Feuerwerk an Wohnraumideen: Regierung zeigt sich kritisch
Die Zuger Regierung hat ein klares Ziel: den Wohnungsbau anfeuern. (Bild: Adobe Stock)
Kurz nachdem die Zuger Regierung ihre Strategie zur Rettung des Wohnungsmarkts verkündet hat, kommen gleich zehn Vorstösse aus dem Kantonsrat auf den Tisch. Viele Ideen schiesst der Kanton ab – einige unterstützt er.
Im vergangenen Jahr reichten Mitglieder des Zuger Kantonsrats diverse Vorstösse zur Bekämpfung der Wohnungsnot ein. Damit fordern Parlamentarier von links bis rechts eine breite Palette an Massnahmen zur Bekämpfung der grassierenden Wohnungsnot im Kanton.
Mehr günstiger Wohnraum, vereinfachte Baubewilligungsverfahren und eine Stärkung der Wohnbaugenossenschaften sind nur einige der Ideen. Hier ein Überblick, was die Regierung davon hält. Und warum es einige Vorhaben bei der bürgerlichen Regierung schwer haben.
Der Regierungsrat hat auf einen Rutsch zehn Antworten zu wohnpolitischen Vorstössen aus dem vergangenen Jahr veröffentlicht. So wurde es vor knapp drei Wochen angekündigt, als der Kanton seine «Wohnpolitische Strategie 2030» verkündete (zentralplus berichtete). Vor allem durch Deregulierung und Bauanreize will der Kanton bis Ende des Jahrzehnts mehr günstige Wohnungen schaffen.
Freiwillig und mit möglichst wenig staatlichen Markteingriffen, so die Idee. Diese Haltung spiegelt sich auch in seinen Vorstossantworten wider.
1. Fonds für günstigen Wohnraum und Vorkaufsrecht der Gemeinden
Die ALG schlug einen kantonalen Fonds zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum vor. Kantonsräte der FDP, Mitte, ALG, GLP und SP forderten ausserdem ein unlimitiertes Vorkaufsrecht der Gemeinden, um Grundstücke und Immobilien für den gemeinnützigen Wohnungsbau zu sichern. In beiden Vorstössen wurde argumentiert, dass der Markt allein das Problem der Wohnungsnot nicht lösen könne.
Die Regierung lehnt beide Vorschläge nun ab. Die Gemeinden seien «finanziell gut aufgestellt», um selbst tätig zu werden. Weiter fürchtet die Regierung bürokratischen Aufwand und hält sowohl den Fonds als auch das Vorkaufsrecht für investitionsfeindlich und preistreibend. «Verkäufe zu Freundschaftspreisen an Verwandte und Bekannte oder innerhalb der Familie würden nicht mehr vorkommen», warnt die Regierung.
2. Neue Regeln zur Vergabe von Sozialwohnungen
Weitere zwei Vorstösse zielen auf Anpassungen im kantonalen Wohnraumförderungsgesetz (WFG). Die FDP forderte neue Regeln, zum Beispiel strengere Belegungsvorschriften, damit Sozialwohnungen an die Bedürftigsten gehen. Patrick Röösli und Heinz Achermann von der Mitte-Fraktion schlugen eine Abstufung der Einkommens- und Vermögensgrenzen vor, damit mehr Leute profitieren.
Die Regierung kann beiden Ideen etwas abgewinnen und will ein abgestuftes System bei den Subventionen prüfen. Eine Umfrage unter Vermietungen mit WFG-Wohnungen hat aber gezeigt, dass kantonale Belegungsvorschriften abgelehnt werden. Trotzdem will der Kanton die Regeln verschärfen. In Sozialwohnungen soll die Regel lauten: maximal ein Zimmer mehr als Bewohner.
3. Einfache Baubewilligungsverfahren und Bebauungspläne
Gleich vier Vorstösse zielten auf neue Regeln bei Baubewilligungsverfahren und Bebauungsplänen. Ein Postulat mehrerer Mitte-Politiker verlangte, bürokratische Hürden bei Bebauungsplänen abzubauen. Investoren würden teils weniger bauen als erlaubt, um das Risiko von Einsprachen gegen einen Bebauungsplan auszuschliessen. Die Regierung pflichtet bei und unterstützt ihre Forderung.
Gemeinsam mit FDP- und SVP-Politikern forderten ebenfalls Mitte-Kantonsräte ausserdem ein «Kompetenzzentrum Bebauungsplanung» zu Bauberatung von Investoren und konnten sich so die Unterstützung der Regierung sichern. Ein solches Zentrum werde «geprüft».
Patrick Röösli (Mitte) verlangte im Alleingang, Baubewilligungen zu entschlacken, was die Regierung im Grundsatz befürwortet. Die Forderung der ALG, künftig Bebauungspläne auf Nachhaltigkeit «auszurichten», hatte dagegen keine Chance. Verfahren sollten «schlank und effizient» bleiben, und Nachhaltigkeitsthemen seien andernorts gesetzlich verankert.
4. Förderung von Wohnbaugenossenschaften
Auch die Förderung von Wohnbaugenossenschaften wurde an die Regierung herangetragen. In einer Motion verlangten SP und ALG, vor allem Familien sowie junge und ältere Personen in den Blick zu nehmen. Die Regierung lehnt ein separates Programm ab, will aber die Vergabe von Darlehen an Genossenschaften vereinfachen. Das sei Teil der wohnpolitischen Strategie.
5. Förderung von Wohneigentum
Einen schwierigen Stand hatte die Eigentumsförderung. Die Mitte-Fraktion wollte, dass mindestens ein Drittel günstiger Neubauwohnungen zu Eigentum wird. Damit fasst die Partei ein heisses Eisen an: Weniger als fünf Prozent der Zuger Haushalte können sich eine Eigentumswohnung leisten, wie ein Modell der Immobilienfirma Wüest Partner zeigt (zentralplus berichtete).
Obwohl der Regierungsrat das Bedürfnis nach Eigentum verstehe, gebe es keine «zielführenden» Möglichkeiten zur Umsetzung. Nach welchen Kriterien sollten diese Eigentumswohnungen vergeben werden? Und wie sollte man allfällige Kriterien prüfen? «Eine ‹gerechte› Zuteilung wäre fast nur per Losentscheid möglich», ahnt die Regierung und lehnt den Vorstoss der Partei daher ab.
Jetzt debattiert der Kantonsrat über Zugs Wohnpolitik
Erneut demonstriert die Regierung mit diesen zehn Antworten ihre Position aus der «Wohnpolitischen Strategie 2030». Eingriffe in den Markt lehnt sie ab, sieht das Potenzial in der Vereinfachung von Verfahren, in der Förderung von Wohnbaugenossenschaften und einer Erneuerung des Systems zur Vergabe von Sozialwohnungen.
Damit hält sich die bürgerliche Regierung an ihren marktliberalen Kurs. Ob dies angesichts der jüngsten Erfolge der Linken, wie der Annahme einer radikalen SP-Wohnungsinitiative in der Stadt Zug, der richtige Kurs ist in einem wohlhabenden Kanton mit der niedrigsten Leerwohnungsziffer des Landes und massivem Zuwanderungsdruck?
Dies werden die anstehenden Debatten zeigen. Ende November wird der Kantonsrat über die Wohnpolitik des Kantons und die zehn Vorstösse einen ganzen Tag debattieren. Es dürfte mit Sicherheit lautstark werden.
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.