Ehemaliges Spitalpersonalhaus in Baar

Hochhaus H21: Heimliches Baarer Wahrzeichen kommt «unters Messer»

Das ehemalige Personalhaus beim Zuger Kantonsspital soll bald saniert werden. (Bild: wia)

Das Hochhaus H21 an der Landhausstrasse in Baar wird nach fast 50 Jahren saniert: Die Nutzung des Hauses verändert sich. Bevor das ehemalige Spitalpersonalhaus aber erneuert wird, hat zentralplus einen Blick in seine Eingeweide geworfen.

Es ist ein Baarer Wahrzeichen, ohne sich darum zu bemühen; ein Orientierungspunkt mit fast ikonischen Zügen: das grüne Hochhaus H21 beim Zuger Kantonsspital in Baar. In wenigen Jahren wird sich dieses Bild verändern, denn das Gebäude, das im Besitz der Stiftung Pflegezentrum Baar ist, soll bald umfassend saniert werden. Dazu jedoch später mehr.

Zwar ist das ehemalige Personalhaus des Spitals wohl allen Baarerinnen bekannt, doch nur wenige haben je einen Fuss ins Gebäude gesetzt. Zeit, dies zu ändern. Dass es sich um ein bemerkenswertes Haus handelt, realisieren Besucher bereits im Eingangsbereich. Die Namen auf den rund 170 Briefkästen vor dem Gebäude weisen darauf hin, dass in den Kleinstwohneinheiten auf den 13 Stockwerken Menschen aus aller Herren Länder leben.

Fast 170 Briefkästen stehen vor dem Eingang des Hochhauses H21. (Bild: wia)

Wo Ärzte auf Arbeitslose treffen

Tatsächlich treffen in diesem Haus Ärztinnen auf Küchenhilfen, Studenten auf Anwältinnen, Arbeitslose auf Softwareentwickler. Man lebt miteinander oder aneinander vorbei, je nach Bedürfnis und Zimmerausstattung. Denn nicht jedes Studio verfügt über eine eigene Kochnische, nicht in jedem Zimmer gibt es ein eigenes Bad. So begegnen sich die Bewohner nicht nur im Lift oder auf dem Gang, sondern auch im Gemeinschaftsbad oder in der Etagenküche.

Barbara Renkes, die zentralplus das Haus zeigt, ist eine der wenigen langjährigen Mieterinnen. Sie lebt bereits seit 2006 im H21. Und dies mit Herzblut: «Egal woher man kommt, welcher Religion man angehört oder wie alt man ist: Hier kommen alle zusammen, und man kommt gut miteinander klar.»

Von ihrer Einzimmerwohnung im 11. Stockwerk des Hauses überblickt sie die Welt aus der Vogelperspektive, sieht Schafe weiden, Autos im Stau stehen, Häuserzeilen, die sich aneinanderreihen. Vom Strassenlärm bekommt sie hier oben nur wenig mit. In den unteren Etagen ist das anders.

Barbara Renkes lebt seit 2006 im H21. (Bild: wia)

Die kleinen Zimmer ermöglichen ein besonderes Zusammenleben

«Gerade während Corona war es speziell, hier zu leben. Viele Bewohner waren im Homeoffice, einige verloren in dieser Zeit ihren Job. Man tröstete sich gegenseitig», erzählt Renkes, während sie sich auf den Weg zur Dachterrasse macht. «Wären dies normale Wohnungen, hätte man in dieser Zeit nicht viel voneinander mitbekommen.»

Sogar an diesem traurigen Regentag ist die Aussicht vom Dachgeschoss phänomenal. Renkes weist auf die Pflänzchen hin, welche auf der Terrasse stehen und gerade ordentlich getränkt werden, und erzählt: «Die hat unser 85-jähriger Bewohner hier angepflanzt.»

Bei schönem Wetter trifft man sich hier zum Quatschen, Rauchen oder Grillieren. «Dann treffen Pakistaner, Dänen, Litauerinnen und Deutsche aufeinander. Es tut gut, ein wenig miteinander zu reden. Auch wenn das über Google Übersetzer passiert, weil jemand nur seine eigene Sprache spricht.»

Die knapp 200 Bewohner des 1977 erbauten Hauses haben nur deshalb Platz hier, da die Grundrisse der Räume klein sind. Das kleinste Zimmer, ausgestattet mit Bett, Schreibtisch, Kühlschrank, Lavabo, Kommode und Schrank, misst 15 Quadratmeter und ist ab 790 Franken im Monat zu haben. Der Blick hinein zeigt: Das Zimmer wirkt trotz seiner bescheidenen Grösse geräumig.

Auf den Gängen herrscht Totenstille. (Bild: wia)

Auffallend still und sauber

Geht man durch die Gänge des dicht bewohnten Hauses, fallen zwei Dinge besonders auf. Zum einen, wie still es hier ist. Zum anderen, wie sauber alles ist. Auch in den Küchen herrscht grosse Ordnung.

Renkes sagt dazu: «Selbst die Reinigungskräfte, die hier seit Jahrzehnten angestellt sind, identifizieren sich mit diesem Haus, und das merkt man. Sie sind äusserst freundlich und erledigen ihren Job sehr gewissenhaft. Klar sind die Badezimmer und Küchen nicht brandneu, doch sind sie immer sauber.»

Bald wird sich hier einiges ändern, wie ein Blick in das aktuelle Baugesuch erweist. «Nach der bald 50-jährigen Nutzung des Gebäudes haben die Elemente der Haustechnik, der Gebäudehülle sowie der Ausbaustandard und weitere bautechnische Installationen ihre Lebensdauer erreicht und/oder überschritten», schreibt die Bauherrschaft.

Es entstehen 21 günstige Alterswohnungen

Das Gebäude hat jedoch auch ein anderes Problem. Das H21 steht in einer «Zone des öffentlichen Interesses für Bauten und Anlagen» (OeIB) sowie im Geltungsbereich des Quartiergestaltungsplans «Gesundheitsbezirk» der Gemeinde Baar. Auf Anfrage von zentralplus präzisiert Corina Maron, die Geschäftsleiterin des Pflegezentrums: «Die bisherige private Wohnnutzung war also nicht nutzungskonform und wurde lediglich geduldet, weil die Personalwohnungen für das Pflegezentrum Baar und das Spital Baar in der Vergangenheit nicht im vollen Umfang benötigt wurden.»

Inzwischen sei der Bedarf an gesundheitsbezogenen Nutzungen gestiegen, deshalb soll gemäss Baubehörde der Gemeinde Baar mit der Sanierung eine grösstmögliche Zonenkonformität hergestellt werden.

So sah es in der Diskothek des Personalhauses in den 70ern aus. Man beachte die eingepackten Discokugeln.
So sah es in der Diskothek des Personalhauses in den 70ern aus. Man beachte die eingepackten Discokugeln.

65 Prozent öffentliche, 35 Prozent private Nutzung

Gemäss Nutzungsvereinbarung werden bald 65 Prozent der Gesamtfläche für gesundheitsbezogene Dienstleistungen wie Spitalinfrastruktur, Ateliers für das Pflegezentrum, Wohnungen für das Spital- und Pflegepersonal und Alterswohnungen genutzt. Insgesamt sind 21 preisgünstige, altersgerechte Zweizimmerwohnungen geplant, drei Wohnungen werden an Klientinnen von Behindertenorganisationen vermietet.

Neben der OeIB-Nutzung sollen 35 Prozent der Nutzfläche Mietern auf dem freien Markt zur Verfügung stehen. «Dies entspricht 85 der heutigen 203 Zimmer», so Maron. Im 12. und obersten Obergeschoss sollen aus den bestehenden Technikräumen neue Wohnungen entstehen. Die heutigen Technikräume werden stattdessen auf einer zusätzlich gebauten 13. Etage untergebracht.

Langjährige Mieter sollen zurückkehren können

Stellt sich die Frage: Was passiert mit den heutigen Mieterinnen, wenn das Haus umgebaut wird? Maron sagt dazu: «Im H21 wohnen grossmehrheitlich Mieter, welche durchschnittlich nur einige Monate hier leben. Es gibt ein paar wenige Ausnahmen, welche schon länger hier wohnen und für welche eine Zwischenlösung gesucht wird. Um dies zu ermöglichen, wird das Gebäude in zwei Etappen saniert.»

Die Mietparteien seien anfangs März über die bevorstehende Sanierung und die damit einhergehende Kündigung informiert worden. Da das Sanierungsvorhaben bereits vor zwei Jahren kommuniziert worden sei, seien die Mieterinnen schon auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereitet, ist Maron überzeugt. «Durch den schon immer hohen Mieterwechsel wird bis zum Umbaubeginn ohnehin ein Grossteil der Mieter nicht mehr hier wohnen.»

«Nach dem Umbau können selbstverständlich wieder externe Mieter ins H21 einziehen respektive zurückkehren.»

Corina Maron, Geschäftsleiterin des Pflegezentrums Baar

Und weiter: «Auch hat ein Teil der Kurzzeitmieter bereits einen befristeten Mietvertrag. Sobald die konkreten Termine bekannt sind, wird den Mietern der Auszugstermin mitgeteilt und die Kündigung zugestellt. Nach dem Umbau können selbstverständlich wieder externe Mieter ins H21 einziehen respektive zurückkehren.» Dies jedoch zu erhöhten Mietpreisen.

Preise für künftige Mieter steigen

Dazu sagt die Pflegezentrumsleiterin: «Die umfassende Sanierung der Liegenschaft macht eine Erhöhung der Mietpreise erforderlich, da sich die Wohnqualität erheblich verbessert.» So würden alle Zimmer eine eigene Dusche und ein eigenes WC erhalten. «Einzelne Zimmer und die neuen Alterswohnungen erhalten zudem eine eigene Küche. Die konkreten Mietpreise können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden, da sich einige preisrelevante Faktoren noch in Abklärung befinden.»

Die beiden Bauetappen dauern jeweils rund ein Jahr. Voraussichtlich im Frühling 2026 soll die Sanierung abgeschlossen sein.

Bleiben oder gehen, das ist hier die Frage

Zurück zur langjährigen Mieterin Barbara Renkes. Was wird sie machen, wenn das Haus saniert wird? «Wenn ich noch einen Job hier bekommen sollte, bleibe ich», sagt die 65-Jährige. «Ansonsten ziehe ich vermutlich zurück nach Deutschland. Ob ich mich dort nach 17 Jahren Abwesenheit noch heimisch fühlen werde, weiss ich nicht.»

Sie fügt an: «Baar ist ein toller Ort. Man hat hier alles, kann zu Fuss in die Migros, zum Metzger, in die Bibliothek. Die Bahn fährt ganz in der Nähe. Ich lebe sehr gerne hier.»

Verwendete Quellen
  • Führung durchs Hochhaus H21
  • Gespräch mit Barbara Renkes
  • Schriftlicher und mündlicher Kontakt mit Werner Schaeppi
  • Baugesuch
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Barbara Renkes
    Barbara Renkes, 16.05.2023, 22:35 Uhr

    Ich bin nicht eine der wenigen langjährigen Mieter, es gibt Viele die hier seit vielen Jahren arbeiten und leben. Bitte mal gut recherchieren.

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  • Profilfoto von Barbara Renkes
    Barbara Renkes, 16.05.2023, 22:31 Uhr

    Ein Beispiel für effizientes Miteinander.
    Es sind über 300 Bewohner und es wurde schon zu Beginn 1970 grösser geplant für externe Bewohner, für Angestellte der neu gegründeten Firmen im Kanton, mit denen man Verträge hatte. Seit 53 Jahren nie ausschliesslich für Personal des Spitals oder Pflegezentrums gedacht. Hohe Fluctuation bei den Medizinstudenten. Ansonsten mindestens 3 Jahre und aufsteigend. Internationale Bewohner, wo sollten diese Wohnungen im Kanton finden? Für Schweizer schon schwierig. Zu viele Bauprojekte gleichzeitig, sollte die Stiftung und Stadt berücksichtigen. Ansonsten unmoralisch!
    Zurückkehren, ist unmöglich.

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  • Profilfoto von Rentner Baldi
    Rentner Baldi, 14.05.2023, 19:09 Uhr

    naya so ab 2000 Fr je Ausstattung ,Grösse,Etage

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