrat auf Anfrage erklärt. Auch die Gemeinden Cham, Hünenberg und Steinhausen reichten Einsprachen ein. Dies mit derselben Forderung.
Jahrelang konnten sich Axpo und Kanton Zug jedoch nicht über die Kosten einigen, die für den Kanton anfallen würde. erst 2022 einigte man sich auf rund vier Millionen Franken als maximal vom Kanton Zug zu tragendes Kostendach. Dem stimmte auch der Zuger Kantonsrat zu.
Ursprünglich plante der Kanton, die betroffenen respektive die von der Erdleitung profitierenden Gemeinden Cham und Hünenberg mit einer finanziellen Beteiligung im Umfang von einem Drittel der kantonalen Kosten zu belasten. Diese sahen diesen Anteil als nicht gerechtfertigt. Vielmehr zeigten sie sich einverstanden, gemeinsam 10 Prozent der kantonalen Kosten, maximal jedoch 400'000 Franken, zu bezahlen. Die Kosten werden proportional zur Länge der Leitung in den jeweiligen Gemeinden bezahlt.
Weber spricht von Win-win-Situation
Weber ist zufrieden mit dem Ausgang der langjährigen Verhandlungen: «Mit der nun von der Axpo erarbeiteten Erdverkabelung zwischen Langacher und Sins unterstützt der Kanton eine nachhaltige Lösung für diese Leitung: Die Freileitung verschwindet aus der Landschaft in den Boden und überquert keinen Wald und keine Siedlungsräume mehr. Eine Win-win-Situation für alle.» Auch wenn während der Bauphase, wie bei jedem Bauwerk, temporär mit Immissionen gerechnet werden müsse.
Was bedeutet die Umstellung auf ein Erdkabel bezüglich Lebensdauer, Störungen und Strahlung? Darüber hat Swissgrid, die nationale Netzgesellschaft, ein Papier verfasst.
Demnach betrage die Lebensdauer von Freileitungen mit rund 80 Jahren etwa doppelt so lange wie Erdkabel. So jedenfalls die heutige Einschätzung. Betreffend Störungen haben hingegen Freileitungen das Nachsehen. Diese seien den Launen der Natur nahezu schutzlos ausgesetzt, weshalb sie häufiger von Unterbrüchen und Störungen betroffen seien.
Nur: Wenn es zu Störungen kommt, können diese bei Freileitungen dafür deutlich schneller, oft innert Stunden oder Tagen, behoben werden. Bei Erdkabeln dauere die Behebung viel länger, «weil Erdkabel bei einer Störung meist Schaden nehmen und ausgetauscht werden müssen». Und weiter: «Dies kann mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen, denn Kabel werden für jedes Projekt auf Mass dimensioniert und produziert.»
Regenwürmer lassen sich vom Starkstrom nicht stören
Wie sieht es mit den Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier aus? Magnetische Felder können diese ab einer gewissen Stärke gefährden. Swissgrid schreibt dazu: «Das magnetische Feld ist direkt unter einer Freileitung kleiner als direkt über einem Erdkabel.» Dafür würden Erdkabel einere geringere Ausdehnung des Magnetfelds aufweisen. Dies, da sich durch die Anordnung der Kabel deren Felder teilweise kompensieren würden.
«Der Anlagegrenzwert von Erdkabeln wird bei einem seitlichen Abstand zwischen sechs und acht Metern eingehalten. Bei einer Freileitung braucht es dazu 60 bis 80 Meter», heisst es. Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft untersuchte die Auswirkungen von Erdleitungen im Raum Bözberg und Riniken, wo eine 380-Kilovolt-Hochspannungsleitung im Jahr 2020 in die Erde verlegt wurde.
Diese stellte fest, dass durch die Erdumgestaltung sowie die leicht erhöhte Bodentemperaturen weder die Bodenqualität noch die Regenwurmpopulation beeinträchtigt werde.
Das aktuelle Bauprojekt bei Hünenberg ist das zweite seiner Art im Kanton Zug. Bereits umgesetzt wurde die unterirdische Starkstromleitung vom Unterwerk Altgass in Baar bis zum Unterwerk Herti der WWZ in Zug.
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.