«Darüber kann man streiten»

Fake News zum neuen Luzerner Theater in allen Briefkästen?

Diverse Personen kämpfen gegen das geplante neue Luzerner Theater, darunter auch der ehemalige Denkmalpfleger André Meyer. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images)

Auf einem Flyer, der in allen Haushalten landet, steht, dass das neue Luzerner Theater 200 Millionen Franken kosten wird. Die offiziellen Baukosten liegen jedoch deutlich tiefer.

Eine Gruppe «besorgter Persönlichkeiten, bestehend aus Fachleuten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern» nennt sich die frisch formierte Gegnerschaft des neuen Luzerner Theaters. Für den geplanten Erweiterungsbau auf dem Theaterplatz kommt am 9. Februar ein Planungskredit in Höhe von rund 14 Millionen Franken zur Abstimmung.

Die Gegner sind überzeugt, dass der überarbeitete Entwurf der Ilg Santer Architekten aus Zürich «zu wuchtig, hoch, teuer, eingreifend, aufgebläht, planlos und verworren» sei. So steht es auf einem Informationsflyer, der in den nächsten Tagen in allen Haushalten der Stadt Luzern verteilt wird.

Auskunftsperson André Meyer, ehemaliger Denkmalpfleger des Kantons Luzern, sagt am Telefon, den Druck und Versand der rund 50'000 Flyer zahle die Gruppe privat. Wer genau in der Gegnerschaft mitwirkt, will er aber nicht sagen.

Klar hingegen ist, wer für das Theaterprojekt weibelt. Rund 190 «Botschafter», von Ständeräten bis hin zu Wirtschaftsgrössen, befürworten die Erweiterung des heutigen baufälligen Theaters bis 2030. Das Stadtparlament hat den Planungskredit – und eine Teilsanierung des Theaters – einstimmig angenommen (zentralplus berichtete).

So sieht der überarbeitete Entwurf für die Theatererweiterung aus. (Bild: Visualisierung: Filippo Bolognese Images)

Gegen das Projekt waren bisher nur Einzelpersonen. Das ändert sich nun. Erst machte die Juso bekannt, gegen die Vorlage zu sein (zentralplus berichtete). Nun meldet sich besagtes Gegenkomitee mit der Flyeraktion zu Wort. Hinweise, wer dahintersteckt, gibt der Zettel selbst.

Neben Meyer werden vier weitere Personen aus der Region zitiert: Stanislaus von Moos, ein Luzerner Architekturkritiker; Patrick Schnieper, ein lokaler Architekt aus Kriens; Louis Balthasar, Verwaltungsratsmitglied einer Firma für Kerzen und Körperpflegeprodukte aus Hochdorf; und Ueli Habegger, ehemaliger städtischer Denkmalpfleger. Letzterer stellte bereits früher den Wert des Theaters – das erhalten bleiben soll – infrage (zentralplus berichtete).

Gegnerschaft gibt geschätzte Baukosten für neues Luzerner Theater an

Meyer und seine Mitstreiter wollen einen Neustart und ein neues Projekt. Diesen aber hält Projektleiterin Rosie Bitterli für unrealistisch. Kürzlich sagte sie, bei einem Nein im Februar werde es «Jahrzehnte dauern», bis eine neue Lösung vorliegt. Meyer hält das für eine Drohung: «Das entscheiden Stadt und Kanton. Man könnte gleich beginnen.»

Weiter bezweifelt die Gruppe die angegebenen Baukosten von 130 Millionen Franken. «Der Projektierungskredit von 13,8 Millionen Franken spricht dafür, dass die Bausumme viel höher liegt», sagt Meyer. Sie hätten das auf Basis von SIA-Tarifen für Architekten errechnet – und wären auf eine Bausumme von 200 Millionen Franken gekommen.

Dieser Flyer landet bald in allen Briefkästen. (Bild: zvg)

So steht es auch auf der Frontseite des Flyers: Dass es sich dabei um die Schätzung der Gruppe handelt und dass es nicht die offizielle Schätzung der Projektverantwortlichen, ist nicht ersichtlich. Erst auf der Rückseite stehen die offiziellen Projektkosten. Und dass 200 Millionen Franken oder sogar höhere Kosten realistisch seien, wegen Teuerung, Baugrund, Sonderwünschen und Auflagen.

Unklar bleibt zudem, wie die Gruppe das genau errechnet hat. Sind das also Fake News? «Darüber kann man streiten», sagt Meyer darauf angesprochen.

Denkmalschutzgutachten deckt Neubau – Meyer sieht das anders

Dem ehemaligen Denkmalpfleger bereitet es auch Kopfzerbrechen, dass für den Bau eine Umzonung stattfinden muss. Ausserdem kann ihn das neue denkmalpflegerisches Gutachten nicht überzeugen. Dieses zeigt, dass der Neubau die Jesuitenkirche und den Lichteinfall in ihre Seitenfenster quasi nicht beeinträchtigen soll (zentralplus berichtete).

Meyer meint: «Denkmalpflege ist Ermessenssache, gegenteilige Meinungen sind möglich.»

Bald entscheidet das Stimmvolk von Luzern.

Hinweis: In einer ersten Version des Textes stand, Louis Balthasar sei CEO der Balthasar-Gruppe. Tatsächlich ist er zurzeit Mitglied des Verwaltungsrats. CEO ist aktuell Alain Balthasar. Wir entschuldigen uns für den Fehler.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der Gegnerschaft
  • Telefonat mit André Meyer
  • zentralplus-Medienarchiv zum neuen Luzerner Theater
  • Website zum neuen Luzerner Theater
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