Megaprojekt einfach erklärt

Tech Cluster Zug: Das wird im Norden der Stadt gebaut

Hier spielt Zuger Zukunftsmusik: das Werksgelände der V-Zug. (Bild: zvg)

Das Tech Cluster Zug ziert sich nicht nur mit imposanten Visualisierungen, sondern auch vielen Worthülsen. Hinter zahlreichen Anglizismen versteckt sich ein Projekt, das gar nicht so kompliziert ist.

Seit acht Jahren sind die Bauarbeiten für das Tech Cluster im Norden der Stadt Zug in Gang. Die Verantwortlichen wollen dabei nichts weniger als einen neuen Stadtteil aus dem Boden stampfen. Das Generationenprojekt soll 2046 fertig sein, tausende Arbeitsplätze in der Stadt halten und preiswerten Wohnraum schaffen. Das Unterfangen fasziniert – und verwirrt.

«Zephyr Ost», «Mistral», «Pi» oder das aktuell aufliegende Hochhaus «Zephyr West»: Die Namen der Bauvorhaben könnten auch extravagante Eiscremesorten bezeichnen. Interessierte lesen von einem «Innovationsquartier», dessen «Potenzial in Synergien» liege – und wissen nachher so viel wie vorher.

zentralplus hat sich die kryptischen Projektbeschreibungen zu Herzen genommen. Ziel und Zweck: Die Schleier der neudeutschen Marketing-Sprache lüften. Beschreiben, was da in Zug entsteht. So einfach wie möglich. Denn letzten Endes ist das Ziel, Reiche und Kluge, oder im Optimalfall reiche Kluge, anzulocken.

Ein Stadtteil für die Zukunft

«Auf acht neuen Baufeldern soll ein vernetztes, qualitativ hochstehendes und städtisches Ökosystem für Innovation, Produktion und Ausbildung entstehen», heisst es auf der Website der Tech Cluster Zug AG. Oder anders gesagt: Zug wird um einen Stadtteil reicher. Mit Wohnungen, Gewerbe und Industrie.

Das Besondere am Tech Cluster: Während andere Städte auf alten Industriearealen meist einfach Wohnungen bauen, bleibt in Zug die Industrie an ihrem Platz. Die Verantwortlichen streben an, etwa 3000 bis 5000 Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe anzusiedeln. Plus Wohnungen für ungefähr 500 Personen zu bauen.

Platz machen, Platz nutzen

Das historische Produktionsareal der V-Zug liegt mitten in der Stadt. Es ist 80’000 Quadratmeter gross. Vor ungefähr zehn Jahren hat sich das Unternehmen entschlossen, seine Produktion nicht ins günstige Ausland zu verlegen, sondern am Heimatort zu halten.

Auf dem historischen Areal der V-Zug gibt es acht neu zu bebauende Flächen. (Bild: Tech Cluster Zug)

280’000 Backofen, Steamer und Dunstabzüge verlassen jährlich das Areal. So geben es Metall Zug und V-Zug an. Damit diese Produktionsmenge auch im teuren Zug lukrativ bleibt, muss die Firma ihren Produktionsstandort modernisieren. Im Zuge dessen baut sie neue Fabrikgebäude und braucht nicht mehr den ganzen Platz auf ihrem Areal.

Erste Bauphase bald abgeschlossen

Momentan liegt in einer Kommode im Stadthaus Zug ein Baugesuch. Es betrifft «Zephyr West – Clean Up und Tiefbau». Die V-Zug will mehrere alte Werkshallen abreissen und plant prestigeträchtigen Ersatz.

In die Baugrube soll dereinst das Hochhaus «Zephyr West» kommen, der neue, elfstöckige Hauptsitz der V-Zug. Ist das Loch gegraben, planen die Verantwortlichen im Februar 2025 die Baueingabe für das Hochhaus. 2027 soll «Zephyr West» bezugsbereit sein.

Geht alles nach Plan, ist die räumliche Konzentration der V-Zug auf ihrem historischen Gelände damit abgeschlossen. Nebst dem «Zephyr West» gibt es das Hochhaus «Zephyr Ost», die Werkhalle «Mistral» sowie weitere Gebäude, welche die V-Zug bereits zum Eigenbedarf erstellt und bezogen hat.

Ist das «Zephyr West» in die Silhouette der Stadt integriert, endet die erste Bauphase des Gesamtvorhabens. In der zweiten, die fliessend bereits begonnen hat, sollen die gewonnenen Baufelder ihr Potenzial entfalten.

Baufelder mit und ohne Plan

Was entsteht dann Neues? Beispielsweise das Hochhaus «Pi». Mit seinen 80 Metern soll es dereinst eines der höchsten Holzhochhäuser der Schweiz werden. Und dazu auch preisgünstige Wohnungen beinhalten. Oder wie es die Verantwortlichen auch ausdrücken:

«Die Tech Cluster Zug AG möchte mit diesem Projekt ihr Bekenntnis zu Innovation und Verantwortung in technologischen Themen zeigen und ökologische und soziale Dimensionen der Nachhaltigkeit umsetzen.»

Das ist nicht alles: Die SHL-Medical, ein Unternehmen, das Arzneimittelabgabesysteme herstellt, baut sich einen Produktionsstandort im zukünftigen Vorzeigequartier. Eine Depotbank plant gleichfalls, in den Norden von Zug zu ziehen. Ein «Multi Energy Hub» und ein «Mobility Hub» wurden bereits gebaut. In die geplanten «Creatowers» sollen irgendwann Büroangestellte pilgern. Einige Baufelder haben bis dato schlicht kein Bauprojekt. Es ist ungewiss, was dort einmal entsteht.

Wenig Autos, viel Elektro

Damit alle Nutzer des Tech Clusters dereinst effizient arbeiten wie auch angenehm wohnen können, wird das Areal mit einer neuartigen Infrastruktur ausgestattet. Ein eigenes Wärme- und Kältenetz gibts sowie ein Glasfasernetzwerk mit Cloud-Speicher. Autoarm soll das Gelände sein, mit wenigen Parkplätzen und vielen elektrischen Fahrzeugen wie E-Velos, die es im «Mobility Hub» auszuleihen gibt.

Eine Spinne würde in Ehrfurcht erstarren: Das Tech Cluster Zug ist plangemäss auf fünf verschiedenen Ebenen vernetzt. (Bild: Tech Cluster Zug)

Kongressräumlichkeiten sollen zur Verfügung stehen und Verpflegungsangebote die innovativen Geister für die nächste Synergie nähren. So liesse sich das wohl überspitzt sagen. Zahlreiche Grünanlagen sorgen für eine positive Biodiversitätsbilanz. Und selbstverständlich gibt es «ein umfassendes Facility-Management» – Hausmeister, die nach dem Rechten sehen.

Kunst und Kultur gehört dazu

Am Ende entsteht ein Stadtteil, der den Menschen in ihm allerlei Zückerchen bietet. Ein zur Verfügung stehender Catering-Service «auf hohem Niveau» wie auch frei benutzbare Labore sind weitere Beispiele. Die kurze Strecke zum Flughafen Zürich ist ein anderes Argument, das die Verantwortlichen gerne ins Feld führen.

Nebst Wohnen und Arbeiten gibts Kultur- und Freizeitangebote. Eines hat kürzlich eröffnet. Das sogenannte Kunstcluster schloss am 8. Juli seine Türen auf. In ihm gibt es Ateliers, Ausstellungen und ein Kunst-Schau-Lager des Kunsthauses Zug. Zumindest für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Es ist eine Zwischennutzung (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
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