Wohnungen, die nur von langjährigen Zuger Einwohnern gemietet werden können? Das wünscht sich unter anderem Rainer Leemann. (Bild: zvg/ Andreas Busslinger)
Zwei Zuger FDP-Politiker wollen Immobilienspekulationen eindämmen. Dies mit sogenannten Zugerwohnungen, die nur von langjährigen Zugerinnen gemietet werden können.
Den Kanton Zug umtreibt – aus wohnungspolitischer Sicht – ein grosses Problem. Die Zahl der Leerwohnungen ist sehr tief, der Immobilienmarkt ist kaum in Bewegung. Und wenn er sich doch bewegt, kommt es oft zu Spekulationen.
Ein Beispiel: Eine Immobilienbesitzerin vermietet eine Zweizimmerwohnung in der Stadt Zug für 3500 Franken an einen Expat. Dieser zieht nach zwei Jahren wieder weg, die Wohnungsbesitzerin nutzt die Gunst der Stunde und erhöht den Mietpreis um die maximal zulässigen zehn Prozent. Denn, so lautet die allgemeine These: «Expats zahlen sowieso jeden Preis, egal wie hoch der ist.» Der nächste Expat zieht ein und nach wenigen Jahren wieder aus. Der Mietpreis wird wiederum um zehn Prozent erhöht. Und so weiter.
Zwei FDPler wollen dem Teufelskreis entgegenwirken
Es ist eine Dynamik, die sich in Zug nicht nur bei Mietobjekten, sondern auch bei Wohneigentum zeigen kann. Sie führt dazu, dass es für den in Zug lebenden Mittelstand immer schwieriger wird, eine zahlbare Wohnung, geschweige denn ein Haus zu finden. Zwei Zuger FDP-Kantonsräte wollen diesem Teufelskreis entgegenwirken.
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Konkret fordern Michael Arnold und Rainer Leemann den Zuger Regierungsrat in einem Postulat auf, die Schaffung sogenannter Zugerwohnungen zu prüfen. Auf diese sollen Zugerinnen, die nachweislich seit mehr als zehn Jahren im Kanton Zug ihren Wohnsitz haben, exklusiven Miet- oder Kaufanspruch haben.
Rainer Leemann sagt auf Anfrage: «Bei Durchstöbern von Wohnungen in Davos ist die Idee entstanden. Angebote, die als Erstwohnungen vermietet werden, sind oft deutlich günstiger als jene für Zweitwohnungen, bei denen alle mitbieten dürfen.» Angelehnt an dieses Zweitwohnungsgesetz wollen die Postulanten eine Möglichkeit prüfen lassen, in Zug Wohnungen zu schaffen, die nur für Einheimische zugänglich sind.
Besitzer von «Zugerwohnungen» sollen Goodies erhalten
Dies kann gemäss den beiden Politikern beispielsweise durch Neueinzonungen, Aufzonungen oder aufgrund eines Sondernutzungsplans geschehen. Eine Nutzungsbeschränkung im Grundbuch soll dafür sorgen, dass die «Zugerwohnungen» dem Zweck entsprechend ausschliesslich an Zuger mit der entsprechenden Wohnsitzdauer weitervermietet oder -verkauft werden dürfen. Damit wollen die FDP-Kantonsräte «die Integration und die Identifikation mit einer Gemeinde und dem Kanton Zug» unterstützen.
Wie muss man sich das vorstellen? Wären damit auch ganze Blöcke denkbar, die de facto zur Expat-freien Zone würden? Bei Neueinzonungen könne das durchaus sein, so Leemann. Bei Umzonungen gehe es vielmehr um einzelne Wohnungen, die sich auf dem Gemeinde- respektive Kantonsgebiet verteilen.
«Wir könnten uns vorstellen, dass Liegenschaftsbesitzer, die dank einer Aufzonung eine ‹Zugerwohnung› schaffen, keine respektive eine reduzierte Mehrwertabgabe zahlen müssen», so der Postulant. Oder aber, dass Immobilienbesitzerinnen, die explizit für Einheimische bauen, von einer höheren Ausnützung profitieren können. Ebenfalls schwebt ihnen die Möglichkeit vor, dass der Kanton die Schaffung von «Zugerwohnungen» finanziell fördere.
Ausgerechnet FDP fordert Eingriff in den freien Markt?
Um dem Wohnungsproblem im Kanton Zug Herr zu werden, nehmen die Postulanten in Kauf, dass in den freien Markt eingegriffen wird. Dies, indem die neue Regel vorgäbe, wem eine Wohnung vermietet werden dürfe. «Diese Frage haben wir uns als liberale Politiker natürlich auch gestellt. Doch gilt zu bedenken, dass Bestandswohnungen nicht davon betroffen wären. Abgesehen davon sehen wir die ‹Zugerwohnungen› als mögliches Instrument für die Gemeinden. Was diese damit machen, können sie selber entscheiden.»
Die Idee von «Zug First» ist nicht ganz neu (zentralplus berichtete). Bereits im Sommer machte sich die städtische Mitte-Fraktion für das Thema stark. Derzeit weibelt zudem die Junge Mitte Kanton Zug dafür, dass die Gemeinden ein Vormietrecht für die einheimische Bevölkerung schaffen. Die Jungpartei betont in einer Mitteilung: «Ein solches Vormietrecht ist ein klares Zeichen dafür, dass die Interessen der einheimischen Bevölkerung in der Wohnpolitik Priorität haben.»
Von der Idee eines Vormietrechts hält FDP-Kantonsrat Rainer Leemann hingegen wenig: «Ich finde, dass die Gemeinden äusserst zurückhaltend sein sollen beim Besitz von Wohnungen.» Bei Wohnungen, die bereits den Gemeinden gehören würden, sehe er dies als Möglichkeit. «Doch private Immobilienbesitzer müssen selber wissen, an wen sie ihre Wohnungen vermieten wollen, ausser es ist dann eine ‹Zugerwohnung›.»
Ist das rechtens? Das sagt ein Experte
Ist das überhaupt zulässig, dass einem Teil der Bevölkerung die Miete oder der Kauf von Immobilien vorenthalten wird? Roland Norer, Baurechtsprofessor an der Universität Luzern, äussert sich auf Anfrage wie folgt: «Aus meiner Sicht wäre eine solche Vorgehensweise grundsätzlich möglich, soweit sie im öffentlichen Interesse liegt.» Eine rechtliche Umsetzung wäre auf verschiedene Arten denkbar: Naheliegend wäre aber ein verwaltungsrechtlicher Vertrag, wie er bereits bei Neueinzonungen vorgesehen sei.
Der Weg über die Raumplanung, im Sinne einer Sondernutzungsplanung, ist gemäss Norer also denkbar. «In jedem Fall aber müsste wegen eines potenziellen Eingriffs in die Wirtschaftsfreiheit der Verkäufer respektive Vermieter eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.» Das gelte natürlich auch, sobald man bei der Mehrwertabgabe, der Subventionierung oder der Erhöhung der Ausnützungsziffer von den bestehenden Regeln abweichen wolle.
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.