Dieses «Schulschloss» ist anders als alle anderen
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Das Schulhaus Matten ist in vielerlei Hinsicht besonders: Zum Einen, weil es sehr klein ist. Zum Anderen, weil hier insbesondere Bauernkinder in die Schule gehen. Nun wird der Bau saniert. Dies nicht zuletzt, weil es bis heute keinen Lift gibt.
In der Hünenberger Reussebene steht ein herziges Schulhaus. Nur gerade 42 Kinder gehen hier zurzeit zur Schule, jeder kennt hier jeden. Zwei Mischklassen werden unterrichtet, die Vier- bis Achtjährigen in der einen, die Neun- bis Zwölfjährigen in der anderen.
Die Tagesschule Matten ist in mehrerlei Hinsicht besonders. Das Quartier Matten ist kein Quartier im herkömmlichen Sinn, sondern vielmehr der Sammelbegriff für einige Bauernhöfe, die sich unweit der Reuss erstrecken. So sind es fast nur Bauernkinder, die hier zur Schule gehen. Elterntaxis gibt es kaum.
Eltern, Lehrpersonen und Kinder wirken mit
«Das Schulhaus Matten hat eine besondere Aura. Sicherlich durch seine Kleinheit, aber auch deshalb, weil viele der Lehrpersonen schon sehr lange hier arbeiten und das Schulhaus mit seinen historischen Werten gut kennen», erzählt die Schulleiterin Renate Durrer. Sie sagt weiter: «Viele der Eltern sind bereits hier zur Schule gegangen und haben eine besondere Beziehung dazu. Entsprechend haben sie in vielen Belangen ein verstärktes Mitsprachebedürfnis, und wir geben ihnen diese Plattform gern. Auf die Eltern unserer Schulkinder können wir zählen.»
Da es in der Umgebung kein richtiges Dorfzentrum gibt, dient der Pausenplatz für viele als sozialer Treffpunkt – ein Ort, an dem sich Kinder und Familien auch ausserhalb der Schulzeiten zum Spielen und Austauschen versammeln. «Aus diesem Grund haben wir auch einen Defibrillator am Schulhaus installiert», erzählt Durrer.
Weil die Zahl der Schulkinder überschaubar ist, arbeiten diese oft miteinander an Projekten. «Es gibt den Mattenkreis, das Schülerparlament, bei dem von den Kleinsten bis zu den Ältesten alle vertreten sind. Dort werden Lösungen für Herausforderungen gesucht, aber auch Anlässe vorbereitet. Diese Partizipation ist uns sehr wichtig», sagt Durrer.
Tatsächlich begegnet man im Schulhaus immer wieder dem gleichen, flauschigen grünen Monster namens «Wir». Es wurde als Motto gewählt, das seit langer Zeit den Zusammenhalt an der Schule fördern soll.
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Vor 20 Jahren drohte dem Schulhaus Matten die Schliessung
Nicht immer waren der Schule Matten rosige Zeiten beschert. Vor rund 20 Jahre stand es zur Debatte, dass das Kleinschulhaus aufgrund des damaligen Rückgangs der Zahl an Schulkindern geschlossen wird. «Stattdessen entschied die Gemeinde, eine Tagesschule zu gründen», sagt Reto Kurmann, der Rektor der Schulen Hünenberg.
Im Moment sei es jedoch nur noch knapp eine Handvoll Kinder, welche dieses Angebot in Anspruch nehmen. «Denn auf den umliegenden Bauernhöfen gibt es mittlerweile viele junge Familien, deren Kinder das Schulhaus Matten besuchen. Es ist sehr schön zu sehen, wie das Quartier boomt», so Kurmann weiter. Ausserdem werden im Schulhaus Matten seit ein paar Jahren auch Kindergartenkinder unterrichtet, was die Schülerinnenzahl zusätzlich erhöht. Entsprechend mache man derzeit auch keine Werbung für die Tagesschule.
Obwohl das Schulhaus, verglichen mit den meisten anderen Zuger Schulen, winzig ist, ist es architektonisch bemerkenswert. Das Gebäude wurde 1932/1933 vom Zuger Architekten Emil Weber als Ersatz für das zu klein gewordene Schulhaus realisiert. Es ist nicht das einzige Schulhaus, das Weber in Zug realisierte. Auch die Schulhäuser Oberwil und Dorfmatt in Baar wurden von ihm geplant.
Das heute geschützte Schulhaus Matten wurde «im Stil einer zurückhaltenden, konservativen Moderne gestaltet und ist ein qualitätsvoller Vertreter eines ländlichen Kleinschulhauses der Zwischenkriegszeit» gebaut, schreibt das Amt für Denkmalpflege des Kantons Zug im Inventarblatt.
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Zwischen Tradition und Moderne
«Im Gebäude zeigen sich exemplarisch die für die Architektur der 1930er-Jahre prägenden Spannungen zwischen Tradition und Moderne», heisst es weiter. «Der damals als fortschrittlich geltende Bau war lange Zeit auch ein Musterbeispiel für andere Schulbauten im Kanton. Bis heute konnte das Schulhaus viel von seinem ursprünglichen Charakter bewahren.» Das dürfte auch weiterhin so bleiben, obwohl dem Schulhaus oder «Schulschloss», wie es von manchen liebevoll genannt wird, umfangreiche Renovationsarbeiten bevorstehen.
Diese sind auch nötig. Der Augenschein zeigt: Die Klassenzimmer sind zwar gemütlich eingerichtet, doch auch sichtlich in die Jahre gekommen. Einen Lift gibt es im bestehenden Gebäude nicht. Auch existiert keine Fluchttreppe. Das wird sich jedoch bald ändern. Die Hünenberger Gemeindeversammlung sprach sich im Juni 2024 für einen Baukredit über fast 5 Millionen Franken aus, damit die Schule umfangreich saniert werden kann.
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Ein Lift, eine Fluchttreppe und ein neues Dach
Künftig soll auch die Raumaufteilung neu gestaltet werden. So etwa wird das Wohnzimmer der ehemaligen Wohnung im 1. Dachstock durch Wanddurchbrüche vergrössert und zum Therapie- und Musikzimmer umfunktioniert. Ausserdem wird die ehemalige Wohnung künftig als Mittagstisch und für die nebenschulische Betreuung genutzt. Auch das Dach wird saniert, ausserdem sollen Anforderungen an die Erdbebensicherheit im Zuge der Sanierung erfüllt werden.
Auch die Umgebung wird im Zuge dessen angepasst. Neu erhalten die Kinder einen gedeckten Pausenplatz, zudem soll der Fussgängerstreifen, der heute direkt beim Schulhaus über eine 60er-Strasse führt, verschoben werden. Diese Massnahme soll gemäss der Gemeinde Hünenberg die Sichtverhältnisse und die Verkehrssicherheit verbessern.
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Apropos Fussgängerstreifen: Vor über zwei Jahren wurde ein nahe gelegener Fussgängerstreifen aufgehoben, den viele Kinder zum Queren der Sinserstrasse auf ihrem Schulweg nutzten. Das sorgte bei Eltern für grosse Empörung und Sorge. Nach wie vor ist das Problem ungelöst (zentralplus berichtete).
Provisorium in der Chamau
Die Sanierung der Schule soll während des Schuljahrs 2025/2026 vonstattengehen. Während dieser Zeit wird der Schulbetrieb ausquartiert. Konkret wird in dieser Zeit ein Provisorium in der Chamau in Betrieb genommen, welche rund einen halben Kilometer vom bestehenden Schulhaus entfernt liegt. Auf dem Gelände befinden sich auch Räumlichkeiten des landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrums (LBBZ). «Teils können wir auch diese mitnutzen», sagt Reto Kurmann.
Mit einer landwirtschaftlichen Schule assoziiert man unweigerlich schwere Maschinen und Traktoren. Wie steht es diesbezüglich um den Sicherheitsaspekt? «Tatsächlich wäre das ein Problem gewesen, wenn wir die vorderen Räumlichkeiten des LBBZ nützen würden. Doch jene Ecke des Geländes, auf der die Primarschule einquartiert wird, gibt es praktisch keinen landwirtschaftlichen Verkehr.» Sicherheitstechnisch habe er deshalb keine Angst, so der Rektor.
Auch der Schulweg zur Chamau gestalte sich für die Kinder unproblematisch. Rund um das Gelände gebe es Landwirtschaftswege, sodass sich die Schülerinnen zu Fuss oder mit dem Velo nicht auf der Hauptstrasse bewegen müssen. Auch die Eltern der Schulkinder seien überzeugt vom vorübergehenden Schulstandort. «Die Idee kam sogar von ihnen», sagt Kurmann.
Dennoch freut sich der Rektor darauf, die Tagesschule Matten im übernächsten Schuljahr als «frischrestauriertes Bijou» wieder nützen zu können. «Es gibt übrigens Lehrpersonen, die finden, dass man den frisch gewählten Bundesrat Martin Pfister dann zur Einweihung einladen müsse. Schliesslich war es der damalige Zuger Bundesrat Philipp Etter, der an der Eröffnung des Baus in den 30er-Jahren eine Ansprache hielt.»
- Augenschein vor Ort
- Telefonat mit Renate Durrer
- Telefonat mit Reto Kurmann
- Informationen der Gemeinde Hünenberg zur Sanierung
- Inventarblatt des Amts für Denkmalpflege Zug
- Medienarchiv von zentralplus