Nach Debatte um Spitalturm

Das sind die grössten Abrisse in Luzern – und deren Folgen

Hier wird die besonderste Badeanstalt von Luzern abgerissen. (Bild: Guido Gallati /Positivmedia, 1971)

Das Kantonsspital und die Mehrheit im Stadtparlament sind überzeugt: Das Spitalzentrum soll weg. Ob die Bevölkerung einen Abriss des Turms bereuen würde? Neu wäre das nicht.

Das Luzerner Kantonsspital (Luks) plant auf seinem Areal diverse Neubauten – zudem auch den Abriss des heutigen Spitalzentrums, bekannt als «Schoggiturm». Am Donnerstag debattierte das Stadtparlament über den Bebauungsplan – eine bürgerliche Mehrheit stellte sich im Prinzip hinter die Umbau- und Abrisspläne des Luks (zentralplus berichtete).

SP und Grüne wollten Weiter- und Zwischennutzungen im Turm prüfen lassen, doch scheiterten. Nun will die SP den Entscheid vors Volk bringen. Zuvor darf sich das Spital aber dazu äussern. Die Partei wird das Referendum somit wohl erst in ein bis zwei Monaten ergreifen.

Bis es so weit ist, blickt zentralplus zurück. Denn Abrisse ähnlicher, wenn nicht grösserer Tragweite gab es schon in der Stadt Luzern. Und einige werden heute bereut. Hier eine Auswahl.

Luzerns «Mississippi-Dampfer» ist plötzlich unnütz

Mitten auf der Reuss unterhalb der Spreuerbrücke und gegenüber dem heutigen Naturmuseum stand einst ein Waschhaus, da viele Stadtbewohner früher keine Waschmöglichkeit zu Hause hatten.

Fast ein Jahrhundert lang wusch sich hier Luzern. (Bild: Guido Gallati/Positivmedia, um 1970)

Der sogenannte Mississippi-Dampfer aus dem Jahr 1868 diente der Stadtbevölkerung zur Reinigung mit diversen Badewannen und Orten für persönliche Hygiene. Im Jahr 1971 erfolgte der Abriss, weil die meisten Luzerner zu diesem Zeitpunkt ein eigenes Badezimmer hatten.

Eine Kaserne von 1863 wird wegradiert

Direkt neben dem alten Waschhaus, wo heute das Naturmuseum liegt, stand seit 1863 die Kaserne für über 1000 Soldaten und als Namensgeberin des Kasernenplatzes. 1971 wurde der gewaltige Bau weggesprengt.

Die gewaltige Infanteriekaserne, bevor sie dem Erdboden gleichgemacht wurde. (Bild: Stadtarchiv)

Der Abbruch der Kaserne erfolgte zur städtebaulichen Erneuerung, hinterlassen hat er nur eine «städtebauliche Wunde», wie Stadtplaner regelmässig kritisieren. Mit dem Anschluss an die Autobahn gehört der Kasernenplatz zu den unschönsten der Stadt.

Abriss in Luzern: Traumhotels der Belle Epoque sind zu hässlich

Schweizerhof, National, Montana: Viele Luxushotels des ausgehenden 19. Jahrhunderts – Belle Epoque – haben die Zeit überdauert. Einige aber nicht – und das an zentralster Lage.

Das Hotel Sankt Gotthard-Terminus bestand seit 1869, wo heute der Hauptsitz der UBS am Bahnhofplatz liegt. Vor allem Reisende nächtigten dort. Doch 1964 fiel das Gebäude einer architektonischen «Säuberung» zum Opfer. Der Luzerner Architekt Armin Meili, Erbauer des KKL-Vorgänger-Kongresshauses auf dem Europaplatz, hatte dies angestossen.

Das Hotel Gotthard bildete eine Ecke des Bahnhofplatzes. (Bild: Stadtarchiv Luzern)

Bereits einige Jahre zuvor, nämlich 1948, wurde das Hotel Du Lac an der Bahnhofstrasse wegradiert, wo heute die Swisscom sitzt. Seit 1866 prägte das prunkvolle Gebäude mit dem Pilatus und der Kapellbrücke das Bild der Stadt Luzern in aller Welt, auf Postkarten und in Fotoalben.

Das Hotel Du Lac vor dem Pilatus musste weg – denn man hielt es für eine Bausünde. (Bild: Stadtarchiv Luzern)

Auch für diesen Abriss kann Armin Meili, der 1943/44 vom Bund mit einer Studie über die bauliche Sanierung von Hotels beauftragt worden war, mitverantwortlich gemacht werden. So wie für den Abriss vieler weiterer Bauten der Belle Epoque, weil sie als «unschön» empfunden wurden.

Freienhof: Ein Stück Stadtgeschichte ist plötzlich weg

Lange war es still um den ehemaligen Freienhof auf dem heutigen Theaterplatz – doch seit die Stadt und das Theater einen Erweiterungsbau planen, erinnert man sich wieder an das ehemalige Schmuckstück (zentralplus berichtete).

Der Freienhof, wie er sich kurz vor seinem Abriss zeigte. (Bild: Stadtarchiv Luzern)

Der Freienhof wurde im 13. Jahrhundert gebaut. Also noch vor der Kapellbrücke (1333). Das Gebäude wurde über die Jahrhunderte zum Teil der städtischen Befestigungsanlage und nach dem Bau des Theaters 1837 sogar zum Teil Werkstatt für dessen Produktionen.

1943 kaufte der Kanton Luzern den Freienhof, mit der Idee, den Bau für eine Zentralbibliothek abzureissen. 10’000 Personen unterschrieben eine Petition zum Erhalt, sechs Jahre nach dem Kauf wurde der Freienhof dennoch dem Erdboden gleichgemacht. Nur: Die Bibliothek entstand im Vögeligärtli – und der Platz ist bis heute leer.

Spitalzentrum: Es könnte zum Referendum kommen

Dies sind einige der grossen Abrisse der Luzerner Stadtgeschichte. Aus heutiger Sicht sind viele nicht mehr nachvollziehbar. Doch dazumal ging der Geist der Erneuerung um, und die Ästhetik der Gebäude stand zur Debatte.

Klar: Das Spitalzentrum, ein braun-rotes Bettenhochhaus aus den 1980er-Jahren, ist kein Luxushotel mit Jugendstilkuppel und auch kein Juwel aus dem Mittelalter. Doch sollte man es deswegen abreissen? Wenn die SP mit Erfolg das Referendum ergreift, dürfte diese Frage noch einmal in der Breite Thema werden.

Alles zu den Neubauten auf dem Spitalgelände, dem Abriss des Hochhauses, dem Widerstand und der Warnung des Kantonsspitals vor einem Marschhalt findest du hier.

Verwendete Quellen
  • zentralplus-Medienarchiv zu Abriss Luzern
  • Website der Stadt Luzern zum Freienhof
0 Kommentare
Aktuelle Artikel
Apple Store IconGoogle Play Store Icon